Transkript
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Lungenkarzinom
Operierte Patienten profitieren von Kraft- und Ausdauertraining
Nach einem chirurgischen Eingriff nimmt die maximale Sauerstoffaufnahme von Lungenkrebspatienten rapide ab. Norwegische Forscher zeigten nun erstmals in einem randomisiertkontrollierten Trial, dass ein relativ striktes postoperatives Fitnessprogramm die Sauerstoffaufnahme wieder ansteigen lässt – mit potenziell weitreichenden klinischen Folgen.
K örperliches Training während und nach einer Krebsbehandlung ist nachweislich sicher und verbessert sowohl kardiorespiratorische Fitness als auch Muskelkraft, erklärt Dr. Elisabeth Edvardsen von der Norwegian School of Sports Sciences (1). «Derzeit mangelt es uns allerdings noch an Wissen über die genauen Auswirkungen von körperlichem Training bei Lungenkrebspatienten.» Grundsätzlich sind viele der Patienten mit Bronchuskarzinom «sehr dekonditioniert» mit einer signifikanten Verminderung der maximalen Sauerstoffaufnahme VO2max (2). Ursächlich hierfür sind kardiopulmonale Komorbiditäten, ein gezwungenermassen inaktiver Lebensstil mit nachfolgendem Verlust von Muskelmasse und auch das meist höhere Alter dieser Patientengruppe. Nach einem chirurgischen Eingriff nimmt der VO2max bei dieser Patientengruppe noch weiter ab (3): Nicht nur aufgrund des Verlusts der gasaustauschenden Gewebefläche, sondern auch wegen postoperativer Schmerzen, die zu einer Abnahme des Aktivitätslevels führen. «Die VO2maxSchwelle für eine normale Belastung des täglichen Lebens liegt bei 12–15ml/kg/min», so die Forscherin. Patienten mit niedrigem VO2max haben ein vermindertes Leistungsniveau, ein erhöhtes Risiko für Lebensstilerkrankungen, ein drei- bis vierfach höheres Risiko der Gesamtmortalität und ein höheres Risiko für Morbidität und Mortalität nach Tumorchirurgie (4–6). «Gute Nachrichten gibt es allerdings auch: Beispielsweise sind schon geringe Verbesserungen der Fitness mit einem signifikant niedrigeren Mortalitätsrisiko assoziiert.» (7). Genauer gesagt: eine Erhöhung des VO2max um 3,5ml/kg/min verbessert das Überleben um 12 Prozent (8).
SCLC: Signifikant längeres Überleben durch Zweitlinien-Chemotherapie
Untersucht wurden 764 Patienten mit rezidivierendem kleinzelligem Bronchialkarzinom (SCLC), die in der Erstlinie eine PlatinumChemotherapie mit maximal 6 Zyklen bekamen. 70 Prozent der Patienten wurden nachbeobachtet beziehungsweise erhielten bei Bedarf «best supportive care» (BSC); 30 Prozent der Patienten, die nach Beendigung der Erstlinientherapie eine Progression erlebten, erhielten zu diesem Zeitpunkt eine Zweilinientherapie (n = 103: Paclitaxel und Carboplatin [PC], n = 126: Etoposid und Carboplatin [EC]). Patienten mit Zweitlinientherapie überlebten signifikant länger (medianes Überleben 422 Tage vs. 228 Tage bei Patienten mit BSC). PC-Patienten überlebten 462 Tage, ECPatienten 405 Tage, dieser Unterschied war nicht statistisch signifikant (10).
der Zeitpunkt des chirurgischen Eingriffs, 4 bis 6 Wochen später erfolgte die Randomisierung auf ein 20-wöchiges Trainingsprogramm oder auf die Kontrollgruppe, die «wie üblich» behandelt wurde. Das Trainingsprogramm bestand aus 3 Einheiten pro Woche, mit einer kardiovaskulären Aufwärmphase, Ausdauer- sowie Krafttraining. Zusätzlich führte die Fitnessgruppe täglich 30 Minuten einer selbstgewählten körperlichen Aktivität durch. Eingeschlossen waren 69 Lungenkrebspatienten, wovon 43 die Studie abschlossen.
FALC: «Fitness, Activity and Lung Cancer»
Die norwegischen Forscher führten nun eine randomisiertkontrollierte Studie durch, um die Effekte eines körperlichen Trainingsprogramms auf VO2max, Muskelkraft und Gesamtmuskelmasse zu evaluieren (9). Als Woche 0 galt
Fotos: K. Duffner
Schon geringe Verbesserungen der Fitness wirken sich positiv aus.
14 Pneumologie ERS 2013
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Bessere O2-Aufnahme, Kraft und Ausdauer Zum Zeitpunkt der Randomisierung hatten alle Teilnehmer bereits eine um durchschnittlich 21 Prozent verminderte maximale Sauerstoffaufnahme, berichtet Edvardsen. Nach dem 20-wöchigen Training hatte die Sportgruppe eine im Vergleich zur Kontrollgruppe 17 Prozent bessere VO2max (4,2 vs. 0,9 ml/kg/min, p = 0,003). Die aktive Gruppe verbesserte ausserdem die Beinkraft (gemessen an der Beinpresse) um 20 Prozent (Kontrollgruppe: minus 3%) und zeigte beim 15-sekündigen Treppensteigen ein um 20 Prozent besseres Ergebnis. Edvardsen fasst zusammen: «Dies ist die erste randomisierte kontrollierte Untersuchung, die die Auswirkungen von Ausdauer- und Krafttraining bei Lungenkrebspatienten nach Operation untersucht hat. Die Ergebnisse zeigen signifikante Effekte auf VO2max, Muskelkraft und funktionelle Kapazität, wobei die Effekte häufig die Schwellenwerte für klinisch relevante Verbesserungen von VO2max und für die maximale Beinpresse überschritten.» Das «doch sehr intensive» Training wurde insgesamt gut vertragen. Die FALC-Studie könnte nun die Basis für Richtlinien einer postoperativen körperlichen Trainingstherapie bei Lungenkrebspatienten darstellen.
Lydia Unger-Hunt
Augustustempel aus dem 1. Jhr. v. Chr. Da man im Mittelalter Platz brauchte wurden die Säulen einfach in die neu entstandenen Häuser und Wohnungen mit eingebaut.
Literatur: 1. Speck RM et al. An update of controlled physical activity trials in cancer survivors: a systematic review and meta-analysis. J Cancer Surviv. 2010; 4: 87–100. 2. Loewen GM et al. Preoperative exercise Vo2 measurement for lung resection candidates: results of Cancer and Leukemia Group B Protocol 9238. J Thorac Oncol. 2007; 2: 619–625. 3. Kushibe K et al. Changes in ventilatory capacity, exercise capacity, and pulmonary blood flow after lobectomy in patients with lung cancer – which lobectomy has the most loss in exercise capacity? Interact Cardiovasc Thorac Surg. 2008; 7: 1011–4. 4. Blair SN et al. Influences of cardiorespiratory fitness and other precursors on cardiovascular disease and all-cause mortality in men and women. JAMA 1996; 17; 276: 205–210. 5. Sandvik L et al. Physical fitness as a predictor of mortality among healthy, middle-aged Norwegian men. N Engl J Med. 1993; 25; 328: 533–537. 6. Jones LW et al. Rationale and design of the Exercise Intensity Trial (EXCITE): A randomized trial comparing the effects of moderate versus moderate to high-intensity aerobic training in women with operable breast cancer. BMC Cancer 2010; 10: 531. 7. Erikssen G et al. Changes in physical fitness and changes in mortality. Lancet 1998; 352: 759–762. 8. Myers J et al. Exercise capacity and mortality among men referred for exercise testing. N Engl J Med. 2002; 346: 793–801. 9. Edvardsen E et al. Effect of training on maximal oxygen uptake and muscular strength after lung cancer surgery – a randomized controlled trial, Oslo University Hospital. 10. Boutsikou E et al. The role of second line chemotherapy in small cell lung cancer: A retrospective analysis, ERS Jahreskongress 2013, 8. September 2013, Barcelona.
Fira Kongressgelände in Barcelona
Quelle: «Advances in Lung Cancer» am ERS Jahreskongress 2013, 8. September 2013, Barcelona
Marinemuseum: Nachbau der Galeere «Real», mit der Don Juan d' Austria 1571 in der Seeschlacht von Lepanto im Ionischen Meer die Osmanen besiegte.
ERS 2013 Pneumologie 15