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Husten, Bronchiektasien, Asthma/COPD
Neue therapeutische Optionen: Ein Blick in die Zukunft
In allen genannten respiratorischen Bereichen herrscht ein dringender Bedarf für innovative therapeutische Optionen. Der nachfolgende Artikel bietet einen Überblick über 3 neue Substanzen, die derzeit an englischen Universitäten in der Behandlung von Husten, Bronchiektasien sowie Asthma/COPD untersucht werden – mit vielversprechenden ersten Ergebnissen.
A rzneimittel gegen Husten zählen zu den am häufigsten abgegebenen rezeptfreien Medikamenten, allerdings ist die Evidenzlage bezüglich deren Effektivität und Sicherheit als grundsätzlich mager zu bezeichnen, berichtet Dr. Rayid Abdulqawi von der Universität Manchester.
Neuer Wirkstoff P2X3-Rezeptorblocker Ein möglicher neuer Wirkstoff blockiert P2X3-Rezeptoren. Dabei handelt es sich um ATP-abhängige Ionenkanäle an sensorischen Neuronen der Atemwege, die bei neuronaler Übererregbarkeit impliziert wurden; diese Übererregbarkeit gilt als pathophysiologischer Mechanismus bei Husten. «AF-219 ist der erste Wirkstoff der potenten und selektiven oralen P2X3-Antagonisten», so der englische Forscher. «Präklinische Studien haben bereits auf eine mögliche Eignung als Hustenmittel hingewiesen. Wir untersuchten, ob AF-219 die Hustenfrequenz bei Patienten mit refraktärem chronischem Husten senkt, da speziell diese Gruppe an starker körperlicher, seelischer und sozialer Belastung leidet.» 24 Patienten wurden in die randomisierte Studie eingeschlossen, sie erhielten entweder AF-219 in einer Dosis von zweimal täglich 600 mg oder Plazebo. Nach 2 Wochen zeigten sich in der Aktivgruppe signifikante Verbesserungen der Hustenfrequenz, des Hustendrangs sowie der Gesamtscores der Lebensqualität. Auffällig bezüglich der Nebenwirkungen war ein 100-prozentiges Auftreten von Geschmacksstörungen in der Aktivgruppe; Übelkeit, Kopfschmerzen oder übermässiger Speichelfluss traten nur selten auf. «P2X3-Antagonisten stellen eine vielversprechende Klasse effektiver Antitussiva dar. Weitere Untersuchungen sollten nun die optimale Dosierung feststellen und auch die Anwendbarkeit bei Husten aufgrund anderer Grunderkrankungen untersuchen», schliesst Abdulqawi seine Ausführungen.
Inhalatives Mannitol bei Non-CF-Bronchiektasie Über inhalatives Mannitol bei nicht mit zystischer Fibrose assoziierter Bronchiektasie (non-CF-Bronchiektasie) referiert Dr. Diana Bilton vom Royal Brompton Hospital in London; die Pneumologin führte eine doppelblinde randomisierte Studie über die Sicherheit und Effektivität des Wirkstoffs durch. Vor Beginn der Behandlung wurden alle Patienten bezüglich einer möglichen Hyperreaktivität auf inhalatives Mannitol (Bronchitol®) mittels eines Initialdosis-Tests untersucht. Nach einer Wartephase von 2 bis 5 Wochen erhielten 233 Patienten 400 mg Mannitol, 228 als Kontrollsubstanz 50 mg Mannitol. Nach 52 Wochen zeigte sich zwar kein signifikanter Unterschied bezüglich der Verbesserung der Exazerbationsrate beziehungsweise hinsichtlich der stationären Aufnahmen im Jahresverlauf. «Jedoch betrug die Zeit bis zur ersten Exazerbation bei Mannitol-Patienten 165 Tage im Vergleich zu 124 Tagen unter Plazebo – diese Verlängerung ist sowohl statistisch als auch klinisch signifikant. Zudem kam es unter Mannitol zu einer Verminderung der Tage mit Antibiotika-Gebrauch, und auch die Lebensqualität der Aktivgruppe war signifikant besser», kommentiert die Expertin. Die Lungenfunktion blieb in beiden Gruppen stabil, die Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen ähnlich, wobei Husten häufiger unter Mannitol auftrat. «Zusammengefasst verweisen diese Daten auf eine gute Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit von inhalativem Mannitol bei non-CF-Bronchiektasie», so Bilton.
Duale Wirkung bei COPD und Asthma Für die Behandlung von COPD und Asthma stellt Prof. Dr. Dave Singh von der Universität Manchester den dualen PDE3/4 Hemmer RPL554 vor. «PDE3-Rezeptoren liegen auf glatten Muskelzellen der Atemwege vor, PDE4-Rezeptoren sind auf Entzündungszellen weit verbreitet. Ziel unserer Studie war die Feststellung, ob dieser «first-of-class»-Wirkstoff bereits bekannte bronchodilatative und bronchopro-
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tektive Effekte tatsächlich mit einer entzündungshemmenden Wirkung verbindet. Zu diesem Zweck erhielten 33 gesunde Probanden 6 Tage lang einmal täglich 0,018 mg/kg RPL554. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Neutrophilenzahl 6 Stunden nach Inhalation einer vernebelten Lipopolysaccharid(LPS)-Provokation, ein Modell zur Untersuchung von Entzündungsprozessen in Atemwegen. «Dieser Endpunkt wurde erfüllt, RPL554 führte zu einer signifikanten Entzündungshemmung der Atemwege und verminderte die LPS-provozierte Neutrophilen-Infiltration», berichtet Singh. Zudem wurde eine signifikante Bronchodilatation beobachtet sowie gute Verträglichkeit, kurze Halbwertzeit und keine Evidenz einer systemischen Akkumulation. «RPL554 ist ein vielversprechender neuer Bronchodilatator und Entzündungshemmer für Patienten mit COPD und anderen obstruktiven Atemwegserkrankungen», lautet die Schlussfolgerung des Experten.
Lydia Unger-Hunt
Referenzen: 1. Abdulqawi R. Inhibition of ATP-gated P2X3 channels by AF-219: An effective anti-tussive mechanism in chronic cough, Abstract 1965, ERS Jahreskongress 2013, Barcelona. 2. Bilton D. Inhaled mannitol for non-cystic fibrosis bronchiectasis: Results of a 12 month, multi-centre, double-blind, controlled study, Abstract 1966, ERS Jahreskongress 2013, Barcelona. 3. Singh D. Anti-inflammatory effect of a novel inhaled dual PDE3/4 inhibitor RPL554 in man, a unique «first-in-class» drug for the treatment of COPD ? asthma, Abstract 1969, ERS Jahreskongress 2013, Barcelona.
Quelle: «Hot Topics on airway diseases: new horizons in treatment» am ERS Annual Congress, 9. September 2013, Barcelona.
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