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CongressSelection
Am europäischen Jahrestreffen der Lungenfachleute war die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mit über 1300 Abstracts ein zentrales Thema. Eine kleine Auswahl.
COPD besser verstehen
C OPD ist eine der weltweit häufigsten Erkrankungen. Um bessere Behandlungsstrategien zu entwickeln, sind nach Meinung britischer Wissenschaftler noch mehr Informationen zu Morbiditätsfaktoren, demografischen Voraussetzungen und längerfristigen Behandlungsmustern notwendig.
Triple-Kombination langfristig am häufigsten eingesetzt Dazu wurden in Grossbritannien die Daten von 7881 frisch diagnostizierten COPD-Patienten über 24 Monate evaluiert (1). Neben den üblichen Patientencharakteristika nahmen die Forscher sämtliche relevante Daten nach GLOD-Klassifikation (z.B. Lungenfunktion und Anzahl Exazerbationen) sowie Komorbiditäten und die im Laufe der Beobachtungsphase verwendeten Medikamente auf. Von den erfassten Patienten und Patientinnen waren 55 Prozent männlich, 38 Prozent aktive Raucher, 34 Prozent übergewichtig, 26 Prozent adipös und vier Prozent untergewichtig. Die am häufigsten verschriebene Behandlung direkt nach der Diagnosestellung waren mit 23 Prozent kurz wirksame Bronchodilatatoren in Monotherapie. Der Einsatz dieser Medikamente verringerte sich nach 12 Monaten auf 13 Prozent und nach zwei Jahren auf 11 Prozent. Dagegen stieg der Anteil der COPD-Betroffenen unter Triple-Therapie, das heisst lang wirksame Beta-Agonisten (LABA), inhalative Kortikosteroide (ICS) plus langwirksame Muscarin-Antagonisten (LAMA), beständig auf 30 Prozent nach 24 Monaten. Von diesen neu diagnostizierten COPD-Fällen starben im Beobachtungszeitraum 8 Prozent (n = 618). Die Exazerbationsrate pro Jahr betrug 0,64 pro Person und Jahr. Höhere Exazerbationsraten wiesen Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz (0,83 P/J), Krebs (0,78 P/J), zerebrovaskulären Erkrankungen (0,71 P/J) oder Untergewicht (0,72P/J) auf.
Hospitalitsationsdauer als starker Mortalitätsprädiktor Einen ähnlichen Ansatz verfolgte eine französische Studie, die jedoch noch stärker die Mortalitätsfaktoren der Betroffenen im Fokus hatte (2). Dazu wurden alle relevanten Daten (inklusive Risikofaktoren und Therapiewahl) von 4800 COPDPatienten (mittleres Alter 66 Jahre, 50% Frauen) aus dem Jahr 2005 aufgenommen und mit der tatsächlichen Krankheitsgeschichte in den Folgejahren 2006 bis 2011 verglichen. In dem sechsjährigen Zeitraum verstarben insgesamt 27,5 Prozent der Patienten. Die jährliche Todesrate betrug 4,6 Prozent. Als stärkster Risikofaktor erwies sich die Dauer der COPD-bedingten Hospitalisationen (über 10 Tage: HR = 2,3), eine Krebserkrankung (HR = 1,8), kardiovaskuläre Erkrankungen (HR = 1,3) und männliches Geschlecht (HR = 1,7), p < 0,0001. Auch längerfristige psychische Erkrankungen, schwere Atembeschwerden und Diabetes erhöhten das Mortalitätsrisiko. Wer jedoch im Jahr 2005 eine Exazerbation erlitten hatte, besass das grösste Risiko, in den folgenden sechs Jahren zu versterben. COPD: Mukoziliäre Clearence erholt sich bei Rauchverzicht Eine COPD-Erkrankung beeinträchtigt die mukoziliäre Clearence (MCC) der Patienten, was Entzündungen der Atemwege unterstützt. Es ist bekannt, dass sich die MCC von Ex-Rauchern mit normaler Lungenfunktion wieder erholt. Ist dies auch bei COPD-Patienten so? In einer brasilianischen Untersuchung zeigte sich, dass Ex-Raucher mit COPD eine signifikant bessere Clearence aufwiesen als Raucher ohne und mit COPD, sie erreichten sogar ähnliche Werte wie Niemals-Raucher. Diese Ergebnisse sind ein weiteres Argument, COPD-Patienten zum Rauchverzicht zu ermuntern. COPD und Lungenkrebs Sowohl der Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs als auch zwischen Rauchen und COPD ist hinlänglich bekannt. Welche Korrelation besteht jedoch zwischen COPD und Lungenkrebs? In einer spanischen Studie wollte man den Einfluss des COPD-Status auf das Lungenkarzinomrisiko evaluieren (4). Dazu wurde Ende 2010 die Lungenkrebsinzidenz von rund 300 Rauchern mit COPD mit der von 300 Rauchern ohne COPD verglichen. Alle Teilnehmer wiesen mehr als 15 Packungsjahre auf (Zahl der täglich konsumierten Zigarettenpackungen – Inhalt ca. 20 Stück – mal Raucherjahre). Dabei zeigte sich, dass eine COPD-Erkrankung das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, hochsignifikant erhöhte – und zwar unabhängig von anderen Risikofaktoren. Während unter den Rauchern ohne COPD vier Patienten (1,3%) an Lungenkrebs erkrankt waren, entwickelten unter den Rauchern mit COPD 33 Patienten ein Lungenkarzinom (11,1%, p < 0,001). Eine Erklärung für dieses bemerkenswerte Ergebnis hatten die Wissenschaftler vom Miguel Servet Hospital in Zaragoza nicht. Klaus Duffner Literatur: 1. Wurst K et al.: Disease burden in COPD patients in the first 24 months following diagnosis in a UK primary care setting. ERS 2013 Barcelona. Poster 4712. 2. Laforest L et al.: Factor associated with global mortality in COPD between 2006 and 2011: French claims data. ERS 2013 Barcelona. Poster 4719. 3. Ito JT et al.: May impairment of mucociliary clearance in COPD be reversible? ERS 2013 Barcelona. Poster 2091. 4. Moya V et al.: Incidence of lung cancer in smokers with and without COPD: Observational study. ERS 2013 Barcelona. Poster 4509. 10 Pneumologie ERS 2013