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Update rheumatoide Arthritis
Vier Asse gegen die Gelenkdestruktion
Bei der rheumatoiden Arthritis gilt es zwei Dimensionen im Auge zu behalten: Krankheitsaktivität und Krankheitsschaden. Während ein Patient in klinischer Remission eine niedrige Krankheitsaktivität aufweist, kann subklinisch die Gelenkdestruktion weiter fortschreiten, berichtete Prof. Dr. Peter M. Villiger vom Inselspital Bern.
Die im Jahr 2012 revidierten Therapieempfehlungen des American College of Rheumatology (ACR) definieren die Remission als oberstes Therapieziel der rheumatoiden Arthritis. Die klinische Remission oder eine niedrige Krankheitsaktivität bedeutet, die Gelenkdestruktion aufzuhalten und einen Funktionsverlust zu verhindern. Dennoch verlaufen Krankheitsaktivität und Krankheitsschaden nicht immer parallel. Deshalb sei eine Krankheitsdokumentation auf beiden Ebenen unerlässlich.
Aggressive Zytokine besser im Zaum halten
Therapeutisch verfügen wir heute über vier Erfolgsstrategien, der Erkrankung Einhalt zu gebieten. Diese greifen an verschiedenen Stellen in die immunologischen Prozesse der Entzündung ein, bewirken aber letztendlich alle eine Verminderung der aggressiven Zytokine, die für die klinischen Zeichen der rheumatoiden Arthritis verantwortlich sind, so der Experte.
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Die ersten zwei Therapie-Strategien richten sich gegen die proinflammatorischen Zytokine Tumornekrosefaktor (TNF)alpha und Interleukin-1, die letzten zwei Ansätze zielen auf die zellulären Systeme. TNF-alpha reguliert die Produktion und Sekretion der Zytokine Interleukin-1 und Interleukin-6 und die Leukozytenmigration. Durch eine Hemmung der T-Zell-Aktivierung greift man bereits eine Stufe früher ins Entzündungsgeschehen ein und hofft somit die Entzündungskaskade vor dem Ausbruch zu stoppen. Der Kostimulationsblocker Abatacept hemmt die Aktivierung und Proliferation von T-Lymphozyten, indem er das Protein CD28 an der Oberfläche der T-Zelle blockiert.
Die Rolle der B-Lymphozyten
Neben T-Lymphozyten spielen auch B-Lymphozyten eine wichtige Rolle in der komplexen Entzündungskaskade, die bei der rheumatoiden Arthritis abläuft. B-Lymphozyten können, nach ihrer Aktivierung durch T-Lymphozyten oder unabhängig davon, pro-inflammatorische Zytokine freisetzen. Sie funktionieren als Antigen präsentierende Zellen oder verwandeln sich selbst in Antigen produzierende Plasmazellen. B-Zellen produzieren selbst Tumornekrosefaktor-alpha und Interleukin-1. Der monoklonale Antikörper Rituximab ist gegen das CD20-Antigen auf B-Lymphozyten gerichtet, welches eine wichtige Rolle bei der Aktivierung und Proliferation der B-Lymphozyten spielt. Die B-Zell-Depletion verhindert auch die Produktion der am Entzündungsprozess beteiligten proinflammatorischen Zytokine TTNF-alpha und Interleukin-1-beta.
Methotrexat bleibt Goldstandard
Methotrexat hat nichts an Bedeutung in der Therapie von Patienten mit rheumatoider Arthritis eingebüsst. Im Gegenteil: Auch im Zeitalter der Biologika bleibt Methotrexat als DMARD unverzichtbar, denn die Kombination mit Methotrexat verdoppelt die Wirksamkeit der meisten Biologicals. Studien haben gezeigt, dass eine frühzeitige Therapie der rheumatoiden Arthritis mit einer Kombination aus einem Biological und Methotrexat die Gelenkfunktion verbessert und das Risiko einer späteren Funktionseinschränkung reduziert. Die einzige Ausnahme bildet Tocilizumab: Beim Prinzip der Interleukin-6-Neutralisierung hat sich kein Benefit für die Kombination mit Methotrexat gezeigt. Methotrexat ist ein Folsäure-Antagonist mit antiproliferativer und anti-inflammatorischer Wirkung. Unter einer Methotrexat-Therapie sollte standardmässig eine Folsäure-Supplementation mit 5 mg Folsäure erfolgen. Die Folsäure-Einnahme wird mit einem Abstand von mindestens 24 Stunden zum Methotrexat empfohlen. So erreiche man einen guten Schutz vor möglichen Methotrexat-Nebenwirkungen und zugleich eine möglichst geringe Wirkungsabschwächung.
Krankheitsaktivität
Gelenk/Systemische Entzündung: ESR,CRP, Anämie, Thrombozytose Krankheitsaktivitätsscore DAS
Krankheitsschaden
Erosiv-destruktive Veränderungen an Knochen und Knorpel: Konventionelles Röntgen (Hände, Füsse) Ultraschall, MRT
Wirkmechanismus
Hemmung des Tumornekrosefaktors alpha
Interleukin-6-Neutralisierung Elimination der B-Zellen Hemmung der T-Zell-Stimulation
Substanzen
Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Certolizumab, Golimumab Tocilizumab Rituximab Abatacept
Window of opportunity nicht verpassen Die Experten sind sich einig: Je früher die Therapie der rheumatoiden Arthritis begonnen wird, desto mehr werden Gelenkschäden hinausgezögert. Patienten mit negativen prognostischen Markern profitieren von einer frühzeitigen, aggressiven Therapie. Zu solchen prognostisch ungünstigen Markern gehören ein positiver Rheumafaktor, hohe Entzündungsmarker sowie das frühe Auftreten struktureller Schäden.
Entwarnung für Biologika Eine Therapie mit Biologika erhöht nicht das Risiko für Krebserkrankungen. Das geht aus der Auswertung von Daten des Schweizer Biological-Registers mit über 7000 Patienten hervor.
Anka Stegmeier-Petroianu
*Online Information: Swiss Clinical Quality Management in Rheumatic Diseases, www.scqm.ch
Quelle: Update Rheumatologie, Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin, SGIM Basel 29. bis 31. Mai 2013.
Take-Home-Messages
• Patienten mit einer RA sollten in beiden Dimensionen Krankheitsaktivität und Gelenkschaden einmal jährlich überwacht werden.
• Methotrexat bleibt Goldstandard in der Therapie der RA, Folsäure nicht vergessen!
• Window of opportunity: Durch das schmale therapeutische Zeitfenster kommt dem Grundversorger in puncto Frühdiagnose eine essenzielle Rolle zu.
• Entwarnung für Biologika: Kein Hinweis auf erhöhte Malignominzidenz.
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