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Etliche der Hypertoniepatienten schaffen es nicht, die Zielwerte zu erreichen. Kombinationstherapien können zur besseren Blutdruckkontrolle beitragen, Fixkombinationen können die Therapietreue verbessern. Wichtige Informationen im Rahmen von Diagnostik und Therapieüberwachung gibt die 24-Stunden-Blutdruckmessung.
S owohl zur Diagnose als auch zum Monitoring während der Therapie hat sich der 24-Stunden-Blutdruck als hilfreich und kosteneffizient erwiesen, betonte Dr. Thilo Burkard, Universitätsspital Basel, und konnte das auch gleich an zwei Kasuistiken belegen. Fall Nummer eins: Ein 38-jähriger Mann kommt mit dumpfen Kopfschmerzen in die Notfallaufnahme, die klinische Untersuchung ist unauffällig, sein Blutdruck beträgt 152/107 mmHg. Anamnestisch beschreibt er bereits länger bestehende regelmässige Kopfschmerzen beziehungsweise ein Druckgefühl, im Übrigen sei die Leistungsfähigkeit normal. Als Riskofaktoren sind eine Dyslipidämie sowie ein Nikotinkonsum mit einem Päckchen pro Tag bekannt. Familiär ist zu erwähnen, dass die Eltern unter arterieller Hypertonie leiden und der Vater mit 54 einen Herzinfarkt hatte. Die 24-Stunden-Blutdruckmesung (gemäss den Empfehlungen der NICE-Guidelines ab einem Blutdruck ≥ 140/90 mmHg) zeigt für diesen Patienten einen durchschnittlichen Wert von 162/106 mmHg und eine Herzfrequenz von 85/Minute ohne nächtliches Dipping.
Wie würden Sie behandeln?
Fast die Hälfte des per Ted befragten Publikums würde eine Monotherapie einleiten und Lebensstilmassnahmen empfehlen, knapp ein Viertel wünscht zunächst weitere Informationen. In der Echokardiografie sah man ein konzentrisches Remodelling und einen dilatierten linken Vorhof als Anzeichen eines beginnenden Endorganschadens, im Labor eine Mikroalbuminurie, berichtete Burkard. Mit diesem Wissen plädierten jetzt rund 70 Prozent für eine Monotherapie plus Lebensstilmassnahmen, 25 Prozent würden unmittelbar mit einer Kombinationstherapie beginnen.
Hypertoniediagnose und -behandlung im Alltag
Wie können Sie Ihre Patienten ins Ziel bringen?
Was sagen die Guidelines?
Die NICE-Richtlinien empfehlen bei Blut-
druckwerten zwischen 135/85 und 150/95
mmHg dann die Einleitung einer Therapie,
wenn ein Endorganschaden oder ein kar-
diovaskuläres 10-Jahres-Risiko über 20
Prozent vorliegt, ebenso bei Blutdruck-
werten über 150/95 mmHg. Bei Patienten
unter 55 Jahren kann zu Beginn ein ACE-
Hemmer oder ein Angiotensinrezeptorblo-
cker (ARB) zum Einsatz kommen, bei
Patienten über 55 oder karibischer bezie-
hungsweise afrikanischer Abstammung
ein Kalziumantagonist. Als Kombination
bieten sich danach ACE-Hemmer oder ARB
plus Kalziumantagonist an, reicht auch
das nicht, die zusätzliche Gabe eines
Thiaziddiuretikums. Die Empfehlung von
Lebensstilmassnahmen gehört immer er-
gänzend dazu. Bei unmittelbarem Beginn
mit einer Kombinationstherapie können
die Zielwerte häufiger erreicht werden.
Eine Monotherapie sollte nur bei Grad-1-
Hypertonie ohne Endorganschaden in Be-
tracht gezogen werden.
Der Patient erhielt eine Kombination aus Ol-
mesartan und Amlodipin (20/5 mg, 1-0-0),
bei anhaltend erhöhten Werten nach zwei
Wochen 40/10 mg (1-0-0). Nach sechs Wo-
chen war er normotensiv und hatte in der
24-Stunden-Blutdruckmessung
einen
durchschnittlichen Wert von 126/83 mmHg.
Fixkombinationen erleichtern die Therapie
schnittlichem Praxisblutdruck kommt aber eine Reduktion der antihypertensiven Medikation nicht infrage, der durchschnittliche Wert der 24-Stundenblutdruckmessung offenbarte eine maskierte Hypertonie. Das ist gar nicht so selten, in einer deutschen Studie war dies bei gut einem Drittel der in der Praxis vermeintlich kontrollierten Hypertoniker der Fall (1). Der Wert lag bei 140/93 mmHg – zu hoch für Diabetiker, wie der Experte betonte. Bei dieser Patientin gelang es, die Therapie mit einer Fixkombination aus ARB, Kalziumkanalblocker und Thiaziddiuretikum zu intensivieren, den Druck zu senken und überdies die Anzahl der Tabletten zu reduzieren. Nicht zu vernachlässigen ist der Beitrag der Ärzte selber: Eine hohe Motivation, die Hypertoniepatienten ins Ziel zu bringen, kann die Erfolgsrate um bis zu 10 Prozent verbessern, schloss der Referent.
Christine Mücke
Referenzen: 1. Lehmann MV et al. Ambulatory blood pressure monitoring: Is it mandatory for blood pressure control in treated hypertensive patients? Int J Cardiol. 2013 Mar 7. pii: S0167–5273 (13) 00269-6. doi: 10.1016/j.ijcard.2013.01.209. [Epub ahead of print]
Quelle: «Hypertoniebehandlung in der Hausarztpraxis – gut, aber geht es besser?» Satellitensymposium von Menarini anlässlich der SGIM-Jahrestagung, 30. Mai 2013 in Basel.
Fazit für die Praxis:
Müssen Patienten bereits eine Reihe von Medikamenten einnehmen, kann eine Fixkombination dazu beitragen, die Adherence zu verbessern. Burkhard zeigte dies am Beispiel einer zweiten Patientin. Die 50-jährige Frau hat seit zehn Jahren einen Bluthochdruck und leidet darüber hinaus an Diabetes und einer Myasthenie, wegen der sie allein schon 11 Tabletten nehmen muss. Dazu kommen 5 blutdrucksenkende Tabletten, sie kommt mit dem Wunsch, das zu ändern. Trotz durch-
• 24-Stunden-Blutdruckmessung zur Diagnose und Therapiekontrolle, selbst bei normotensiven Officewerten
• (Fast) immer Anfang mit ACE-Hemmer, ARB oder Kalziumantagonist möglich
• Frühzeitig oder direkt Fixdosis-Kombinationstherapien, insbesondere bei Grad-2-Hypertonien oder Endorganschäden
• Fixkombinationen insbesondere bei weiteren Medikamenten zur Verbesserung der Adherence
14 Hausarztmedizin SGIM/KHM 2013