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Die juvenile idiopathische Arthritis kann bei Kindern nicht nur den im Wachstum befindlichen Bewegungsapparat, sondern auch Augen und innere Organe nachhaltig schädigen. Durch eine adäquate Behandlung gelingt es jedoch häufig, die Erkrankung zum Stillstand zu bringen.
Juvenile idiopathische Arthritis
Wachstumsstörungen
verhindern
Nach Angaben der Rheumaliga Schweiz sind ungefähr 1 bis 2 von 1000 Kindern von Arthritis betroffen. Die häufigste davon ist die juvenile idiopathische Arthritis (JIA), die sich wiederum in sieben Formen aufteilt. Generell beginnen die Symptome zumeist schleichend: verdickte und überwärmte Gelenke, auffällige Bewegungseinschränkungen, Schonhaltungen, morgendliche Gelenksteifigkeit und Gelenkschmerzen (jedes Gelenk kann betroffen sein) oder Augenentzündungen. Auch wollen die Kinder häufig wieder getragen werden oder weigern sich, Treppen zu steigen. Als schwerste Form gilt die systemische JIA, die sich auf den gesamten Organismus (inklusive Leber, Milz und Herz) ausweiten kann. Die Kinder entwickeln bisweilen schon Monate vor dem Gelenkbefall Fieber, lachsfarbene, flüchtige Hautausschläge und Lymphknotenschwellungen. Eine Besonderheit der JIA ist das relativ hohe Risiko, an einer Uveitis anterior zu erkranken. Daher sollte unbedingt die Funktion der Augen kontrolliert werden.
Chance auf Heilung
Generell gilt: Je mehr Gelenke befallen sind und je länger die Entzündung dauert, desto grösser ist das Risiko, dass es zu Gelenkdestruktionen kommt. Das Ziel einer Behandlung ist es daher, bleibende Schäden von Gelenken, Augen und anderen Organen zu vermeiden und Schmerzen beziehunsweise Entzündungen zu unterdrücken. Insgesamt sind die Chancen auf Heilung relativ gut. So gelingt es bei etwa 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die Erkrankung zum Stillstand zu bringen, ohne dass eine Behinderung zurückbleibt. Zur medikamentösen Therapie können nichtsteroidale Antirheumatika (z.B. Naproxen, Diclofenac, Indometacin oder Ibu-
profen), Glukokortikoide, Basistherapeutika (DMARD wie Methotrexat, Sulfasalazin und Azathioprin) oder Biologika gehören. Durch die Gabe des Vitamins Folsäure können zudem Nebenwirkungen abgeschwächt werden.
Neue Studie mit IL-6-Hemmer
Unter den Biologika sind für die Behandlung der aktiven JIA Etanercept (Kinder ab 2 Jahren), Abatacept (ab 6 Jahren) und Tocilizumab (ab 2 Jahren) zugelassen. Zu Letzterem wurden am EULAR-Kongress in Madrid nun die Ergebnisse einer neuen internationalen Studie vorgestellt (CHERISH) (1). Im ersten Teil der Studie erhielten 188 Kinder und Jugendliche zwischen 2 und 17 Jahren, deren Methotrexatbehandlung zuvor gescheitert war, den IL-6Hemmer alle 4 Wochen. Nach 16 Wochen erreichten 166 Patienten (88,3%) eine mindestens 30-prozentige Symptomverbesserung (Ped-ACR 30). Sie wurden anschliessend in eine weitere 24-wöchige Untersuchung eingeschlossen und erhielten entweder das Biologikum oder Plazebo. Dabei erlitten unter Tocilizumab knapp halb so viele Teilnehmer ein Wiederaufflackern der Symptome wie unter Plazebo (25,6 vs. 48%). Zudem waren die ACR 30/50/70-Responses in der Verumgruppe signifikant höher. Auch die kürzlich veröffentlichten 12-Wochen-Daten einer randomisierten PhaseIII-Studie (CLIPPER) zeigen, dass mithilfe des TNF-alpha-Hemmers Etanercept bei Kindern und Jugendlichen mit JIA hohe Ansprechraten bei sehr guter Verträglichkeit möglich sind (2). Im ersten Teil der Studie erreichten 88,6 Prozent der kleinen Patienten nach 12 Wochen − sie waren zuvor ohne Erfolg mit einer Standardtherapie behandelt worden − einen PedACR 30. Die Ergebnisse einer 96-wöchigen Langzeitbehandlung mit Etanercept wer-
den im Herbst 2013 am ACR in San Diego vorgestellt.
Hohe ACR-Ansprechraten
In einer weiteren Untersuchung wurden die Daten des deutschen Kinder-Biologika-Registers (BiKeR) hinsichtlich der Frage analysiert, welchen Nutzen junge Patienten von einer Therapie mit dem TNF-alpha-Hemmer Adalimumab haben (3). Die 329 Teilnehmer zwischen 4 und 18 Jahren (median: 13,8 Jahre) waren mit durchschnittlich knapp 7 Jahren an polyartikulärer JIA erkrankt und danach mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt worden. Die Response auf die Adalimumabbehandlung war ausserordentlich hoch. Die Ped-ACR-Kriterien hinsichtlich einer 30-, 50- beziehungsweise 70-prozentigen Symptomverbesserung wurden von 65 Prozent, 61 Prozent beziehungsweise 46 Prozent der jungen Teilnehmer erfüllt. Wurde der TNF-alpha-Hemmer erst verwendet, nachdem ein anderes Biologikum gescheitert war, betrugen diese Werte 73, 65 und 48 Prozent.
Klaus Duffner
Referenzen: 1. De Benedetti F et al. Efficacy and safety of tocilizumab in patients with polyarticular juvenile idiopathic arthritis: data from a phase 3 trial. Ann Rheum Dis 2013; 72 (Suppl. 3): 70, OP0060. 2. Horneff G et al. Efficacy and safety of open-label etanercept on extended oligoarticular juvenile idiopathic arthritis, enthesitis-related arthritis and psoriatic arthritis: part 1 (week 12) of the CLIPPER study. Ann Rheum Dis 2013, May 21 (Epub ahead of print). 3. Schmeling H, Horneff G. Efficacy and safety of adalimumab in children with juvenile idiopathic arthritis. Ann Rheum Dis 2013; 72 (Suppl. 3): 71, OP0063.
Quelle: Jahreskongress der European League Against Rheumatism (EULAR), 12. bis 15. Juni 2013 in Madrid.
12 Rheumatologie EULAR 2013