Transkript
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Modernes Management der Endometriose
Welche Optionen stehen zur Verfügung?
Wenn es um die Endometriose geht, ist nichts wirklich einfach, und de facto muss man sich mit dem chronisch-rezidivierenden Verlauf abfinden. Beim Management ergänzen sich verschiedene Strategien, wobei das Vorgehen im Einzelfall wesentlich von der Frage bestimmt wird, ob ein Kinderwunsch besteht, ob die Familienplanung bereits abgeschlossen ist oder eine Schmerzsymptomatik im Vordergrund steht. Darüber hinaus spielt die Lokalisation der Endometrioseherde eine wesentliche Rolle. Im Hinblick auf die Schmerzreduktion haben sich chirurgische Massnahmen als ähnlich wirksam erwiesen wie die (endokrinen) medikamentösen Therapien.
B ei der Endometriose handelt es sich um die zweithäufigste gutartige Erkrankung der Frau im reproduktionsfähigen Alter, berichtete Dr. Markus Eber-
hard, Chefarzt, Kantonsspital Schaffhausen. Eine von zehn
Frauen ist damit konfrontiert, so die Schätzung. Typisch
ist das ausserhalb der Gebärmutter ver-
sprengte Gewebe, das unterschiedlich
stark wuchern und Beschwerden auslö-
sen kann. Als häufigste Lokalisationen
erwähnte Eberhard die Ovarien, den
Douglasraum, die uterosakralen Liga-
mente und das Colon sigmoideum. Zwi-
schen dem Ausmass des Befalls und der
Intensität der Schmerzen besteht aller-
dings keine gute Korrelation: Einerseits
Markus Eberhard
können Frauen mit ausgedehnter Endo-
metriose asymptomatisch sein, während
auf der anderen Seite selbst kleine Läsionen mit quälen-
den Symptomen einhergehen können.
Was läuft schief bei der Endometriose?
Der Referent verwies auf eine komplexe Dysregulation, bei der Entzündungsmediatoren einen wichtigen Stellenwert haben. Im Rahmen einer gesteigerten Immunantwort werden Makrophagen und neutrophile Granulozyten aktiviert, und es kommt zu Gewebeschädigungen und narbigen Verwachsungen. Oxidativer Stress, gesteigerte Angiogenese, Neurogenese und Steroidsynthese erleichtern die Adhäsion und Implantationsfähigkeit der zirkulierenden Endometriumzellen, und eine abgeschwächte Immunantwort ermöglicht das «Anwachsen». Der Nervenwachstumsfaktor NGF unterstützt die Innervierung der ektopen
Endometrioseherde. Sensibilisierung, Hyperalgesie, Allodynie und Triggerung sensorischer Neuronen sowie eine erniedrigte Schmerzschwelle bilden den Hintergrund für die Schmerzwahrnehmung. Schmerzen aufgrund von eingeklemmten Nerven und neuropathische Schmerzen können ebenfalls beteiligt sein.
Therapeutische Interventionen
Bei der Endometriose werden grundsätzlich sehr unterschiedliche therapeutische Strategien propagiert, angefangen bei der «normalen» Schmerztherapie mit NSAR über verschiedene endokrine Therapien bis hin zu unterschiedlich invasiven chirurgischen Eingriffen. Der interdisziplinäre Schweizer Konsensus* empfiehlt für Frauen ohne aktuellen Kinderwunsch ein Abklärungs- und Therapieschema (Abbildung).
Lokale Massnahmen
Eine randomisierte kontrollierte Studie mit Vergleich zwischen Exzision und diagnostischer Laparoskopie führte bei 80 Prozent der Frauen mit Exzision versus 32 Prozent in der Kontrollgruppe zu einer Besserung der Symptomatik. 6 Monate später war es in der Kontrollgruppe bei 45 Prozent zu einer Progression und bei 22 Prozent zu einer Rückbildung gekommen, während bei einem Drittel keine Veränderungen stattfanden. Ein Cochrane-Review bestätigte die Wirksamkeit der laparoskopischen Chirurgie bei Beckenschmerzen aufgrund einer Endometriose. Dysmenorrhö, Beckenschmerzen, Rektalschmerz und Dyspareunie wurden signifikant gebessert. Bei peritonealer Endometriose haben sich bei kleinen Herden thermische Verfahren bewährt. Sind grössere Herde vorhanden, kommen Exzision und Lasertechnologie zum
14 Gynäkologie SGGG 2013
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anaphylaktischen Reaktion sollten verfügbar sein. Paravenöse Injektion kann eine braune Verfärbung und Reizung der Haut verursachen und ist deshalb zu vermeiden. Bei akuter oder chronischer Infektion nur mit Vorsicht anwenden. Natriumgehalt von bis zu 5,5 mg/ml berücksichtigen. UW: Hypersensitivität, Kopfschmerzen, Schwindel, Parästhesien, Tachykardie, Hypotonie, Erröten, gastrointestinale Beschwerden, Störung des Geschmacksempfindens, Hautausschlag, Pruritus, Urticaria, Myalgie, Rückenschmerzen, Arthralgie, Hämaturie, Reaktionen an der Injektionsstelle, Phlebitis, Fieber, Müdigkeit, Schmerzen im Brustkorb, Muskelsteifigkeit, Unwohlsein,
peripheres Ödem, Schüttelfrost, transiente Serumphosphatsenkung, erhöhte Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Gamma-Glutamyltransferase, Laktatdehydrogenase und alkalische Phosphatase. IA: Bei der gleichzeitigen Verabreichung von oralen Eisenpräparaten ist deren Absorption reduziert. P: 5 Stechampullen zu 100 mg (2 ml) oder 500 mg (10 ml) und 1 Stechampulle zu 500 mg (10 ml). Liste B. Detaillierte Informationen: Arzneimittelkompendium der Schweiz oder www.swissmedicinfo.ch. Zulassungsinhaberin: Vifor (International) AG, CH-9001 St. Gallen; Vertrieb: Vifor AG, CH-1752 Villars-sur-Glâne.
Referenzen: 1. Wick M et al. Eisenstoffwechsel, Anaemien. Diagnostik und Therapie 2002; Springer-Verlag Wien New York: ISBN3-211-83802-3 2. Breymann C, Gliga F, Bejenariu C, Strizhova N. Comparative efficacy and safety of intravenous ferric carboxymaltose in the treatment of postpartum iron deficiency anemia. Int J Gynaecol Obstet 2008; 101(1):67–73 3. Anker SD, Comin CJ, Filippatos G et al. Ferric carboxymaltose in patients with heart failure and iron deficiency. N Engl J Med 2009;361(25):2436–2448 4. Qunibi WY, Martinez C, Smith M, Benjamin J, Mangione A, Roger SD. A randomized controlled trial comparing intravenous ferric carboxymaltose with oral iron for treatment of iron deficiency anaemia of non-dialysis-dependent chronic kidney disease patients. Nephrol Dial Transplant (2011) 26: 1599–1607.
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Abbildung: Abklärungs- und Therapieschema
Einsatz, und bei einer tief infiltrierenden Endometriose ist die Resektion indiziert. Beim chirurgischen Management ist ein nervenschonendes Vorgehen zu fordern; insbesondere bei der tief infiltrierenden Endometriose müssen Schädigungen des Plexus hypogastricus vermieden werden, die schwere Miktionsprobleme nach sich ziehen können, so Eberhard.
Gestagenpräparate für die Endometriosetherapie (nach Eberhard, 2013)
Oral anzuwendende Präparate • Nortethisteronacetat (NA): kontinuierliche Gabe von 1-mal
täglich 2,5 mg • Medroxyprogesteronacetat (MPA): kontinuierliche Gabe von
1-mal täglich 15–30 mg • Dienogest (DNG): kontinuierliche Gabe von 1-mal täglich
2 mg • Cyproteronacetat (CA): dieses Antiandrogen mit schwach ge-
stagenem Effekt, wird in einer Dosierung von täglich 10 mg eingesetzt
Depotinjektionen • Depot-MPA: 150 mg i.m. oder 104 mg s.c. alle 3 Monate
Subkutane Implantate • Etonogestrel-Implantat: 68 mg mit einem über 3 Jahre anhal-
tenden Effekt
Intrauterine Systeme • Levonorgestrel (LNG) für die intrauterine Anwendung; über
5 Jahre werden täglich 0,02 mg freigesetzt.
Medikamentöse Optionen
Suppression der ovarialen Östrogensekretion: Der Wirkmechanismus der Gestagene bei der Endometriose ist noch nicht vollständig geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass die Gestagendominanz ein Milieu schafft, das mit demjenigen während einer Schwangerschaft vergleichbar ist. Ausserdem werden das Entzündungsgeschehen günstig beeinflusst, die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren gebremst und die lokale Immunantwort moduliert. Die folgende Therapiemöglichkeiten mit Gestagenpräparaten listet der (Kasten) unten auf. Kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK): Eine Therapie mit KOK kommt sowohl für die Schmerzreduktion als auch für die Rezidivprophylaxe infrage. Eine Gestagenmonotherapie kann verordnet werden, wenn der Östrogeneffekt unerwünscht ist. Bei der Wahl des Gestagens sollte man sich von den spezifischen Präparateeigenschaften und dem individuellen Therapieziel leiten lassen. Im Zusammenhang mit den medikamentösen Therapien verwies der Referent auf das hohe Rezidivrisiko: Dieses wird mit 5 bis 15 Prozent im ersten Jahr und mit 40 bis 50 Prozent nach 5 Jahren angegeben. Es besteht ausserdem eine Korrelation mit dem Ausmass der Endometriose. Ein leichter Befall führt bei etwa einem Drittel zum Rezidiv; diese Rate erhöht sich bei schwerer, ausgedehnter Endometriose auf beachtliche 75 Prozent.
Postoperative medikamentöse Therapie
Frauen mit Endometriose, die operiert wurden, können postoperativ mit einer LNG-freisetzenden Spirale versorgt werden. Durch diese Sekundärprävention lässt sich die Endometriose-assoziierte Dysmenorrhö verhindern. Bei nicht menstruellen Beckenschmerzen oder einer Dyspareunie hingegen resultiert kein Benefit. Als Alternative kommt eine Therapie mit KOK über mindestens 18 bis 24 Monate infrage, vor allem bei jenen nach Zystektomie eines ovariellen Endometrioms.
Renate Weber
*Müller M et al. Konsensus. Diagnostik und Therapie der Endometriose. Empfehlungen eines interdisziplinären Schweizer Panels zu Behandlung und Diagnostik der Endometriose. www.frauenheilkundeaktuell.ch/frauenheilkunde-d/PDF-Ordner-FHA-Frauenheilkundeaktuell/Frauenheilkunde-Aktuell-Ausgabe-12-02/FHAArtikel_Konsensus-Diagnostik-Therapie-Endometriose.pdf
Quelle: 2. Hauptthema/AGE – Endometriose aktuell – Neue Erkenntnisse und deren Umsetzung in der Praxis (Markus Eberhard). SGGGJahresversammlung, 27. Juni 2013, in Lugano.
Die LNG-freisetzende Spirale hat einen günstigen Effekt auf rektovaginale Schmerzen, Schmerzen bei einer Adenomyosis und Blutungsunregelmässigkeiten.
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