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Interview mit dem neuen SGGG-Präsidenten Professor Dr. Gabriel Schär
Rückblick, Ausblick und neue Horizonte
Am Jahreskongress 2013 trat Professor Dr. Gabriel Schär, Chefarzt Kantonsspital Aarau, die Nachfolge von Dr. Jacques Seydoux an und übernahm die Präsidentschaft der gynécologie suisse. Wir nahmen in Lugano die Gelegenheit wahr, dem frischgebackenen Präsidenten einige Fragen zu stellen. Er erläuterte seinen Standpunkt zu berufspolitischen Aspekten, schilderte die gesellschaftspolitischen Herausforderungen und entwarf ein Szenario für die Zukunft der Schweizer Gynäkologie.
H err Professor Schär, Sie haben in Ihrer bisherigen Funktion als Präsident des Wissenschaftlichen Beirats der SGGG das Kongressprogramm mass-
geblich mitgestaltet. Welche Schwerpunkte hatten Sie für
den diesjährigen Kongress gesetzt?
Prof. Gabriel Schär: Das Weiter- und Fortbildungskonzept
der gynécologie suisse setzt sich aus einer Vielzahl von
Kongressen, Symposien, Fortbildungswochen und Kursen
zusammen. Für den Jahreskongress der
Gesellschaft wählen wir immer eine
Reihe von aktuellen Hauptthemen aus,
ohne jedoch während der drei Tage einen
Schwerpunkt zu setzen. Mit diesen
Hauptthemen decken wir wichtige As-
pekte unseres sehr umfassenden Faches
ab. Dazu gehören zum Beispiel die Se-
nologie, Endokrinologie, Urogynäkolo-
gie, gynäkologische Onkologie, Schwan-
Gabriel Schär
gerschafts- und Geburtsbetreuung und die psychosomatische Frauenheilkunde.
Diese Vielfalt an Themen macht den Jah-
reskongress äusserst attraktiv und damit gut besucht. In
den Workshops und Kursen widmen wir uns speziellen
Fragestellungen, welche gerade von Interesse sind. Dane-
ben finden viele Arbeitsgruppensitzungen mit politischen
Themen statt.
Welche Themen lagen Ihnen besonders am Herzen? Schär: Naturgemäss sind es jene Themen, die stark im Fluss sind und die eine grosse Bedeutung für die Gesundheit der Frau haben. Dazu gehören im Moment vor allem die Brustgesundheit, aber auch die Pränataldiagnostik. Die Urogynäkologie beschäftigt uns immer mehr, weil die steigende Lebenserwartung dazu führt, dass Probleme mit Deszensus und Inkontinenz deutlich zunehmen. Zudem sind hier die Operationstechniken einem sehr star-
ken Wandel ausgesetzt, wobei vor allem Nutzen und Risiken von Netzeinlagen zur Stabilisierung von Senkungsproblemen diskutiert werden.
Was waren Ihre persönlichen Kongress-Highlights 2013? Schär: Es wurden insgesamt hervorragende Referate gehalten. Herausheben möchte ich einige Vorträge von Gastreferenten, wie zum Beispiel jenen von Monica Morrow, New York, die über die axilläre Sentinel-Lymphonodektomie referierte. Sie zeigte die Wertigkeit der Sentineltechnik auf und bestätigte, dass nicht mehr in allen Fällen bei befallenen Sentinel-Lymphknoten eine erweiterte Lymphonodektomie notwendig ist. Das Referat von Jean-Jacques Baldauf, Strasbourg, über die Krebsvorsorge mittels Abstrich hat mit dem geschilderten systematischen Vorsorgeprogramm beeindruckt, welches nach einer Pilotphase im Elsass nun flächendeckend auf Frankreich übertragen wird. Bob Freeman, Plymouth, hat über die Netzeinlage bei Senkungsoperationen gesprochen, die Vielfalt der operativen Optionen dargestellt und Nutzen und Risiken präsentiert. Er hat zu einem vorsichtigen Einsatz von Netzen geraten, unter sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko. Ganz aktuell ist das Thema der nicht invasiven Chromosomenuntersuchung, die den Ersttrimestertest durch die Bestimmung der fetalen Chromosomen aus dem mütterlichen Blut ergänzen kann. Damit bewegen wir uns weiter in Richtung einer nicht invasiven pränatalen Diagnostik, die das Komplikationsrisiko senken kann. Ein besonderer Höhepunkt ist jedes Jahr die Präsentation der Forschungsarbeiten aus unseren Frauenkliniken. In den letzten Jahren war eine beeindruckende Zunahme der wissenschaftlichen Qualität zu verzeichnen. Die besten Vorträge, Poster und Videos werden jeweils prämiert. Es war eine grosse Freude zu sehen, wie die Nachwuchsforscherinnen und -forscher die Gelegenheit genutzt haben, ihre Erkenntnisse zu präsentieren.
4 Gynäkologie SGGG 2013
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Literatur: 1 Kubota T, Takeuchi H (1998) Evaluation of insulin-like growth factor binding protein-1 as a diagnostic tool for rupture of the membranes. J Obstet Gynaecol Res. 24(6):411-417 2 Eroglu D et al. (2007) Prediction of Preterm Delivery among Women with Threatened Preterm Labor. Gynecol Ostet Invest. 64:109-116
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Sie wurden an der diesjährigen Mitgliederversammlung zum Präsidenten der SGGG gewählt – herzlichen Glückwunsch! Was haben Sie sich für diese Präsidentschaft vorgenommen? Schär: Seit Jahren beschäftigen wir uns im Vorstand der gynécologie suisse auf strategischer Ebene mit wichtigen zukunftsgerichteten Projekten. Dazu gehört das Berufsbild der Gynäkologinnen und Gynäkologen. Wie werden wir in 5 und 10 Jahren in der Praxis und im Spital arbeiten? Welchen Einfluss haben sozialpolitische Aspekte wie Feminisierung des Arztberufes, Kostendruck oder Ärztemangel auf unsere Arbeit? Wie stellen wir uns darauf ein, und wie steuern wir das Boot so, dass eine gute Gesundheitsversorgung der Frau mit einem akzeptablen Kosten-Nutzen-Aspekt sichergestellt sein wird? Gerade im Licht der Feminisierung der Medizin, insbesondere der Frauenheilkunde, spielt das Thema der Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf eine grosse Rolle. Wir müssen uns der Herausforderung stellen, Beruf und Privates unter einen Hut zu bringen. Und wir müssen uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir trotz reduzierter Arbeitstätigkeit von Familien- und Berufsfrauen (und zunehmend auch -männern) die Ausbildung so gestalten können, dass wir in den Spitälern weiterhin kompetente und erfahrene ärztliche Mitarbeitende haben. Weiterhin muss überlegt werden, wie wir in den gynäkologischen Praxen auch in Zukunft ein umfassendes Angebot für die Betreuung der Frau bereitstellen können. Der Kostendruck führt wohl immer stärker zu einem Verteilungskampf. Wer erhält welche Rückvergütung für welche Leistung? Werden diese oder jene Vorsorgeuntersuchungen noch bezahlt? Dieser Verteilungskampf wirkt sich auch auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit aus. Es muss unsere Aufgabe sein, trotz allem die Kooperation mit den Akteuren der Gesundheitsversorgung auf einem hohen und sich gegenseitig wertschätzenden Niveau zu halten. Der Vorstand und die Mitglieder der gynécologie suisse haben diese und einige weitere strategische Konzepte entwickelt, und es geht nun darum, diese in die Tat umzusetzen.
Welche berufspolitischen Ziele wollen Sie verfolgen? Schär: Gerne fasse ich die strategischen Punkte nochmals zusammen: Nachwuchsförderung, Entwicklung eines vorausschauenden Berufsbildes sowie Kooperation nach innen und nach aussen mit allen Partnern der gynécologie suisse.
den Nachwuchs entwickelt und zudem durch Poster-, Video- und Vortragsprämierungen einen attraktiven Wettbewerb eingeführt. Zudem ist es uns gelungen, die Nachwuchsgynäkologinnen und -gynäkologen in den Kongress zu integrieren und ihnen zu vermitteln, wie wichtig sie für uns alle sind. Das wollen wir weiter intensivieren und verfeinern. Es braucht also im Moment keine grossen Würfe, sondern die sorgfältige Pflege und Verbesserung des Guten. Natürlich gibt es immer Verbesserungspotenzial; so wollen wir die Zusammenarbeit mit der Industrie, welche am Jahreskongress eine wichtige Präsentationsplattform ihrer Produkte vorfindet, optimieren und uns Jahr für Jahr darum kümmern, eine richtige Dosis an Information zu vermitteln. Ein Überangebot ist gleichermassen ungünstig wie ein zu kleines Angebot. Hier das richtige Gleichgewicht zu finden, ist nicht immer einfach.
Drei gute Gründe, den Kongress schon heute in der Agenda vorzumerken? Schär: 1. Die Mitglieder unserer Gesellschaft erhalten in der Schweiz nirgends so viel umfassendes Fachwissen für ihre tägliche Arbeit wie am Jahreskongress. 2. Gynäkologinnen und Gynäkologen treffen sich zum regen Austausch, Netzwerken und zur Weiterbildung in schönem Rahmen entweder in den Bergen oder am See, sodass nach intensiver Weiterbildung auch die Seele nicht zu kurz kommt. 3. Die neuesten Produkte der Industrie können nirgends so intensiv und persönlich vermittelt werden wie an einem Kongress.
Zu Ihrer chefärztlichen Tätigkeit am KSA kommen nun zusätzliche Verpflichtungen als Präsident der SGGG – wie sorgen Sie für eine gute Work-Life-Balance? Schär: Meine Basis ist eine bereichernde Familie. Sie ist mein Stolz und mein Ausgleich. Da und dort nehme ich mir Zeit für die sportliche Ertüchtigung. Sie hält meinen Körper fit und gibt mir die Gelegenheit, mit Freunden zusammenzukommen. Ich habe Freude am persönlichen Austausch mit Kollegen, Mitarbeitern und in meinem grossen privaten und beruflichen Netzwerk.
Besten Dank für das interessante Gespräch!
Das Gespräch führte Renate Weber.
Welche Neuerungen haben Sie für den Kongress 2014 geplant, der wieder in Interlaken stattfinden wird? Schär: Gerade in den letzten Jahren haben wir viele Neuerungen eingebracht. Der wissenschaftliche Beirat hat sich enorm ins Zeug gelegt, um den Informations- und Weiterbildungsgehalt zu steigern. Wir haben ein neues Konzept für die Präsentation der wissenschaftlichen Arbeiten durch
6 Gynäkologie SGGG 2013