Transkript
CongressSelection
Lipidmanagement heute und morgen
Wichtige Aspekte für die Praxis
Der Nutzen der LDL-C-Senkung mit Statinen ist sowohl für die Sekundär- als auch für die Primärprävention belegt. Dadurch könne das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse gesenkt werden, und das sogar bei Menschen mit einem niedrigeren Risiko, betonte Prof. Dr. Jean E. Deanfield einleitend. Inwieweit aber können wir einen noch grösseren Nutzen erzielen, wenn eine Kombinationstherapie eingesetzt wird? Und wie steht es um schwierige Patienten wie die chronisch Nierenkranken?
S tatine leisten einen wichtigen Beitrag zum Lipidmanagement, aber auch den damit behandelten Patienten bleibt ein Restrisiko, die definierten Ziele nicht zu erreichen. Zurückzuführen ist das auf eine suboptimale Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C), eine nicht optimale Beeinflussung weiterer Risikofaktoren sowie die letztlich nicht zu verändernden Faktoren. Schweizer Daten zufolge erreichen weniger als 40 Prozent der Risikopatienten einen LDL-Zielwert < 2,6 mmol/l, wie Prof. Dr. François Mach, Genf, zeigte. Wie kann man die Ziele erreichen? Wenn es darum geht, das LDL unter 2,5 mmol/l zu senken, schneiden in der EUROASPIRE-III-Studie die Briten sehr gut ab. Ihnen gelingt das bei fast zwei Dritteln der mit Lipidsenkern behandelten Patienten. Dieser Erfolg könnte nicht unwesentlich damit zusammenhängen, dass die Ärzte in Grossbritannien für das Erreichen ihrer Ziele bezahlt werden, zum anderen werden dort grosse Anstrengungen im Bereich der Patientenedukation unternommen. Statine allein oder in Kombination? Statine sind die erste Wahl, wenn es darum geht, die Lipide zu senken. Aber ein bis zwei Personen von zehn sprechen ungenügend darauf an. Neben Compliance, zugrunde liegender Diät, Dosis sowie begleitenden Medikamenten spielen ebenso genetisch determinierte Faktoren wie Mutationen des LDL-Rezeptorgens und die Rate der Cholesterinsynthese sowie der -absorption eine Rolle. So senkt beispielsweise eine Verdoppelung der Dosis das LDL nur um zusätzliche 6 Prozent – unter anderem deshalb, weil die Hemmung der Cholesterinsynthese durch Statine gleichzeitig dessen Absorption erhöht, und andersherum. Eine weitere Senkung des LDL-C-Wertes kann in diesen Fällen durch die zusätzliche Gabe von Ezetimib zur Hemmung der Absorption erzielt werden. Die Erhöhung der Statindosis wird zudem durch poten- zielle Nebenwirkungen limitiert. Unabhängig davon, welches Statin zum Einsatz kommt, ist mit einer Monotherapie eine maximale LDL-Cholesterin-Senkung von rund 55 Prozent zu erreichen. Bei Ausgangswerten bis zu 4 mmol/l ist das definierte Ziel von 1,8 mmol/l zumeist mit einer Statinmonotherapie erreichbar, so Mach, bei Werten ab 4 mmol/l bedarf es in der Regel einer Kombinationstherapie, um sowohl die Cholesterinsynthese als auch die Cholesterinabsorption zu unterbinden. Mit der zusätzlichen Gabe von Ezetimib ist aber auch hier das angestrebte Ziel für die meisten Patienten erreichbar. LDL-Senkung bei eingeschränkter Nierenfunktion Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion weisen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse auf. Dieses Risiko gilt es zu verkleinern, ist Prof. Dr. Colin Baigent, Oxford, überzeugt. Bei Patienten ohne Nierenerkrankung resultiert eine Senkung des LDL-C mit Statinen in einem niedrigeren Risiko für Herzinfarkte, ischämische Schlaganfälle sowie koronare Revaskularisationen. Aus der CTTCollaboration-Metaanalyse weiss man, dass die Reduktion des kardiovaskulären Risikos umso grösser ausfällt, je stärker das LDL-Cholesterin gesenkt werden kann. Das gilt selbst für Hochrisikopatienten mit niedrigen LDL-Werten. Auch diese konnten durch eine weitere Senkung ihres LDL-Wertes unter 2 mmol/l zusätzlich profitieren. Inwieweit das auch auf Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion zutrifft, ist noch unklar, da die Ergebnisse früherer Untersuchungen nicht schlüssig sind. Überdies ist die Situation schwierig zu beurteilen, weil diese Gruppe wegen Sicherheitsbedenken von den meisten Statinstudien im Vorfeld ausgeschlossen wurde. «Das waren die Eingangsvoraussetzungen für die SHARP-Studie; wir wussten, wir benötigen ein strenges Regime, um das LDL möglichst tief in einer Population senken zu können, die nicht unbedingt hohe Cholesterinwerte aufweist.» 18 Cardiology Update 2013 CongressSelection Was bringt die Lipidtherapie in Zukunft? Einen kleinen Ausblick in die Zukunft der Lipidtherapie wagte Prof. Dr. John P. Kastelein, Amsterdam, ein Feld, in dem sich aktuell sehr viel bewegt. Aber auch eines, in dem bereits sehr viel erreicht wurde, wie der Experte erinnerte. Durch den Einsatz der Statine konnte über die Jahre die Bedrohung hoher Cholesterinwerte in England erfolgreich reduziert werden. Damit einhergehend ist die Gesamtmortalität beeindruckend gesenkt worden; England ist das erste Land weltweit, in dem der Unterschied der Sterblichkeit zwischen Männern und Frauen kleiner wird. Dies ist für den Experten auf die Veränderungen im Bereich Atherosklerose und Koronarerkrankungen zurückzuführen. Besonderes Augenmerk auf zwei Substanzgruppen Auch wenn derzeit etliche Substanzen in verschiedenen Indikationen geprüft werden, gehen aktuell die grössten Erwartungen mit den PCSK9-Hemmern sowie den CETP-Hemmern einher. Die subkutane Injektion der monoklonalen PCSK9-Antikörper erzielt eine ausgeprägte Reduktion der LDL-Spiegel um 60 bis 70 Prozent und ist je nach Molekül alle zwei oder vier Wochen erforderlich. «Dieses Prinzip könnte in Zukunft LDL als Risikofaktor eliminieren», so Kastelein. Beide im Test befindlichen PCSK9Hemmer zielen auf die Sekundärprävention und müssen sich derzeit in Studien beweisen. Auch das Cholesterinestertransferprotein wird weiterhin als Ansatzpunkt zur Erhöhung des HDL-Cholesterins untersucht. Dank der beiden CETP-Hemmer Anacetrapib und Evacetrapib ruhen noch einmal neue Hoffnungen auf diesem Prinzip, welches nach den negativen Erfahrungen mit Torcetrapib schon fast verabschiedet war. Anacetrapib konnte in einer primär der Sicherheit dienenden Untersuchung eine vielversprechende LDL-Senkung um fast 40 Prozent und eine HDL-Erhöhung um knapp 140 Prozent zeigen. Seine Auswirkungen auf Koronartod, Herzinfarkt oder Revaskularisation werden in der REVEAL Studie mit 30 000 Patienten jetzt umfassend untersucht werden. «Die nächsten fünf Jahre werden den Beweis erbringen, ob eine ergänzende Senkung der Lipide zusätzlich zu Statinen wirksam ist und ob eine Erhöhung des HDL wirklich einen zusätzlichen Nutzen zeigen kann», schloss der Experte. SHARP: Schutz für Herz und Nieren? Durch die zusätzliche Gabe von Ezetimib sollten nun in der SHARP-Studie die potenziellen Nebenwirkungen der Statine minimiert werden. Eingeschlossen wurden 9270 Patienten ab 40 Jahren mit chronischer Nierenerkrankung, die entweder bei zwei Messungen ein erhöhtes Kreatinin (Männer ≥ 1,7 mg/dl und Frauen ≥ 1,5 mg/dl) aufwiesen oder dialysepflichtig waren – das waren eingangs 33 Prozent der Patienten. Im ersten Jahr gab es drei Arme: die einmal tägliche Kombination aus Ezetimib (10 mg) und Simvastatin (20 mg), das Statin allein oder Plazebo. Da sich keinerlei Sicherheitsbedenken ergaben, wurden die Patienten der Statingruppe danach auf die beiden anderen Gruppen verteilt: Nach 4,9 Jahren hatten 4650 Patienten die Kombination und 4620 Plazebo erhalten. Zu Beginn der Studie lagen knapp 40 Prozent mit ihrem LDLC-Wert < 3 mmol/l, 37 Prozent ≥ 4,5 mmol/l, wie Baigent ausführte. Wie sieht es mit der Sicherheit aus? «Nachdem unser Hauptanliegen eine möglichst grosse, sichere LDL-C-Senkung war, galt unser Augenmerk besonders der Sicherheit», betonte der Experte. Diesbezüglich fand sich kein relevanter Unterschied, es gab keinerlei Anhaltspunkte für ernsthafte Nebenwirkungen der Kombination aus Ezetimib und Simvastatin bei dieser gefährdeten Gruppe der chronisch Nierenerkrankten. Alles in allem konnte bei einer mittleren LDL-C-Senkung von 0,85 mmol/l eine signifikante Reduktion der grösseren atherosklerotischen Ereignisse um 17 Prozent erzielt werden. Um mögliche Auswirkungen auf die Mortalität zu erkennen, reiche jedoch die statistische Power nicht aus, schränkte der Experte ein. Nicht geschützt werden konnten die Patienten jedoch vor dem Fortschreiten der renalen Erkrankung. Die Ergebnisse entsprachen den Erwartungen aus Studien ohne Nierenpatienten. Quelle: «Managing Patients with Dyslipidemia: Clinical Considerations and Practical Approaches», Satellitensymposium von MSD, Cardiology Update in Davos, 12. Februar 2013. SAUBERES WASSER IST DER BESTE KINDERARZT AFRIKAS. Wünschen Sie sich zum Geburtstag sauberes Trinkwasser für Kinder in Afrika auf WWW.MEIN-WUNSCH.ORG 20 Cardiology Update 2013