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Kardiale Resynchronisation bei Herzinsuffizienz
Welche Patienten können
davon profitieren?
Die kardiale Resynchronisationstherapie konnte sich in den letzten Jahren als vielversprechende neue Option für Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz etablieren. Aber welche Patienten kommen für das Verfahren infrage? Welche Aspekte im Vorfeld bedacht werden sollten, beleuchtete PD Dr. David Hürlimann, Universitätsspital Zürich, im Gespräch.
W enn die medikamentösen Grundpfeiler der Herzinsuffizienztherapie nicht ausreichen, kann für ausgewählte Patienten mit symptomatischer
Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium II–IV) die kardiale Resyn-
chronisationstherapie (CRT) angezeigt sein. «Die Indika-
tionsstellung ist nicht immer ganz einfach», erläutert Hür-
limann: «Auf der einen Seite gibt es eine
Reihe von Patienten, die nicht oder nicht
ausreichend auf eine CRT ansprechen,
andererseits konnten wir die Erfahrung
machen, dass auch einige, die den aktu-
ellen Kriterien nicht vollumfänglich ent-
sprechen, davon profitieren können.»
Schätzungen zufolge werden aktuell we-
niger als die Hälfte der Patienten, für die
eine CRT infrage käme, tatsächlich ent-
David Hürlimann
sprechend versorgt.
Indikation gemäss Richtlinien
Basierend auf der Studienlage kommen für eine CRT Herzinsuffizienzpatienten im NYHA-Stadium III bis IV mit einem Sinusrhythmus und einer linksventrikulären Aus-
wurffraktion (LVEF) kleiner 35 Prozent infrage, die entweder einen Linksschenkelblock (LSB) > 120 ms aufweisen (Klasse-IA-Empfehlung) oder eine unspezifische QRS-Verbreiterung oder einen Rechtsschenkelblock über 150 ms (Klasse-IIA-Empfehlung). Für Patienten im NYHA-Stadium II gilt als Bedingung eine LVEF < 30 Prozent sowie ein LSB
Faustregel: LVEF < 35% + QRS > 120 ms = Evaluation für CRT
> 130 ms (Klasse-IA-Empfehlung), bei unspezifischem Block > 150 ms. Da diese Patienten aufgrund der eingeschränkten LVEF zudem eine Indikation für einen implantierbaren Cardioverter-Defibrillator (ICD) haben, kommen häufig kombinierte Geräte zum Einsatz (siehe auch Kasten). Der Einfachheit halber sollten alle Herzinsuffizienzpatienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion < 35 Prozent und einem verbreiterten QRS > 120 ms zur Evaluation vorgestellt werden, empfiehlt Hürlimann.
Auswurffraktion
NYHA-Klasse
Grafik: Hürlimann et al. Kardiovas.Medizin 2010
Abbildung 1: Verbesserung nach CRT
links vor CRT rechts nach CRT
Auch bei Vorhofflimmern möglich
Bis zu einem Drittel der Herzinsuffizienzpatienten leiden zusätzlich an einem Vorhofflimmern (VHF). Richtig gemacht, können auch sie von einer CRT profitieren. Bei ihnen liege die Herausforderung darin, eine ausreichende biventrikuläre Stimulationsrate zu erreichen, erläutert der Kardiologe. Denn eine solche Intervention ist nur dann sinnvoll, wenn der Schrittmacher zu mindestens 95 Prozent Verwendung findet. In der Regel wird bei VHF zusätzlich eine AV-Knotenablation gemacht, damit eine simultane Stimulierung erfolgen kann. In einigen Fällen gelingt auch eine medikamentöse Verlangsamung, die einen angemessenen Schrittmachereinsatz ermöglicht. Eine dritte Gruppe, für die eine CRT infrage kommt, sind Herzinsuffizienzpatienten mit Schrittmacher, denn jeder
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Schrittmacher induziert auch eine Dyssynchronie. Bei Patienten mit eingeschränkter Auswurffraktion, die einen Schrittmacher benötigen, kommt daher häufig ein biventrikuläres System zum Einsatz.
Erfolg nicht immer einfach messbar
Im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Therapie konnten Studien eine signifikante Abnahme der Gesamtmortalität sowie eine Senkung der herzinsuffizienzbedingten Hospitalisationen belegen. Rund 70 Prozent der Behandelten sprechen an und zeigen eine verbesserte funktionelle Kapazität (NYHA-Klasse, 6-Minuten-Gehtest oder Lebensqualität) oder/und eine Abnahme des linksventrikulären Volumens mit Zunahme der Auswurffraktion (Remodelling). Letzteres ist deutlicher, wenn keine ischämische Genese zugrunde liegt, da bei Narbenarealen nur ein eingeschränktes Remodelling möglich ist. Die klinische Verbesserung ist davon unabhängig vergleichbar. Manchmal ist «nur» eine subjektive Verbesserung ohne Korrelat im Echo zu bemerken. Aber auch eine alleinige Verbesserung der Lebensqualität beziehungsweise eine Stabilisierung darf als Erfolg gelten, schliesslich ist die Herzinsuffizienz eine progressive Erkrankung, bei der selbst Stillstand oder langsameres Fortschreiten positiv bewertet werden können, ist der Experte überzeugt.
Individuelle Beratung wichtig
Die Beratung der Patienten sei eine wichtige Aufgabe, für die man sich ausreichend Zeit nehmen müsse, betont Hürlimann. Keine Intervention ist ohne Risiko, es wird ein «Fremdkörper» implantiert, der eine gewisse Grösse hat, und zudem kann es über die Jahre durch mechanische Abnützung zu Elektrodenschäden kommen. Rund ein Viertel der Patienten gelten als sogenannte «Superresponder» (Auswurffraktion plus > 10%, Volumenabnahme > 20%), die dann eine viel bessere Prognose haben. Aber man
Abbildung 2: Echokardiografischer Nachweis für Dyssynchronie
App zum Training Schrittmacher/ICD/CRT
Möchten Sie Ihr Wissen im Bereich Devices auf die Probe stellen oder erweitern? Gemeinsam mit Jan Steffel hat David Hürlimann ein fallbasiertes Ausund Fortbildungsangebot im Bereich Schrittmacher/ICD/CRT entwickelt. Die Rhythmusexperten simulieren in ihrer App «Cardiac Device Challenge Pro» das Management diverser Devices verschiedener Hersteller im klinischen Alltag mit EKG, Deviceausdrucken, Röntgenbildern etc. Die App für iPhone und iPad ist via iTunes-App-Store erhältlich. Derzeit stehen 100 Fälle zur Verfügung, das Angebot soll bald erweitert werden.
muss auch wissen, dass 25 bis 30 Prozent Nonresponder sind, deren Zustand sich trotz CRT verschlechtern kann. Die Entscheidung ist immer individuell zu treffen, häufig ist es einen Versuch wert, so der Experte. Mit zunehmendem Alter bekommt die Erhöhung der Lebensqualität mehr Gewicht als die Vermeidung eines plötzlichen Herztodes, sodass mit höherem Alter gegebenenfalls auf die mit einem ICD kombinierten Geräte (sog. CRT-Schrittmacher) verzichtet werden kann. Diese Fragestellungen gilt es im Gespräch zu erörtern, um den Patienten eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.
Dyssynchronie bei Herzinsuffizienz
Nicht selten ist bei den Patienten mit
eingeschränkter Pumpfunktion die nor-
male Erregungsausbreitung gestört, bei
der über das His-Purkinje-System beide
Kammern praktisch simultan aktiviert
werden. Bei einem Linksschenkelblock,
wie bei etwa einem Drittel dieser Patien-
ten, oder einem normalen Schrittmacher
mit rechtsventrikulärem Pacing erfolgt
Rechtsatriale (1), linksatriale (2) und linksventrikuläre (3)
die Depolarisation vom anterioren Septum über den linken Ventrikel und erst zuletzt bis hin zu den inferioren und
Elektrode
lateralen Abschnitten. Die dadurch be-
dingte dyssynchrone Kontraktion der
Kammern ist weniger effizient und reduziert die linksventriku-
läre Auswurfleistung, die diastolische Füllung sowie die rechts-
ventrikuläre Funktion. Als Standard für die Quantifizierung der
Dyssynchronie hat sich die Echokardiografie etabliert, die sich
sowohl konventioneller Parameter als auch des Gewebe-Dopplers, des Speckle-Trackings (2D-Strain) sowie der 3D-Echokardiografie bedient (siehe Abbildung 2). Bei der kardialen Resynchronisationstherapie wird die Erregungsausbreitung durch eine biventrikuläre Stimulation wieder synchronisiert, die Auswurfleistung verbessert, und so können Symptome und gegebenenfalls auch Prognose der Betroffenen verbessert werden. Neben reinen Schrittmachersystemen mit biventrikulärem Schrittmacher und 3 Elektroden (CRT-P) gibt es auch die Kombination eines biventrikulären Schrittmachers mit einem ICD (CRT-D). Diese findet weitaus häufiger Verwendung, da die meisten Patienten auch eine ICD-Indikation haben. Die Lebensdauer der Geräte ist abhängig vom Einsatz: Ein Schrittmacher hält in der Regel rund 10 Jahre, ein ICD etwa 6 bis 8 Jahre, ein CRT-D muss über die ganze Zeit beide Elektroden stimulieren und hat daher mit 5 bis 6 Jahren die kürzeste Lebensdauer.
Abbildung aus Steffel et al. CARDIX 2013, Hrsg: T.F. Lüscher
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