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Akute Herzinsuffizienz – Neue Optionen lassen hoffen
Untertitel
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Ein internationales Board renommierter Experten gab am 20. Cardiology Update einen Überblick über die aktuellen Themen der Kardiologie und lud in verschiedenen Formaten zur Diskussion ein. Ein Schwerpunkt lag in diesem Jahr bei der Herzinsuffizienz, der aufgrund zunehmender Prävalenz und dank neuer Therapieoptionen eine besondere Bedeutung zukommt.
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Rubrik
Kardiologie - 20th Cardiology Update 10.-15. Februar 2013 in Davos
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6617
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Akute Herzinsuffizienz
Neue Optionen lassen hoffen

Ein internationales Board renommierter Experten gab am 20. Cardiology Update einen Überblick über die aktuellen Themen der Kardiologie und lud in verschiedenen Formaten zur Diskussion ein. Ein Schwerpunkt lag in diesem Jahr bei der Herzinsuffizienz, der aufgrund zunehmender Prävalenz und dank neuer Therapieoptionen eine besondere Bedeutung zukommt.

W ährend es in der Vergangenheit gelungen sei, dank erfolgreicher Interventionen die koronaren Todesfälle um die Hälfte zu reduzieren, habe sich die Zahl der Herzinsuffizienzpatienten fast verdreifacht, schilderte Prof. Dr. Frank Ruschitzka, Zürich, die Problematik. In der Schweiz gibt es heute 120 000 Patienten mit Herzinsuffizienz, alljährlich kommen über 20 000 Fälle hinzu. Die Gesamtmortalität ist hoch, nach einem Jahr liegt sie bei 10 Prozent, nach fünf Jahren bei 50 Prozent – schlechter als bei den meisten Krebspatienten. Die Herzinsuffizienz ist Ursache für 5 Prozent aller Spitaleinweisungen in der Schweiz, mehr als für alle Formen von Krebs zusammen. Die Zahl der damit in Zusammenhang stehenden Hospitalisationen hat sich seit 2000 verdreifacht, 78 Prozent der Patienten werden mehr als zweimal jährlich hospitalisiert. Damit sei die Herzinsuffizienz die teuerste Herzerkrankung in der Schweiz, unterstrich Ruschitzka.

Kasten:
Akutes Koronarsyndrom (ACS) versus akute Herzinsuffizienz (AHFS)

Inzidenz Mortalität • prähospital • im Spital • innerhalb von 60 bis
90 Tagen Therapieziele Klinische Studien

ACS 1 Million/Jahr
hoch 3–8%
2% klar definiert von Nutzen

ACC/AHA-Guidelines Quelle: nach Ponikowski

Level A

AHFS 1 Million/Jahr
? 3–4%
10% unklar wenige, kein Nutzen, Schaden minimal Level A/B, meist C

Deutliche Fortschritte
Kein Gebiet der Medizin hat eine so rasante Entwicklung genommen wie das der Herzinsuffizienz: Nachdem mit Digitalis und Diuretika nur eine symptomatische Therapie möglich gewesen ist, können heute nicht zuletzt dank ACE-Hemmern, Sartanen und Aldosteronantagonisten auch Morbidität und Mortalität der Betroffenen gesenkt werden. Ganz neue Optionen für die Therapie der akuten Herzinsuffizienz könnten zukünftig zwei Substanzen eröffnen, die sich derzeit noch in klinischer Prüfung befinden: Serelaxin und Ularitid. Dank der Fortschritte der letzten 25 Jahre ist die Herzinsuffizienz immer mehr auch in den Fokus der invasiv tätigen Kardiologen gerückt: Heute weiss man, dass Patienten mit schwerer symptomatischer Erkrankung von einer kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) profitieren. Aber obwohl die neuen Schrittmacher eine Klasse-IIndikation haben, werden in Europa zwei Drittel der Patienten, die dafür infrage kämen, immer noch nicht damit versorgt, so Ruschitzka. Aufschluss über Auswirkungen der CRT auf Mortalität und Morbidität der Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz soll die unter Zürcher Leitung stehende Echocardiography-Guided-Cardiac-Resynchronization-Therapy-Studie bringen, die weltweit grösste laufende Herzschrittmacherstudie und eine der wenigen Untersuchungen, die von der FDA unterstützt von Europa aus durchgeführt werden. Die 2012 veröffentlichten Guidelines der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen zudem für therapierefraktäre Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz erstmals ventrikuläre Assist-Devices (VAD) nicht nur als Überbrückung zur Transplantation, wie erfolgreich bei Dick Cheney eingesetzt, sondern für ausgewählte Patienten auch als definitive Therapie. Das Management der Herzinsuffizienzpatienten erfordert ein immer breiteres Wissen, um die Patienten in allen

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Stadien der Erkrankung adäquat betreuen zu können. Dieser Entwicklung trägt das neu gegründete Zentrum für Herzinsuffizienz am Universitätsspital Zürich Rechnung, das Ärzten eine genau darauf ausgerichtete Ausbildung ermöglichen soll, so Ruschitzka.

Frühe Therapie verbessert Chancen auch bei akuter Herzinsuffizienz
Die Verbesserungen der letzten Jahre in der Behandlung der Herzinsuffizienz betrafen in erster Linie Patienten mit chronischer Erkrankung, so Prof. Dr. Piotr Ponikowski, Warschau. Die akut dekompensierte Herzinsuffizienz stellt immer noch ein grosses Problem dar, sie rangiert weltweit mittlerweile auf Platz eins der Hospitalisationen. Die Betroffenen sind nicht nur akut einem hohen Risiko ausgesetzt, das Risiko besteht auch noch nach ihrer Entlassung (siehe Kasten). Eine Veränderung könnte nun Serelaxin mit sich bringen. Inwieweit das Peptidhormon, eine rekombinante Form des humanen Relaxin-2, das im Rahmen der Schwangerschaft hämodynamische und renale Veränderungen vermittelt (Erhöhung des kardialen Outputs, Minderung des systemischen Gefässwiderstands, Verbesserung des renalen Blutflusses und Erhöhung der Kreatininclearance), auch Patienten mit akuter Herzinsuffizienz zugutekommt, wurde in den Studien Pre-RELAX-AHF und RELAX-AHF untersucht. Serelaxin intravenös über 48 Stunden innerhalb von 16 Stunden nach Aufnahme konnte im Vergleich zu Plazebo den ersten Endpunkt, die Dyspnoe, anhaltend verbessern. Darüber hinaus profitierten die Patienten bereits im Spital hinsichtlich Anzeichen und Symptomen der akuten Herzinsuffizienz, einer dadurch verursachten Schädigung oder einer Verschlechterung ihrer Situation. «Zum ersten Mal in der Therapie der akuten Herzinsuffizienz ist es uns gelungen zu zeigen, dass Patienten mit einer frühen Intervention über nur 48 Stunden auch nach sechs Monaten noch profitieren. Wir beobachteten eine fast 40prozentige Abnahme der Mortalität nach 180 Tagen», unterstrich Ponikowski (HR 0,63; p = 0,028; NNT 29). Dass die Patienten etwas häufiger wieder rehospitalisiert wurden, könnte dadurch zu erklären sein, dass die Patienten aufgrund der symptomatischen Verbesserung relativ schneller aus dem Spital entlassen würden, mutmasst der Experte. Alles in allem war die Einnahme der Substanz sicher, ausser einigen hypotensiven Ereignissen lagen die Nebenwirkungen in einem ähnlichen Bereich wie mit Plazebo.

V.l.: Prof. Bertram Pitt, Prof. Thomas Lüscher, Prof. Frank Ruschitzka, Prof. Piotr Ponikowski, Prof. Stefan Anker, Prof. François Mach und Prof. John Camm (Foto: Clemens Güdel)
Ein Paradigmenwechsel in Sicht? Diese Erkenntnisse könnten zu einem Paradigmenwechsel und zu einer viel schnelleren Behandlung der akuten Herzinsuffizienz beitragen, mehr und mehr Daten weisen in diese Richtung. Auch die von Prof. Dr. Stefan Anker, Berlin, vorgestellte Studie könnte einen wichtigen Beitrag leisten. In der TRUE-AHF-Studie soll das Potenzial eines frühen Einsatzes von Ularitid bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz untersucht werden. Es ist die erste PhaseIII-Studie bei diesen Patienten, in der Forscher prospektiv belegen möchten, dass nicht nur kurzfristig die Symptome, sondern auch langfristig die kardiovaskuläre Mortalität (1. Endpunkt) positiv zu beeinflussen sind. Die multinationale Studie rekrutiert gerade Teilnehmer aus 190 Zentren in den USA, Kanada und Europa. Um die Patienten innerhalb der ersten Stunden nach Aufnahme im Spital behandeln zu können, arbeiten Kardiologen, Notfallmediziner und Herzinsuffizienzexperten Hand in Hand. Bisher wurde Ularitid, eine chemisch synthetisierte Form des humanen natriuretischen Peptids Urodilatin, bei schätzungsweise 7000 Patienten in Europa eingesetzt, bei etwa 5500 Patienten im Rahmen des sogenannten Compassionate Use, beim Rest innerhalb von klinischen Studien.
Quelle: Pressekonferenz im Rahmen des Cardiology Updates, 11. bis 15. Februar 2013 in Davos.

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