Transkript
CongressSelection
Oft vernachlässigen Beschäftigte in hautgefährdenden Berufen den Hautschutz. Häufig wird das Hautschutzprodukt nicht in ausreichender Menge aufgetragen. Ist Hautschutz überhaupt nachweislich präventiv wirksam? Darüber sprach Prof. Dr. Peter Elsner, Universitätsklinikum Jena, an der 94. Jahresversammlung der SGDV.
Risikofaktoren (atopische Disposition, Rauchen) und Schutzfaktoren (Hautschutz, Hautregeneration) beeinflussen die Entstehung beruflicher Kontaktekzeme. Erst nach mehrfachen, kurzzeitigen Schadstoffeinwirkungen auf die Haut (Irritanzien, Allergene) manifestiert sich schliesslich das Ekzem, nachdem die Abstände zwischen den einzelnen Schädigungen immer weniger zur Abheilung ausgereicht haben und durch Kumulation die klinische Ekzemschwelle erreicht worden ist.
Organisatorische Massnahmen Aufgabe der Prävention ist es also, die einzelnen Hautschädigungen möglichst gering zu halten und dafür zu sorgen, dass für die Abheilung genügend Zeit bleibt, damit es nicht zur Kumulation der Schäden kommen kann. Selbst einfache organisatorische Massnahmen helfen mit, berufliche irritative Kontaktekzeme zu verhindern, zum Beispiel indem das Haarewaschen in Coiffeurbetrieben auf mehrere Beschäftigte aufgeteilt statt von einer einzigen Person übernommen wird.
Ist Hautschutz nachweislich als Prävention wirksam? Zur präventiven Wirksamkeit verschiedener Interventionen in hautgefährdenden Berufen wurde im Juni 2010 ein CochraneReview publiziert (1). Die gesamte Literatur enthielt lediglich 21 veröffentlichte Studien zur Prävention des beruflichen irritativen Handekzems, darunter nur 4 randomisierte, kontrollierte, klinische Studien (RCT) mit insgesamt 894 Teilnehmern. Eine grosse RCT wurde mit 708 Arbeitern in der Druckindustrie durchge-
Berufliche Kontaktekzeme
Hautschutz in Aktion
führt. Die Arbeiter, die Hautschutzcremes verwendeten, entwickelten weniger häufig Ekzeme (40%) als Arbeiter, die keine Hautschutzcremes verwendeten (45%). Der Unterschied war aber nicht statistisch signifikant. Auch die anderen 3 Studien ergaben zwar einen positiven Einfluss des Hautschutzes, aber leider ohne statistische Signifikanz. Es handelte sich um 1 RCT mit 54 Metallarbeitern, 1 RCT mit 111 Reinigungspersonen sowie 1 RCT mit 20 Coiffeusen und 1 Coiffeur in Ausbildung, bei denen die Hautschutzcreme Excipial Protect®, die als aktiven Wirkstoff Aluminiumhydroxychlorid enthält, im Vergleich zur wirkstofffreien Creme in einem doppelblinden Cross-Over-Design während jeweils 2 Wochen getestet wurde (2). Weil die Autoren des Cochrane-Reviews trotz insgesamt positiver Ergebnisse keine RCT mit signifikanten Resultaten fanden, forderten sie die Durchführung grösserer, gut geplanter RCT, damit die Wirksamkeit der Präventionsmassnahmen bewiesen werden kann. Eine solche neue Studie, die von der Universität Erlangen durchgeführt wurde, wies nach, dass Hautschutz tatsächlich wirkt.
Hautschutzprogramm verbessert Hautzustand
Bevor die präventive Interventionsstudie startete, war die Ausgangssituation in 19 Fabriken bei insgesamt 1355 Metallarbeitern mittels Interview und dermatologischer Untersuchung der Hände evaluiert worden. Die Situation erwies sich als katastrophal. Mehr als die Hälfte (52%) der Arbeiter hatten bereits ein Handekzem (3). Weniger als ein Drittel (29%) befolgte den Hautschutzplan (Hautschutzcremes in Kombination mit befeuchtenden Pflegeprodukten). 28 Prozent kümmerten sich keinen Deut um Hautschutz.
In der prospektiven, randomisierten, kontrollierten Interventionsstudie wurden 1020 Metallarbeiter randomisiert 4 Gruppen zugewiesen (Hautpflege, Hautschutz, beides kombiniert, Kontrollgruppe ohne Intervention). Nach 12 Monaten ergab die Auswertung der wiederholten persönlichen Interviews und der Untersuchungen beider Hände (quantitativer Hautscore) von 800 Metallarbeitern, dass das Hautschutzprogramm (Hautschutz kombiniert mit Hautpflege) den Hautzustand signifikant verbesserte (4). Auch Hautschutz allein erreichte eine Verbesserung, während in der Kontrollgruppe eine signifikante Verschlechterung resultierte.
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Bauer A et al. Interventions for preventing occupational irritant hand dermatitis. Cochrane Database Syst Rev 2010, Jun 16. 2. Perrenoud D et al. Efficacy of a protective cream in a real-world apprentice hairdresser environment. Dermatologie in Beruf und Umwelt 2001; 49: 71–72. 3. Kütting B et al. Current acceptance and implementation of preventive strategies for occupational hand eczema in 1355 metalworkers in Germany. British Journal of Dermatology 2009; 161: 390–396. 4. Kütting B et al. Effectiveness of skin protection measures in prevention of occupational hand eczema: results of a prospective randomized controlled trial over a follow-up period of 1 year. British Journal of Dermatology 2010; 162: 362–370.
Quelle:
Thematischer Workshop 2: «Gestörte Hautbarriere und allergische Entzündung», unterstützt von Spirig Pharma, Galderma und Merz Pharma. Vortrag von Prof. Dr. Peter Elsner: «Hautirritation und Hautschutz». 94. Jahresversammlung der SGDV, Bern, 31. August 2012.
6 Dermatologie SGDV/EADV 2012