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Provokation, Thermoplastie, Biologika, Steroide, Klappen ...
Was tut sich in Diagnose und Behandlung von Asthma und COPD?
Interview mit Prof. Dr. Jörg D. Leuppi, Universitätsspital Basel
A RS MEDICI: Herr Prof. Leuppi, was waren Ihre Höhepunkte an der Jahrestagung der European Respiratory Society? Dazu fallen mir zunächst zwei Themen ein, bei denen ich auch selber involviert war. Zum einen ist dies das Management von COPD–Exazerbationen und zum anderen der Bereich der Provokationstests. Bekannt ist, dass Patienten mit einer COPD-Exazerbation von einer systemischen Steroidtherapie profitieren, sie erfahren in den ersten zwei Wochen eine klare Verbesserung ihrer Lungenfunktion und Lebensqualität im Vergleich zu Plazebo. Führt man die Therapie länger als zwei Monate durch, verkehrt sich dieser Effekt ins Gegenteil. Den grössten Benefit sah man in den ersten fünf bis sieben Tagen. Wir haben daher in der REDUCE-Studie untersucht, wie lange eine Steroidtherapie minimal dauern sollte – das hat so noch keiner gemacht. Alle Patienten erhielten während der Exazerbation für eine Woche Anitbiotika, unabhängig vom COPD-Stadium ein Kombipräparat sowie Tiotropium und entweder für 5 oder 14 Tage systemische Steroide. Unsere Non-Inferiority-Studie konnte zeigen, dass eine fünftägige Steroidgabe der längeren nicht unterlegen ist. Fünf Tage Kortison scheinen bei einer Exazerbation genügend zu sein. Ob das für alle Patienten gilt, müssen wir noch prüfen.
Was gibt es für aktuelle Entwicklungen in der Asthmatherapie? Eine aktuelle Entwicklung ist sicher, dass Tiotropium (Spiriva®) jetzt auch in der Asthmatherapie eingesetzt werden kann. Das Anticholinergikum ist eine gute Ergänzung zur bestehenden Behandlung mit inhalativen Steroiden und lang wirkenden Betamimetika und bei fortgeschrittenem Asthma eine gute Therapiealternative. Eine Session beschäftigte sich mit alternativen Behandlungen bei Asthma und COPD. Dort wurden amerikanische Erfahrungen mit der Thermoplastie bei unzureichend kontrolliertem Asthma mit neutrophilem Phänotyp vorgestellt. Bei diesem Verfahren appliziert man Wärme und «verkocht» bronchoskopisch einen Teil der glatten Muskulatur. Zumindest symptomatisch geben die Patienten darunter eine Besserung an, das Verfahren ist FDA-aner-
kannt und scheint mir gegebenenfalls eine Option für ein chronifiziertes, schweres Asthma zu sein. Aber in der Schweiz gibt es eine gewisse Skepsis, hier macht das meines Wissen noch niemand. Last but not least sollen neue Devices dazu beitragen, altbekannte Substanzen weit in die Bronchien hinein und so noch besser ans Ziel zu bringen.
... und bei der COPD? Vielversprechende Kombinationspartner für Tiotropium und Indacaterol (Onbrez®) könnten neue Substanzen wie Olodaterol und Glycopyrronium werden. Eine alte Substanz ist ebenfalls zu erwähnen, diskutiert wurde hier auch über das Theophyllin. Bei steroidresistentem Asthma beziehungsweise steroidresistenter COPD konnte dadurch die Steroidempfindlichkeit verbessert werden, und bei Patienten mit diesbezüglichen Problemen kann sich ein Versuch mit niedrigdosiertem Theophyllin lohnen – bei zu hoher Dosierung können unangenehme Nebenwirkungen auftreten.
Es gibt neue ATS/ERS-Empfehlun-
gen zum Thema Bronchoprovoka-
tionstests? Was gibt es Neues?
Wir sind seit drei Jahren daran,
diese Richtlinien zu überarbeiten.
Das bisher Erreichte wurde nun
Dr. Jörg D. Leuppi
hier am Kongress vorgestellt.
Beim pharmakologischen Metha-
cholintest hat man das Prozedere etwas vereinfacht. Neu
sollen nur noch zwei Protokolle empfohlen und damit die
Vergleichbarkeit erleichtert werden. Es gibt nur wenige zu-
gelassene Methacholinsubstanzen, meist stellen die Spi-
talapotheker das Methacholin selber her. Die Kosten für
Methacholin sind zu vernachlässigen, dafür braucht es
aber entsprechende Geräte, um es applizieren zu können.
Demgegenüber gibt es beim Mannitoltest, den ich vorstel-
len durfte, nur ein Protokoll, die Vergleichbarkeit ist gut,
die Substanz ist zugelassen, der Test ist von FDA, EMA so-
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wie Swissmedic anerkannt – es braucht keine zusätzlichen Apparaturen, dafür ist die Substanz etwas teurer. Man muss sich daher im Vorfeld überlegen, was man mit einem Test erreichen möchte: Soll ein Asthma ausgeschlossen oder gesucht werden? Und je nachdem auswählen: Der Methacholintest hat eine hohe Sensitivität und ist eher ein Ausschlusstest, der indirekte Mannitoltest hingegen ist beweisend und dient eher dazu, ein Asthma zu finden.
So funktioniert der Mannitoltest
Der in Australien entwickelte Mannitoltest basiert auf dem Zuckeralkohol Mannitol. Mit der Inhalation des Pulvers in steigenden Dosen wird die Osmolarität in den Bronchien erhöht und eine minimale Flüssigkeitsverschiebung induziert. Diese osmotische Differenz führt zur Freisetzung vom Entzündungsmediatoren: Bei einer Entzündung reagieren die Betroffenen auf diesen Reiz mit einem Bronchospasmus und einem Abfall der Lungenfunktion von 25 Prozent. Ohne Entzündung bleibt die Reaktion aus.
Bei den spezifischen Provokationstests wie etwa der Testung gegen Hausstaubmilben ist es von besonderer Bedeutung, dass diese Testung nur in Zentren durch sehr erfahrene Hände erfolgt, da es zu sehr ausgeprägten Reaktionen kommen kann.
Welche Rolle wird den Biologika bei der Behandlung des Asthmas zuteil? Eine englische Studie konnte zeigen, dass der gegen Interleukin 5 gerichtete Antikörper Mepolizumab insbesondere beim eosinophilen Asthma einen guten Effekt zu haben scheint. Da gab es gute Daten, und in den USA ist die Zulassung beantragt. Bereits zugelassen ist der IgE-Antikörper Omalizumab (Xolair®) für ein allergisches Asthma oder eine perineale Allergie. Bei der richtigen Patientenselektion haben wir damit gute Erfahrungen gemacht, insbesondere hinsichtlich der Lebensqualität.
Gibt es neue aussichtsreiche Entwicklungen – sei es bei Asthma oder COPD –, die man sich schon einmal merken sollte? Bei der COPD gibt es einen mechanischen Ansatz, Klappen, die man einsetzen kann, bevor man eine Emphysemchirugie oder eine Lungentransplantation durchführt. Es bedarf einer sehr guten Patientenselektion. Ausserdem kommen von verschiedenen Firmen neue Medikamente mit bewährten Wirkmechanismen, neue Betamimetika, neue Anticholinergika, die dann auch noch in Kombinationen zum Einsatz kommen werden.
Lange spielten die lang wirksamen Beta-2-Agonisten in der COPD-Therapie eine Hauptrolle, müssen sie sich diesen Platz nun mit (lang wirksamen) Anticholinergika teilen? Oder werden sie in Zukunft verstärkt gemeinsam eingesetzt werden?
Ich glaube, dass lang wirksame Anticholinergika zunehmend an Bedeutung gewinnen und aufgrund ihrer Wirksamkeit früh eingesetzt werden, da sie Exazerbationen stärker reduzieren können. Ist die Wirkung unzureichend, ist die optimale Medikation dann die Kombination aus beidem.
COPD und Exazerbationen: Welche Rolle kommt den Exazerbationen im Krankheitsverlauf zu? Und was sind die wesentlichen Aspekte zur Prävention von Exazerbationen? Die neuen Guidelines sprechen weniger über die Schweregrade der COPD, sondern mehr über die Symptomatik, es geht um mehr oder weniger Atemnot, Husten, Exazerbationen. Die Anzahl der Exazerbationen ist ein wichtiger prognostischer Faktor, sie haben einen wesentlichen Anteil an der Mortalität von Patienten mit schwerer COPD. Daher ist es zunehmend das Ziel, Exazerbationen zu reduzieren oder zu vermeiden. Ein wichtiger Aspekt hinsichtlich Prävention sind Impfungen wie die Grippe- oder gegebenenfalls die Pneumokokkenimpfung. Ein weiterer Aspekt ist der Einsatz von Bronchodilatatoren und/oder inhalativen Steroiden je nach Exazerbationshäufigkeit. Patienten mit Exazerbationen, die (noch) keine inhalativen Steroide haben, können von Bakterienextrakten wie Bronchovaxom® oder von N-Acetylcystein profitieren.
Gibt es Neuigkeiten bei der Behandlung der pulmonalen Hypertonie und der Lungenfibrose? Bislang gibt es bei der idiopathischen Lungenfibrose nicht viele Optionen. Ein interessantes Medikament könnte daher Pirfenidon (Esbriet®) sein, obwohl der Mechanismus noch nicht vollständig klar ist. Es scheint die Symptomatik zu reduzieren und ist von der EMA in der EU für die Behandlung der leichten bis mittelschweren idiopathischen Lungenfibrose zugelassen. Bei der Behandlung der pulmonalen Hypertonie gibt es keine neuen Substanzen. Wir setzen nach wie vor auf die bewährten Wirkstoffe Bosentan (Tracleer®), Sildenafil (Revatio®) und Iloprost (Ventavis®). Eine Kombination kann sich zusätzlich positiv auswirken.
Gibt es ein Fazit für den Alltag in der ärztlichen Praxis? Mein Fazit ist allgemeingültig: Es braucht gute Diagnostiker. Es gilt, die Krankheit zu suchen, zu erkennen und guidelinekonform zu behandeln, das heisst, beim Asthma an die kombinierte Behandlung mit inhalativen Steroiden und Betamimetika zu denken. Bei der COPD ist wahrscheinlich die Kombination der Bronchodilatatoren am effektivsten.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Das Gespräch führte Dr. med. Christine Mücke.
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