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Arthrose, noch eine unheilbare degenerative Erkrankung
Doch das könnte sich ändern
Die Rheumaliga Schweiz geht davon aus, dass im Land rund 200 000 Menschen mit einer Arthrose leben, die mit Gelenkbeschwerden bis hin zu starken Schmerzen und erheblichen Funktionseinschränkungen einhergeht. Eine genetische Prädisposition, Fehlstellungen, Überbelastungen und Verletzungen des Gelenks begünstigen die Arthroseentstehung. Von zunehmender Bedeutung ist das Übergewicht: Australische Daten (2004) konnten zeigen, dass bei Personen in der oberen BMI-Quartile (> 30 kg/m2) das Risiko für eine Gonarthrose 20-fach erhöht ist. Vor diesem Hintergrund sind innovative Strategien gefragt. Professor Dr. Stephan Gadola, Southampton, präsentierte beim Jahreskongress der SGR 2012 vielversprechende Entwicklungen auf dem Gebiet der Arthrose.
T ierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass die Induktion einer Arthrose im Mausmodell bei älteren Tieren zu massiveren arthrotischen Veränderungen führt als bei jüngeren. Dies war mit einer unterschiedlichen Genexpression assoziiert: Bei älteren Tieren liess sich eine vermehrte Expression von Genen feststellen, die für Matrixabbauende Enzyme und Chemokine kodieren. Weiterhin konnte man mit dem ELISA-Test und immunhistochemisch eine Komplementerhöhung in arthrotisch veränderten Gelenken nachweisen. Da die Blockade einer bestimmten Komplementkomponente die Arthroseentwicklung bei Mäusen verhinderte, wird eine Schlüsselrolle des Komplements in der Arthroseentstehung angenommen.
Vom gesunden Gelenk zum Gelenk mit Arthrose
Es ist bekannt, dass das Parathormon in Chrondrozyten die Matrixsynthese induziert und die Reifung von Chondrozyten über den Typ-1-Parathormonrezeptor (PTHR1) unterdrücken kann, so der Experte. Seine weitere Überlegung: Könnte das rekombinante PTH-Fragment Teriparatid die abnormale Chondrozytenreifung und die damit in Verbindung stehende Knorpeldegeneration hemmen? Experimentell konnte die sofortige Behandlung einer Meniskus/Ligament-Schädigung mit Teriparatid vor der Knorpeldegeneration schützen. Eine 8 Wochen nach der Verletzung einsetzende Gabe von Teriparatid induzierte regenerative Prozesse im Knorpel, mit vermehrter Proteoglykan-4-Expression. Wäre demnach Teriparatid eine Option in der Sportmedizin? Diese Frage muss durch weitere Studien beantwortet werden.
Aus der unangemessenen Differenzierung von Chondrozyten resultiert eine endochondrale Verknöcherung, mit Bildung von Osteophyten. Die Entdeckung der Rolle des Hedgehog-(Hh-)Signalwegs, der bei Patienten mit Arthrose reaktiviert wird, könnte interessante therapeutische Ansatzpunkte bieten, erklärte Prof. Gadola.
Osteophytenbildung verhindern
Über eine Modulierung der Hh-Signaltransduktion kann im Tiermodell der Schweregrad der Arthrose verringert werden. Als Signalmolekül fungiert Smoothened (Smo), das durch Bindung an den entsprechenden Rezeptor die Chondrozytenhypertrophie begünstigt, die schliesslich zur Osteophytenbildung führt. Als Hemmer von SMO wurde das «small molecule» LDE223 untersucht, das bei Mäusen die Osteophytenbildung unterbinden konnte. Allerdings beeinflusste die Hh-Hemmung weder die Entzündung noch die Knochenerosion, sagte Prof. Gadola. Künftig könnten mit drei neuartigen therapeutischen Ansätzen Fortschritte in der Behandlung der Arthrose erzielt werden: • Verhinderung des Knorpelverlusts, beispielsweise mit
Biologika, die gegen Komplementfaktoren gerichtet sind • Verhinderung der Osteophytenbildung durch Hh-Inhibitoren • Regeneration des Knorpels durch PTH beziehungsweise das rekombinante Teriparatid.
Renate Weber
Quelle: Plenarsitzung «Highlights in basic science», Stephan Gadola, Southhampton. Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie, Jahreskongress 2012, 19. bis 21. September in Genf.
SGR 2012 Rheumatologie 13