Transkript
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Mitmachen, zum Wohl der Patienten
Swiss Clinical Quality Management (SCQM) bei rheumatoider Arthritis
Bei chronisch progredienten rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis (RA) sind die Möglichkeiten der medikamentösen Therapie unverändert limitiert, auch wenn die Biologika zu klaren Verbesserungen geführt haben. Um das Outcome weiter zu optimieren, wurde untersucht, wie sich modifizierbare Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Alkoholkonsum auf die radiologische Progression der RA auswirken. PD Dr. Axel Finckh, Universitätsspital Genf, präsentierte am Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie eine Auswertung von Langzeitdaten des SCQM-RA-Registers.
In der Hierarchie der Evidenz stehen Metaanalysen randomisierter, kontrollierter Studien (RCT) und RCT ganz oben, gefolgt von Kohortenstudien. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Wirksamkeit eines Medikaments führt kein Weg an Randomisierung und Kontrollgruppe (RCT) vorbei. Wenn jedoch andere Fragestellungen im Vordergrund stehen, können Kohortenstudien wegweisend sein. Dr. Finckh zählte ihre entscheidenden Stärken auf: • sie schliessen üblicherweise wesentlich grössere Pa-
tientenzahlen ein und verfügen über eine stärkere Power, um seltene Ereignisse aufzudecken • sie haben das Potenzial, mehrere Outcomes zu untersuchen • sie eignen sich für ein Langzeit-Follow-up • sie eignen sich, um komplexe Situationen zu erfassen. Besonders wichtig, so Dr. Finckh, ist die Tatsache, dass die Resultate von Kohortenstudien verallgemeinert werden können, da sie die Situation im klinischen Alltag widerspiegeln. Die SCQM-RA-Kohorte umfasst Daten von real existierenden Patienten, die in Privatpraxen (ca. 50%), universitären Rheumakliniken (ca. 25%) und nicht universitären Rheumazentren (ca. 25%) betreut werden. Eine kürzlich durchgeführte Analyse sollte zeigen, wie sich modifizierbare Risikofaktoren (Rauchen, Alkoholkonsum und Übergewicht) auf die radiologische Progression der RA auswirken.
Progression der RA unabhängig vom Raucherstatus
Ausgehend von der Hypothese, dass Rauchen mit einer ausgeprägteren Krankheitsprogression der RA assoziiert ist, wurde der Krankheitsverlauf von Rauchern und Nichtrauchern verglichen. Unerwarteterweise zeigte sich kein
Unterschied – ganz im Gegenteil: starke Raucher hatten eine geringere radiologische Progression als Nichtraucher und moderate Raucher. Die Vermutung: Nikotin könnte entzündungshemmend wirken. Angesichts der mit dem Rauchen verbundenen bekannten Gesundheitsrisiken muss der Effekt auf den Verlauf der RA als marginal angesehen werden.
Axel Finckh
Alkohol und RA-Progression
Die RA-Verläufe von Patienten mit gelegentlichem, täglichem moderatem und täglich mehrfachem Alkoholkonsum konnten mit den Befunden bei abstinenten Patienten verglichen werden. Bei gelegentlichem und täglichem gemässigtem Alkoholkonsum zeichnete sich ein Trend zu verminderter radiologischer Progression ab. Ein signifikanter protektiver Effekt bestand bei männlichen RA-Patienten. Ähnlich wie in der kardiovaskulären Medizin scheint auch hier zu gelten: mässig, aber regelmässig.
SCQM-Foundation – im Interesse der Qualitätsoptimierung bei rheumatischen Erkrankungen
Hinter dem Swiss Clinical Quality Management, einer Stiftung, steht die Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie. Die SCQM-Foundation betreibt eine Forschungsplattform für Langzeitstudien im Bereich entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Weltweit einzigartig führt sie eine Langzeitröntgendokumentation und ein Rückmeldesystem, welches ärztliche Therapieentscheidungen unterstützt. www.scqm.ch
SGR 2012 Rheumatologie
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Radiologische Progression und BMI
Da bekannt ist, dass bei Personen mit starkem Übergewicht vermehrt proinflammatorische Mediatoren ausgeschüttet werden, wurde die Hypothese untersucht, ob RA-Patienten mit einem BMI > 30 kg/m2 einen ungünstigeren Verlauf der RA aufweisen. Bei Patienten mit starkem Übergewicht konnte man eine erhöhte Krankheitsaktivität und eine erhöhte funktionelle Beeinträchtigung beobachten. Ein rascheres Fortschreiten der Gelenkzerstörung hingegen war nicht objektivierbar. Bei Patienten mit Untergewicht oder rheumatischer Kachexie besteht häufig eine schwer kontrollierbare Entzündung, die mit stärkeren erosiven Veränderungen einhergeht.
Ultraschall nicht unterschätzen
Abschliessend wies Dr. Finckh darauf hin, dass mehr als ein Drittel der RA-Patienten in klinischer Remission (gemäss DAS- bzw. ACR/EULAR-Kriterien) im Ultraschall Zeichen einer Synovitis zeigen. Das muss als Hinweis interpretiert werden, dass die klinische Klassifizierung mit den gängigen Tools inadäquat ist.
Renate Weber
Quelle: Plenarsitzung «Inflammatory Diseases», Axel Finckh, Genf, Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie, Jahreskongress 2012, 19. bis
21. September in Genf.
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