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Kongressnotizen
Herzinfarkt? Kein Grund zur Lebensstiländerung...
Selbst nach dem akut notwendigen Einsetzen eines Stents (PCI) ändert gut die Hälfte der Patienten den Lebensstil nicht. Diese ernüchternde Bilanz zog Prof. Joep Perk, Kalmar/Schweden, aus der SPICI-Studie. Per Fragebogen hatte man 1800 schwedische Patienten nach einer akuten PCI befragt, wie sie es nun mit dem Rauchen, der körperlichen Aktivität und der gesunden Ernährung im Alltag halten. Der Rücklauf war mit 1073 Ant-
worten sehr gut, das Resultat indes eher enttäuschend. Mit dem Rauchen hatte nur jeder Zweite aufgehört, knapp die Hälfte der Probanden schaffte es, sich jeden Tag mindestens eine halbe Stunde lang mit moderater Anstrengung zu bewegen, und mit der gesunden Ernährung sah es auch nicht viel besser aus: Nur jeder Zweite gab an (!), sich gesund zu ernähren. Den Grund für die mangelnde Bereitschaft zur Lebensstiländerung sah Perk in der Ein-
stellung der Patienten, nach dem Eingriff
«geheilt» zu sein. Künftig müsse man in der
Beratung nach einer PCI darauf achten,
dem Patienten klarzumachen, dass ein
Stent keine «Heilung» sei, sondern die Risi-
ken nach wie vor bestehen und er diese
letztlich nur mit einer Änderung der Lebens-
gewohnheiten mindern könne.
RBO
Pressekonferenz «Life after PCI and TAVI», ESC Kongress München, 28. August 2012
Riskant: Rauchen nach dem Schlaganfall
W er nach einem Schlaganfall weiterhin raucht, erhöht sein Todesrisiko um das Dreifache, berichtete Prof. Furio Colivicchi, Rom. Mit seinem Team verfolgte er die Geschichte von 921 Schlaganfallpatienten, die zuvor starke Raucher gewesen waren. Man ermunterte sie, nach der rauchfreien Zwangspause im Spital nicht mehr damit anzufangen, irgendwelche Hilfen wie beispielsweise Nikotinpflaster wurden ihnen jedoch ebensowenig angeboten wie ein Rauchstopp-Programm nach dem Spital. Nach einem Jahr rauchte wieder jeder
zweite Patient (53%), wobei die Rückfallquote bei den älteren Personen und bei den Frauen besonders hoch war. Innert eines Jahres starben 89 Patienten, was
einer durchschnittlichen 1-Jahres-Wahr-
scheinlichkeit von 9,6 Prozent entspricht.
Für die Raucher war das Risiko dreimal
so hoch, ausserdem zeigte sich, dass es
steil anstieg, je früher sie mit dem Rau-
chen wieder angefangen hatten: Bei den-
jenigen, die mit dem Rauchen innerhalb
von 10 Tagen nach der Entlassung aus
dem Spital wieder angefangen hatten, sei
es gar fünfmal so hoch gewesen, sagte
Colivicchi.
RBO
Pressekonferenz «Life after PCI and TAVI», ESC Kongress München, 28. August 2012
Clopidogrel-Sensitivität testen ist vorteilhaft
Nach einer PCI erfolgt standardmässig die duale Plättchenhemmung, meist mit ASS plus Clopidgrel. Man weiss, dass etwa jeder vierte Patient ein «Non-Responder» bezüglich Clopidogrel ist, getestet wird dies in der Regel aber nicht. Dies könnte sich künftig ändern, denn Dr. Jolanta Siller-Matula, Wien, stellte am ESC die Studie MADONNA vor. Sie belegt, dass der Test, ob der Patient ein Clopidogrel-Responder ist oder nicht, mach-
bar und preiswert ist: «Man benötigt dafür eine Blutprobe, und es braucht 10 Minuten bis zum Ergebnis», so Siller-Matula. Würde man eine solchermassen individualisierte Plättchenhemmung anwenden, statt einfach nur neue, teurere Plättchenhemmer zu nehmen, könne man rund 410 Euro pro Patient sparen. In der MADONNA-Studie (Multiple electrode aggregometry in patients receiving dual antiplatelet therapy to guide treatment with novel platelet antagonists) wurden 798 Patienten in zwei Gruppen randomisiert. Bei allen Patienten wurde ein Plättchentest mittels Vollblut-Aggregometrie durchgefüht (MEA). In der sogenannten «geführten» Gruppe wurden die Clopidogrel-Non-Responder (26%) mit einer vierfach höheren Clopidogrel-Dosis behandelt, beziehungsweise mit Prasu-
grel, welches im Lauf der Studie verfüg-
bar wurde. In der «nicht geführten»
Gruppe wurden alle Patienten gleich be-
handelt, nämlich standardmässig mit Clo-
pidogrel (plus ASS in beiden Gruppen);
auch hier waren ein Viertel der Patienten
Clopidogrel-Non-Responder.
In der «nicht geführten» Gruppe war das
Risiko für eine Stentthrombose rund acht-
mal höher als in der «geführten» (1,9%
vs. 0,2%). Akute Koronarsyndrome kamen
in der geführten Gruppe gar nicht vor ge-
genüber 2,5 Prozent in der nicht geführ-
ten. Es gab keinen Unterschied hinsicht-
lich kardialer Mortalität oder grösserer
Blutungen.
RBO
Pressekonferenz «Prevention and outcome after cardiac ischemia», ESC Kongress München, 28. August 2012
2 Kardiologie ESC 2012