Transkript
CongressSelection
10 Jahre TAVI
Aortenklappenersatz per Katheter
Vor mittlerweile 10 Jahren wurde dem ersten Patienten eine neue Aortenklappe mittels Katheter und nicht in einer Operation am offenen Herzen eingesetzt. Am ESC zog man Bilanz und diskutierte, inwiefern die TAVI-Indikation auf weitere Patientengruppen ausgedehnt werden könnte. Die ESC hat in ihren neuen Guidelines bereits Empfehlungen dafür formuliert.
B is anhin wurden weltweit zirka 50 000 Patienten mittels Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) behandelt. Die längste Follow-up-Dauer beträgt knapp sieben Jahre. Ob man die TAVI, einst für inoperable Hochrisiko-Patienten entwickelt, nun auch für Patienten empfehlen sollte, die konventionell operiert werden könnten, wird kontrovers diskutiert.
Neue ESC-Empfehlungen
In den neuen Guidelines der ESC zu Herzklappenerkrankungen wird die TAVI nicht mehr nur für inoperable Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenstenose empfohlen, sondern auch für Hochrisiko-Patienten, die man prinzipiell zwar operieren könnte, aufgrund des individuellen Risikoprofils und der anatomischen Gegebenheiten jedoch davon absehen möchte.
Operation und TAVI im Vergleich
Das bis anhin weltweit einzige Register zum Vergleich beider Methoden wird seit Juli 2010 in Deutschland geführt, wo der Gebrauch der TAVI stark angestiegen ist. Mittlerweile sind im Register GARY (German Aortiv Valve Registry) gut 26000 Patienten erfasst, rund ein Viertel von ihnen wurde mit TAVI behandelt, berichtete Prof. Friedrich Mohr, Leipzig, an einer Pressekonferenz. 85 Prozent der TAVI-Patienten waren älter als 75 Jahre, und sie hatten ein höheres präoperatives Mortalitätsrisiko als die konventionell behandelten. Im Jahr 2011 wurden in Deutschland 13860 Aortenklappenpatienten in GARY erfasst, berichtete Professor Christian Hamm, Bad Nauheim, der an einer Hot-Line-Session eine detaillierte Auswertung der Registerdaten präsentierte. Operiert wurden 6253 ohne und 3462 mit Bypass. Bei 2694 Patienten wurde die TAVI transfemoral, bei 1181 transapikal durchgeführt (s. Kasten). Wie erwähnt, sind TAVI-Patienten in der Regel älter: Das Durchschnittsalter der konventionell behandelten Patienten betrug 68,3 Jahre, bei den TAVI-Patienten waren es 80 Jahre. Von den operierten Patienten starben 2,1 Prozent (ohne Bypass) beziehungsweise 5,1 Prozent (mit Bypass), bei
So funktioniert TAVI
Bei der Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) wird die alte Herzklappe, anders als bei der Operation, nicht entfernt. Die neue Klappe befindet sich in einem Metallgeflecht, welches sich in der Aortenwand verhakt. Die Ersatzklappe «verdrängt» dabei die alte, defekte Klappe und drückt diese beiseite. Meist wird der Katheter wie bei einer Stentimplantation über die Leistenarterie eingeführt (transfemoral; s.Abb.). Falls das nicht möglich ist, wird der Katheter durch die Herzspitze (transapikal) eingeführt; hierfür erfolgt ein zirka 5 Zentimeter langer Schnitt durch die Haut im Bereich der Herzspitze (Abb.: Edwards Lifesciences).
den TAVI-Patienten waren es 5,1 Prozent (transfemoral) und 7,7 Prozent (transapikal). Zerebrovaskuläre Ereignisse traten bei 2,2 Prozent der operierten und 3,7 beziehungsweise 3,5 Prozent der TAVI-Patienten auf (transfemoral/-apikal). Vaskuläre Komplikationen gab es bei 11,9 Prozent der transfemoralen TAVI-Patienten (2,5% bei transapikaler TAVI) und bei 1 Prozent der operierten Patienten. Ob TAVI auch für Patienten mit einem mittleren präoperativen Risiko sinnvoll sein könnte, wird zurzeit in den Studien SURTAVI und PARTNERS-2 untersucht. Neben Sicherheitsfragen bezüglich Schlaganfallrisiko und vaskulären Komplikationen ist noch offen, ob die via Katheter gesetzten Aortenklappen bei der postoperativen Aortenregurgitation genauso gut abschneiden wie die Chirurgie. Auch wie es mit der Langlebigkeit der neuen Aortenklappen aussieht, wird sich erst in einigen Jahren zeigen.
Renate Bonifer
Hot Line Session II: «Late Breaking Trials on Interventions» sowie Pressekonferenzen am ESC Kongress München, 27. und 28. August 2012
ESC 2012 Kardiologie
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