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Abirateronacetat stellt eine wichtige Option in der Zweitlinientherapie des metastasierenden kastrationsresistenten Prostatakarzinoms dar (mCRPC). Durch Senkung des Testosteronspiegels auf nicht nachweisbare Werte kommt es zu einer signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit.
Kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Abirateronacetat: neuer hochwirksamer Androgensynthesehemmer
S eit Ende 2011 ist Abirateronacetat (ZYTIGA®) in der Schweiz zur Behandlung des metastasierenden kastrationsresistenten Prostatakarzinoms zugelassen. «Voraussetzung für den Einsatz ist eine unzureichende Wirksamkeit von Docitaxel», hob PD Dr. Maria De Santis, Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien, hervor. Kastrationsresistente Prostatakarzinome reagierten immer noch empfindlich auf Androgene, so Professor Göran Ahlgren, Universitätshospital Malmö. «Selbst geringste Androgenmengen, die in der Nebennierenrinde oder den Tumorzellen selbst produziert werden, können ein neuerliches Tumorwachstum auslösen.» Abirateronacetat kann dies verhindern oder zumindest verlangsamen.
Studien belegen Wirksamkeit von Abirateronacetat
Die Zulassung beruhte auf der randomisierten, plazebokontrollierten Phase-IIIMultizenterstudie COU-AA-301. Teilgenommen hatten 1195 Patienten mit einem mCRPC, bei denen eine Docetaxel-Erstlinientherapie versagt hatte. In der Abirateronacetatgruppe kam es im Vergleich zur Plazebogruppe zu einer signifikanten Verlängerung des Gesamtüberlebens (14,8 vs. 10,9 Monate). Auch für alle sekundären Studienendpunkte (Zeit bis zur Progression [10,2 vs. 6,6 Monate], progressionsfreies Überleben [5,6 vs. 3,6 Monate], PSAResponse > 50% [29% vs. 6%]) ergab sich ein statistisch signifikanter Vorteil zugunsten von Abirateronacetat. Das Nebenwirkungsprofil ist insgesamt günstig. Abirateronacetat erhöht den Mineralkortikoidspiegel, was mit entsprechenden Nebenwirkungen einhergeht. So wurden Flüssigkeitsretention bei 30 Prozent, Hypokaliämie bei 17 Prozent und kar-
diale Ereignisse bei 13 Prozent der Patienten dokumentiert. Zurzeit laufen zwei weitere Studien – COUAA-302 und PEACE-1 –, die die gute Wirksamkeit von Abirateronacetat bestätigen sollen, so Professor Karim Fizazi, Leiter der Abteilung für medizinische Onkologie am Institut Gustave-Roussy, Villejuif, Frankreich. Die ersten Ergebnisse seien positiv. Die Patienten profitieren von der Therapie, so Fizazi – einerseits im Sinne von signifikant längerem Überleben, aber auch von verbesserter Lebensqualität.
Wirkungsmechanismus
Im Körper wird Abirateronacetat zu Abirateron abgebaut, das selektiv das Enzym 17Alpha-Hydroxylase/C17,20-lyase (CYP17) hemmt. CYP17 wird in Hoden, Nebennieren und Prostatatumorgewebe exprimiert und ist für die Androgenbiosynthese erforderlich. Es katalysiert die Umwandlung von Pregnenolon und Progesteron in die Testosteronvorstufen Dehydroepiandrosteron (DHEA) beziehungsweise Androstendion durch Hydroxylierung und Spaltung der C17,20-Bindung. In Kombination mit Gonadotropin-Releasing-Hormon-(GnRH-)Agonisten oder einer Orchiektomie erniedrigte die Gabe von Abirateronacetat den Serum-Testosteron-Spiegel auf nicht nachweisbare Konzentrationen.
Was ist bei der Einnahme zu beachten?
Infolge der CYP17-Hemmung erhöht Abirateronacetat den Mineralokortikoidspiegel, was zu Hypertonie, Hypokaliämie und Flüssigkeitsretention führen kann. Die Inzidenz und Schwere dieser Nebenwirkungen können durch die zusätzliche Gabe eines Glukokortikoids verringert werden, da dieses die Ausschüttung des adreno-
kortikotropen Hormons (ACTH) in der Hypophyse unterdrückt. Deshalb sollte der Patient zusätzlich täglich 10 mg Prednison oder Prednisolon einnehmen. Blutdruck, Serumkalium und eine eventuelle Flüssigkeitsretention müssen regelmässig kontrolliert werden. Patienten mit einer kardiovaskulären Vorerkrankung sollten besonders sorgfältig überwacht werden. Die empfohlene Dosis von Abirateronacetat liegt bei 1000 mg (4 Tabletten à 250 mg) als tägliche Einmalgabe. Da die Resorption von Abirateronacetat bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme erheblich erhöht ist, dürfen die Tabletten nicht zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Das letzte Essen sollte mindestens 2 Stunden zurückliegen, mindestens 1 Stunde nach Tabletteneinnahme sollte nichts gegessen werden. Da während der klinischen Studien erhöhte Leberwerte auftraten, die eine Dosisanpassung erforderlich machten, sollten vor Beginn und während der Behandlung die Serumtransaminasen regelmässig kontrolliert werden. Noch ist die Frage offen, ob bei Gabe von Abirateronacetat die Verabreichung von GnRH-Agonisten weiter notwendig ist. Beim derzeitigen Stand des Wissens wird die Fortsetzung der Gabe empfohlen.
Claudia Borchard-Tuch
Satellitensymposium von Janssen: «Redefining treatment standards in metastatic castration-resistant prostate cancer», 26. Februar 2012.
18 Urologie EAU 2012