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PPI als Magenschutz
Wie zuverlässig nehmen Rheumapatienten PPI als Magenschutz ein?
Eine grosse Kohortenstudie mit Patienten aus zwölf europäischen Ländern, einschliesslich der Schweiz, brachte neue Erkenntnisse über Patientencharakteristika und das Management rheumatischer Erkrankungen unter Praxisbedingungen. Offenbar lässt die Compliance zu wünschen übrig.
I n der EVIDENCE Pan-European Study (Poster PO235) ging es um folgende Fragestellungen: • Welche NSAR kommen bei den häufig diagnostizierten rheumatischen Erkrankungen (Arthrose, rheumatoide Arthritis und Morbus Bechterew) zum Einsatz? • Welche Patientencharakteristika herrschen vor? • Wie steht es mit dem Magenschutz? • Wie halten es die Patienten mit der Therapietreue im
Hinblick auf NSAR und Magenschutz? In diese europäische Kohortenstudie wurden 4319 Patienten eingeschlossen, bei denen Arthrose, rheumatoide Arthritis oder Morbus Bechterew diagnostiziert worden war und die zwei bis zwölf Wochen vor Aufnahme in die Studie eine NSAR-Therapie begonnen hatten. Ausserdem wurde gefordert, dass zumindest ein Risikofaktor für gastrointestinale Komplikationen vorlag (Alter > 60 Jahre, peptische Ulzera in der Anamnese oder Behandlung mit ASS, SSRI, Antikoagulanzien oder oralen Kortikosteroiden). Das Follow-up erfolgte über sechs Monate, mit Kontrollen des Resultats nach drei und sechs Monaten. Von den 4319 Patienten erhielten 85 Prozent eine NSARTherapie wegen Arthrose, das Durchschnittsalter lag bei 66 Jahren, und zwei Drittel der Patienten waren weiblich. Am häufigsten wurden Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen verordnet. 29 Prozent der Rheumapatienten berichteten über gastrointestinale Symptome oder Komplikationen wie Gastritis oder Ösophagitis in der Vergangenheit. Ein Viertel nahm zusätzlich ASS ein. Einen Magenschutz mit Protonenpumpenblockern bestätigte rund die Hälfte der Patienten, wobei erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern auffielen: Die Rate lag zwischen 16 Prozent in Norwegen und 73 Prozent in den Niederlanden. Von den Schweizer Patienten mit rheumatischen Beschwerden nahmen rund 45 Prozent zusätzlich einen PPI ein.
Einnahmeverhalten bei rheumatischen Beschwerden
Als die Patienten nach dem Follow-up von sechs Monaten zu ihrem Einnahmeverhalten befragt wurden, stellte sich heraus, dass viele Patienten ihre Medikation absetzen, wenn es ihnen besser geht oder wenn Nebenwirkungen auftreten. • Rund 20 Prozent der Patienten gaben an, dass sie die
Einnahme von NSAR oder PPI gelegentlich vergessen. • Etwa 60 Prozent lassen schmerzstillende Medikamente
weg, sobald sie sich besser fühlen, und rund 40 Prozent verzichten unter diesen Umständen auf den Magenschutz. • Über ein Drittel der Patienten unterlassen die NSAR-Einnahme, wenn sie sich schlechter fühlen, und etwa ein Viertel unterbricht die PPI-Therapie.
Konsequenzen für die Praxis
Die Autoren der Studie machen auf eklatante Unterschiede bei der Gastroprotektion in den verschiedenen europäischen Ländern aufmerksam. Auffallend ist auch, dass ein beachtlicher Prozentsatz der Patienten die NSAR- und/ oder PPI-Medikation absetzt, wenn sie sich wahlweise besser oder schlechter fühlen. Eine weitere Untersuchung, die an der UEGW 2011 vorgestellt wurde, verwies auf den etablierten gastroprotektiven Nutzen von Esomeprazol bei Patienten unter NSARTherapie, die ein gastrointestinales Risiko aufweisen: Die positiven Resultate aus europäischen Ländern wurden jetzt bei japanischen Patienten bestätigt (Poster OP408). Angesichts der suboptimalen Compliance sind vereinfachte Therapieschemata wünschenswert.
Renate Weber
PO235: Lanas A et al.; OP408: Miwa H et al. Posterpräsentationen am UEGW 2011, publiziert in Gut 2011; 60 (Suppl 3).
6 Gastroenterologie UEGW 2011