Transkript
FORSCHUNG
Wirksamkeit und Sicherheit von Teufelskralle
Studien belegen die Wirksamkeit bei Osteoarthritis
Extrakte aus der Arzneipflanze
Harpagophytum procumbens,
Teufelskralle, werden von der
modernen Medizin seit etwa
15 Jahren erforscht. Pharmako-
logische und klinische Studien
belegen die Wirksamkeit als
Ergänzung oder Alternative zu
herkömmlichen Behandlungs-
konzepten von rheumatischen
und arthritischen Beschwerden.
Im vorliegenden Fall wird die
Wirksamkeit bei Osteoarthritis
dokumentiert.
Christoph Bachmann
Osteoarthritis
Osteoarthritis (OA) zeichnet sich durch eine Auflösung oder allenfalls durch einen Abbau von Knorpelmasse in einem oder mehreren Gelenken aus. Die Knorpel werden brüchig und bauen sich ab. Knorpelstücke können sogar abbrechen und innerhalb der Synovialflüssigkeit herumschwimmend zu Entzündungen führen. Die dabei entstehenden Schmerzen verstärken sich normalerweise im Verlaufe eines Tages, sind mit Schwellung, Hitzegefühl, Steifheit des Gelenkes assoziiert
Abbildung 1: Harpagophytum procumbens, Teufelskralle
und führen zu Schwäche der um das Gelenk liegenden Muskeln, verminderter Mobilität und Gelenkknacken. OA tritt vor allem an den Händen, an der Wirbelsäule, den Hüften und an den Knien auf.
Teufelskralle
Die aus dem südlichen Afrika stammende Teufelskralle, Harpagophytum procumbens, Pedealiaceen (Sesamgewächse), hat ihren Namen von den verholzenden Früchten und den armartigen Auswüchsen, die klauen- oder krallenartig aussehen. Die krautige, bis 1,5 Meter hohe Pflanze hat grosse hellrosa bis purpurrote Früchte und ist in den Steppengebieten von Südafrika und Namibia beheimatet. Den erwähnten Haken verdankt die Pflanze das Überleben, indem diese in den Fellen vorbeiziehender Tiere hängen bleiben und so weitergetragen werden. Die Teufelskralle wurde volksmedizinisch bei verschiedenen Erkrankungen wie Schmerzen, Fieber und Allergien sowie
gegen Verdauungsprobleme eingesetzt. In der modernen Medizin wird sie zur Linderung degenerativer Gelenkserkrankungen verwendet. Hauptinhaltsstoffe sind Iridoidglykoside, darunter Harpagosid (vgl. Abbildung 2), Harpagid und Procumbid, Phenylpropanoide sowie ein Phytosteringemisch. Pharmakologisch wirken Extrakte aus den knolligen Wurzeln der Teufelskralle durch Suppression des Transkriptionsfaktors NF Kappa B als NO- und COX-2-Hemmer (1, 2).
Klinische Studien
Die Wirksamkeit der Teufelskralle wurde durch verschiedene klinische Studien nachgewiesen. 2000 wiesen Chantre et al. (3) in einer Vergleichsstudie mit einem Harpagophytum-Pulverextrakt nach, dass eine tägliche Dosis von 57 mg Harpagosid wirksam ist. Diese Studie umfasste 122 Patienten, die an Hüft- und Knie-OA litten. Sie erhielten während 4 Monaten eine tägliche Dosis des Pulverextraktes, dem 57 mg
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thema PHYTOTHERAPIE
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FORSCHUNG
Abbildung 2: Chemische Struktur von Harpagosid
Harpagosid entsprach. Die Resultate zeigten eine signifikante und zunehmende Verminderung der Schmerzen, was sich auch in einer signifikanten Abnahme des Gebrauchs von NSAI- oder anderen Medikamenten zeigte. Das Harpagophytumpräparat wurde gut vertragen, und die Patienten berichteten von weniger NSAItypischen Nebenwirkungen. 2002 erschien eine offene Studie (4), die ebenfalls die Wirksamkeit von Harpagophytum procumbens bei Hüft- und Knie-OA untersuchte. 250 entsprechende Patienten erhielten während 8 Wochen einen wässrigen Extrakt von Harpagophytum procumbens, der einer täglichen Dosis von 50 mg Harpagosid entsprach. Bei den Patienten mit Hüft-OA wurde eine 54-prozentige Verbesserung, bei den Patienten mit Knie-OA eine Verbesserung von 38 Prozent bezogen auf die Baseline beobachtet. Eine ähnliche Studie erschien 2003 (10), bei der 75 Patienten während 12 Wochen dasselbe Präparat erhielten. Hier wurde eine durchschnittlicheVerminderung des Schmerzes um 22,9 Prozent und eine 35-prozentige Verbesserung der Beweglichkeit ermittelt. 2007 erschienen gleich 3 Übersichtsarbeiten, welche total 14 Studien überprüften, die sich mit der entzündungshemmenden und analgetischen Wirksamkeit von Teufelskrallenpräparaten befassten, vor allem in Bezug auf Linderung arthritischer Symptome (5–7). Die Resultate zeigten, dass entsprechende Präparate bei akuter und subakuter Entzündung entzündungshemmend und schmerzstillend wirken. Sie erweisen sich als nützliche Therapie zur Verminderung von Schmerzen und zur Verbesserung der Mobilität bei verschiede-
nen muskuloskeletalen Problemen. In-vitro- und In-vivo-Studien weisen auf eine signifikante Wirkung auf verschiedene proinflammatorische Marker hin. Warnock et al. konnten 2007 (8) zeigen, dass die Anwendung von Teufelskrallenpräparaten bei OA gegenüber Baseline eine so wesentliche Verbesserung der Lebensqualität herbeiführte, dass 60 Prozent der Studienpatienten gleichzeitig eingenommene Analgetika entweder ganz absetzten oder reduzierten.
Sicherheit und unerwünschte Wirkungen
Die Sicherheit und unerwünschten Wirkungen von Harpagophytum procumbens wurden in einem 2007 erschienenen Review untersucht (9). Dabei wurden 28 klinische Studien überprüft. 20 davon berichteten von unerwünschten Wirkungen. In keiner Studie erwies sich die Inzidenz von unerwünschten Wirkungen in den Teufelskrallengruppen als grösser als in den entsprechenden Plazebogruppen. Die milden Nebenwirkungen betrafen den Gastrointestinaltrakt und wurden bei 3 Prozent der Patienten beobachtet. Es wurden keine Fälle von chronischer Toxizität festgestellt. Es wurde auch von keinen wirklichen Arzneimittelinteraktionen berichtet. Aufgrund der Kenntnisse über den Wirkmechanismus sollte beachtet werden, dass Teufelskrallenpräparate zu einer Erhöhung des Blutungsrisikos führen können, wenn sie mit Präparaten zusammen eingenommen werden, die ebenfalls zur Erhöhung des Blutungsrisikos beitragen. Ebenso könnten Harpagophytumpräparate im Blut den Zuckerspiegel senken, wenn sie zusammen mit andern hypoglykämisch wirkenden Präparaten eingenommen werden.
Zusammenfassung
Die aus dem südlichen Afrika stammende Teufelskralle wird seit langer Zeit von der indigenen Bevölkerung als Arzneipflanze verwendet. Die moderne Arzneipflanzenforschung konnte den Nachweis der Wirksamkeit bei entzündlichen Prozessen im
Zusammenhang mit rheumatischen und
arthritischen Beschwerden erbringen. Im
vorliegenden Fall zeigten verschiedene
klinische Studien die Wirksamkeit bei
Osteoarthritis, vor allem an den Hüft- und
Kniegelenken. Somit erweisen sich ent-
sprechende Präparate als nützliche Ergän-
zung oder sogar als Alternative zu her-
kömmlichen Therapien.
◆
Anschrift des Verfassers: Dr. Christoph Bachmann Hirschmattstrasse 46 6003 Luzern c.a.bachmann@bluewin.ch
Literatur:
1. Huang T.H. et al.: Harpagosid supresses lipopolysaccharide-induced iNOS and COX-2 expression through inhibition of NF-kappa B activation, J Ethnopharmacol 2006; 104: 149–155.
2. Kaszkin M. et al.: Downregulation of INOS expression in rat mesangial cells by special extracts of Harpagophytum procumbens derives from harpagoside-dependent and independent effects, Phytomedicine 2004; 11: 585–595.
3. Chantre P. et al.: Efficacy and tolerance of Harpagophytum procumbens versus diacerhin in treatment of osteoarthritis, Phytomedicine 2000; 7: 177–183.
4. Chrubasik S., Thanner J., Künzel O. et al.: Comparison of outcome measures during treatment with proprietary Harpagophytum extract Doloteffin in patients with pain in the lower back, knee or hip, Phytomedicine 2002; 9: 181–194.
5. Chrubasik J.E:, Roufgalis B.D., Chrubasik S.: Evidence of effectiveness of herbal antiinflammatory drugs in the treatment of painful osteoarthritis and chronic low back pain, Phytother Res 2007; 251: 675–683.
6. Denner S.S: A review of the efficacy and safety of devil's claw for pain associated with degenerative musculoskeletal diseases, rheumatoid, and osteoarthritis, Holist Nurs Pract 2007; 21: 203–207.
7. Grant L. et al.: A review of the biological and potential therapeutic actions of Harpagophytum procumbens, Phytother Res 2007; 21: 199–209.
8. Warnock M. et al.: Effectiveness and safety of devil's claw tablets in patients with general rheumatic disorders, Phytother Res 2007; 21: 1228–1233.
9. Vlachojannis J., Roufogalis B.D., Chrubasik S.: Systematic review on the safety of Harpagophytum preparations for osteoarthritic and low back pain, Phytother Res 2008; 22: 149–152.
10. Wegener T., Lüpke N.P.: Treatment of patients with arthritis of hip or knee with an aqueous extrakt of devil's claw (Harpagophytum procumbens DC), Phother Res 2003; 17: 1165–1172.
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