Transkript
FORSCHUNG
Rhodiola-rosea-Extrakt bei älteren Erwachsenen mit verminderter körperlicher und geistiger Vitalität1
Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Kombination
Jörg Grünwald, Regina Busch, Andreas Biller
Zusammenfassung
Im Rahmen einer Anwendungsbeobachtung wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Vitalstoffkombination vigodana® bei 120 älteren Erwachsenen (50 bis 89 Jahre) mit körperlichen und kognitiven Vitalitätsstörungen untersucht. Das Präparat besteht aus einer Kombination wichtiger Vitamine und Mineralstoffe und einem pflanzlichen Extrakt aus der Wurzel des Rosenwurz (Rhodolia rosea L.). Über einen Zeitraum von 12 Wochen erhielten die Teilnehmer eine Tagesdosis von 2 Kapseln. Insgesamt wurden drei Untersuchungen durchgeführt (Baseline, nach 6 und 12 Wochen). Hinsichtlich der Wirksamkeit konnte eine statistisch hochsignifikante (p < 0,001) Verbesserung sowohl der körperlichen als auch der kognitiven Symptomatik festgestellt werden. Zusätzlich wurde ein Zahlenverbindungstest durchgeführt. Im Vergleich zum Untersuchungsbeginn nahm die Zeitdauer, die für die Durchführung dieses Tests benötigt wurde, statistisch hochsignifikant ab (p < 0,001). Die globale Beurteilung der Wirksamkeit durch die Therapeuten und die Patienten ergab zu 81 beziehungsweise 80 Prozent eine Bewertung mit «sehr gut» beziehungsweise «gut». Bei der globalen Beurteilung der Verträglichkeit wurde das Prüfpräparat von 99 Prozent der Patienten und Therapeuten als «sehr gut» beziehungsweise «gut» eingeschätzt. Es traten keine unerwünschten Nebenwirkungen auf.
1 Zweitabdruck. Originalpublikation in: EHK 2007; 65: 138–142. Mit freundlicher Genehmigung der Autoren und der MSV Medizinverlage GmbH & Co. Stuttgart.
Einleitung
Die Beeinträchtigung körperlicher und kognitiver Vitalität stellt für ältere Menschen eine häufige und schwerwiegende Einschränkung der Bewältigung von Alltagsaufgaben dar. Dies hat eine erhebliche Abnahme der Lebensqualität zur Folge. Frühe Merkmale eines körperlichen Vitalitätsverlusts, die durch das Alter hervorgerufen werden, äussern sich zum Beispiel in Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen. Solche Symptome lassen sich häufig durch die Supplementierung von Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen bessern. Kognitive Störungen können in Form von Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit und Lernschwierigkeiten auftreten. Die geistige Leistungsfähigkeit ist stark von der Geschwindigkeit der neuronalen Signalverarbeitung abhängig. Als Therapieansatz sollte daher eine Stärkung zerebraler Funktionen im Mittelpunkt stehen. Dies kann zum Beispiel über eine Beeinflussung des Stoffwechsels von Neurotransmittern erfolgen, da diese von besonderer Bedeutung bei der Verarbeitung und Speicherung von Informationen im Gehirn sind. Neben einer Reihe von Vitaminen (Vitamine E, B6, B12, Folsäure) und Mineralstoffen (Magnesium), die sich in ihrer Kombination wirkungsvoll ergänzen und Alterungsprozesse in vielfacher Hinsicht günstig beeinflussen können, enthält vigodana® einen Extrakt aus den Wurzeln des Rosenwurz (Rhodiola rosea L.). Diese widerstandsfähige Hochgebirgspflanze ist vor allem in Osteuropa und Asien als traditionelle Heilpflanze bekannt und findet ihre Anwendung unter anderem zur Stimulation des Nervensystems, Verbesserung der Leistungsfähigkeit und zur Bekämpfung starker Ermüdungserscheinungen. Die Förderung des Leistungsvermögens durch Rosenwurzextrakt konnte
bereits in zahlreichen Studien wissenschaftlich belegt werden (1, 5, 6). Hier zeigte sich eine Verbesserung der Leistungs- und Reaktionsfähigkeit, des Koordinationsvermögens und der Konzentrationsfähigkeit. Der Wirkmechanismus von Rosenwurzextrakt ist bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt. Die darin enthaltenen zahlreichen Inhaltsstoffe können unterschiedliche Funktionen und Systeme des Körpers beeinflussen. Es gibt Hinweise darauf, dass einige Komponenten den Metabolismus mehrerer Neurotransmitter im Gehirn wie zum Beispiel Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Acetylcholin beeinflussen (7). Das optimale Zusammenwirken dieser Botenstoffe ist verantwortlich für die geistige Vitalität und für die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses. Vermutlich beeinflusst Rosenwurzextrakt die Ausschüttung dieser Botenstoffe positiv und fördert zudem die Durchlässigkeit der Blut-HirnSchranke für deren Vorstufen.
Studiendurchführung
Zur Durchführung der Anwendungsbeobachtung (AWB) wurden insgesamt 120 Patienten (83 Frauen, 37 Männer; mittleres Alter 67,7 ± 9,6 Jahre) mit folgenden Einschlusskriterien aufgenommen: Erwachsene ab 50 Jahre mit dem subjektiven Empfinden einer Beeinträchtigung der körperlichen und kognitiven Funktionen beziehungsweise Vitalität. Des Weiteren wurde der Orientierungs-Gedächtnis-Konzentrationstest nach Katzmann et al. durchgeführt (2). Anhand fehlerhaft beantworteter Testfragen wurde mit diesem Modell ein Gesamt-Fehlerscore ermittelt, der zu Beginn der Untersuchung mindestens bei 8 Punkten liegen musste (Punkteskala von 0 bis 28, Beeinträchtigung kognitiver Funktionen bei > 8 Punkten). Als Ausschlusskriterien galten Demenz (bedingt durch z.B. Morbus Alzheimer,
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Creutzfeld-Jakob-Erkrankung, Morbus Parkinson, Gehirntumor, Gehirntrauma), Epilepsie, Überempfindlichkeit gegenüber einem der Bestandteile des Prüfpräparates sowie die Einnahme von Ginkgo, Ginseng, Multivitaminpräparaten, Vitamin-E- und/ oder magnesiumhaltigen Medikamenten in den letzten 4 Wochen. Die AWB wurde von Juni bis November 2006 durchgeführt und umfasste für jeden Patienten einen Beobachtungszeitraum von 12 Wochen. Jeder Patient nahm täglich 2 Kapseln vigodana® zu sich. Insgesamt wurden 3 Visiten durchgeführt: eine Aufnahmeuntersuchung mit Basisdokumentation, eine Folgeuntersuchung nach 6 Wochen und eine Abschlussuntersuchung nach 12 Wochen. Um die Wirksamkeit des Prüfpräparates zu erfassen, wurde bei jeder Visite die Beschwerdesymptomatik mittels einer skalierten Bewertung der körperlichen und kognitiven Vitalitätsstörungen ermittelt. Die Symptome «Erschöpfung», «Antriebslosigkeit», «Tagesschläfrigkeit», «vermindertes sexuelles Verlangen» und «Schlafstörungen» wurden unter dem Begriff «körperliche Vitalitätsstörungen» zusammengefasst. Kognitive Vitalitätsstörungen dagegen umfasste Symptome wie «Konzentrationsstörungen», «Vergesslichkeit», «verminderte Merkfähigkeit», «Stressanfälligkeit» und «Reizbarkeit». Die Intensitäten der einzelnen Symptome wurden in einer 4-Stufen-Skala festgehalten (0 = keine, 1 = gering, 2 = mittel, 3 = stark). Des Weiteren kam bei jeder Visite ein Zahlenverbindungstest (ZVT) zur Anwendung, um die kognitiven Funktionen objektiv beurteilen zu können. Die globale Beurteilung der Wirksamkeit erfolgte durch die Patienten und Behandler bei der Abschlussvisite. Die Erfassung der Verträglichkeit fand über die Dokumentation von unerwünschten Nebenwirkungen und der Gesamteinschätzung durch die Therapeuten und Patienten statt. Die Auswertung wurde rein deskriptiv und im Sinne einer ITT-Analyse durchgeführt. Die Erfassung der Daten erfolgte in Excel, die biometrische Auswertung mittels SPSS® V 12.0. für Windows™.
Ergebnisse
Von den 120 eingeschlossenen Patienten (50 bis 89 Jahre) beendeten 119 die AWB
Abbildung 1: Symptomverlauf der körperlichen Vitalitätsstörungen
Abbildung 2: Summenscore der körperlichen Vitalitätsstörungen
Abbildung 3: Symptombewertung der körperlichen Vitalitätsstörungen
entsprechend den Vorgaben nach 12 Wochen. Ein Patient beendete die AWB vorzeitig nach 101/2 Wochen wegen des Antritts einer längeren Reise. Alle Untersuchungen sowie die Beurteilung der Prüfsubstanz auf Wirksamkeit, Verträglichkeit und Compliance durch die Therapeuten beziehungsweise Patienten wurden jedoch ausgeführt. Bei einem weiteren Patienten wurden ebenfalls alle Untersuchungen ordnungsgemäss durchgeführt, aber versehentlich
keine Angaben zum regulären Therapieende, zu Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie Compliance dokumentiert. Für alle Symptome der körperlichen Vitalitätsstörungen ergaben sich bei Abschluss der AWB in der Gesamtgruppe hochsignifikante Verbesserungen (p < 0,001) (Abbildung 1). Aus der Summe der Einzelbewertungen der 5 Symptome «Erschöpfung», «Antriebslosigkeit», «Tagesschläfrigkeit», «verminder- thema744 PHYTOTHERAPIE 4/2012 FORSCHUNG Abbildung 4: Symptomverlauf der kognitiven Vitalitätsstörungen Abbildung 5: Summenscore der kognitiven Vitalitätsstörungen minderte Merkfähigkeit», «Stressanfälligkeit», «Reizbarkeit») zusammen. Für alle Symptome der kognitiven Vitalitätsstörungen ergaben sich bei Abschluss der AWB hochsignifikante Verbesserungen (p < 0,001). In Abbildung 5 ist der Summenscore der kognitiven Vitalitätsstörungen dargestellt, der sich aus der Summe der Einzelbewertungen aller kognitiven Symptome zusammensetzt. Der Summenscore nahm während des Untersuchungszeitraums hochsignifikant (p < 0,001) von 7,9 ± 2,8 Punkte auf 5,0 ± 2,5 Punkte ab, dies entspricht einer Abnahme von 37 Prozent. Hinsichtlich der Symptombewertung konnte bei 77,3 Prozent der Patienten eine Verbesserung festgestellt werden (Abbildung 6). Bei 13,4 Prozent der Patienten änderte sich die kognitive Vitalität nicht, 9,2 Prozent gaben eine Verschlechterung an. Die Ergebnisse des Zahlenverbindungstests sind in Abbildung 7 dargestellt. Die mittlere Zeitdauer für die Durchführung dieses Tests betrug zu Beginn 68,5 ± 19,2 Sekunden und sank auf 52,9 ± 17,1 Sekunden am Ende der AWB, die Besserungsrate betrug somit 23 Prozent und war hochsignifikant (p < 0,001). Die Wirksamkeit des Präparates wurde von 81 Prozent der Therapeuten und 80 Prozent der Patienten als «gut» beziehungsweise «sehr gut» beurteilt (Abbildung 8). Die Verträglichkeit wurde sowohl von 99 Prozent der Therapeuten als auch der Patienten mit «sehr gut» oder «gut» eingestuft (Abbildung 9). Unerwünschte Nebenwirkungen wurden nicht berichtet, die Compliance wurde bei der Abschlussuntersuchung für 99 Prozent der Patienten als «sehr gut» oder «gut» bewertet. Abbildung 6: Symptombewertung der kognitiven Vitalitätsstörungen tes sexuelles Verlangen» und «Schlafstörungen» wurde der Summenscore für die körperlichen Vitalitätsstörungen ermittelt. Dieser kann entsprechend der Beurteilung (je 0 bis 3 Punkte für jedes Symptom) einen Wert von 0 bis 15 annehmen. Abbildung 2 zeigt, dass der Summenscore für die körperlichen Vitalitätsstörungen hochsignifikant (p < 0,001) von anfangs 7,7 ±.2,7 Punkte auf 4,8 ± 2,5 Punkte am Ende der Untersuchung gesunken ist (= Abnahme von 38 Prozent). Besserungen der körperlichen Vitalität wurden bei 85,6 Prozent der Patienten festgestellt (Abbildung 3). Bei 10,2 Prozent der Patienten fanden keine Veränderungen statt, bei 4,2 Prozent verschlechterte sich der Zustand. Ähnliche Ergebnisse konnten im Bereich der kognitiven Beschwerden beobachtet werden. Abbildung 4 fasst den Verlauf aller untersuchten Einzelsymptome («Konzentrationsstörungen», «Vergesslichkeit», «ver- Diskussion Ziel dieser Anwendungsbeobachtung war die Untersuchung der Wirksamkeit und Verträglichkeit der Vitalstoffkombination vigodana® bei 120 Erwachsenen über 50 Jahre mit körperlichen und kognitiven Vitalitätsstörungen. Die Vorgaben der Untersuchung hielten 119 der 120 Patienten ein, die Compliance wurde von den Ärzten für 99 Prozent der Patienten mit «sehr gut» oder «gut» beurteilt. Die AWB lief somit unter guten Rahmenbedingungen ab. Insgesamt konnte eine sehr gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von vigodana® während der 12-wöchigen Untersuchung festgestellt werden. Bei 85,6 Prozent der 4/2012 thema PHYTOTHERAPIE 745 FORSCHUNG Abbildung 7: Zahlenverbindungstest stützt. Dies ist vor allem deshalb von Relevanz, da der Nährwert heutiger Lebensmittel stark abgenommen hat und es daher nicht selten zu Mangelerscheinungen kommt, die in Zusammenhang mit einer unausgewogenen Ernährung beziehungsweise einer Ernährung mit qualitativ minderwertigen Lebensmitteln (Fastfood, Fertiggerichte) stehen. Gerade ältere Menschen sind von Mangelernährung betroffen, da sie allgemein weniger Nahrung zu sich nehmen und Stoffwechselprozesse bei ihnen langsamer ablaufen. Die in vigodana® enthaltenen Stoffe tragen daher zu einer ausreichenden Versorgung mit wichtigen Mineralstoffen und Vitaminen und damit zur Aufrechterhaltung vitaler Funktionen des Organismus bei. Fazit Die Ergebnisse dieser Untersuchung bele- gen eine gute Wirksamkeit und ausge- zeichnete Verträglichkeit von vigodana® zur unterstützenden Therapie verminder- ter körperlicher und kognitiver Leistungs- fähigkeit bei älteren Menschen. ◆ Abbildung 8: Globale Beurteilung der Wirksamkeit Anschrift der Autoren: Dr. Andreas Biller (Korrespondenzadresse) Dr. Loges + Co. GmbH Schützenstr. 5, D-21423 Winsen Tel. 04171/707180, Fax 04171/70727180 biller@loges.de Dr. Jörg Grünwald Regina Busch analyze & realize AG Contract Research Organisation D-Berlin Abbildung 9: Globale Beurteilung der Verträglichkeit Patienten kam es zu einer Verbesserung der körperlichen Vitalität, die anhand einer skalierten Bewertung der körperlichen Beschwerdesymptome ermittelt wurde. In Verbindung mit den objektiv erhobenen Daten durch den Zahlenverbindungstest, die eine deutliche Leistungssteigerung im Verlauf der AWB aufzeigten, lässt sich eine eindeutige klinische Relevanz der Ergebnisse ableiten. Die erhobenen Daten untermauern die Ergebnisse anderer Studien, in denen Rhodiolaextrakt sowohl eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit als auch eine Verbesserung kognitiver Funktionen herbeiführen konnte (1, 5, 6). Von grosser Bedeutung dürften hier die regulierenden Eigenschaften von Rhodoliaextrakt sein, die Schutz vor mentalem und physischem Stress bieten können (3, 4). Die positive Wirkung des Rosenwurz wird zusätzlich durch die in vigodana® enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe unter- Literatur: 1. Darbinyan V, Kteyan A, Panossian A et al.: Rhodiola rosea in stress induced fatigue – a double blind cross-over study of a standardized extract SHR-5 with a repeated low-dose regimen on the mental performance of healthy physicians during night duty. Phytomedicine 2000; 7: 365–371. 2. Katzmann R, Brown T, Fuld P, Peck A, Schechter R, Schimmel H: Impairment. Therapiewoche 1986; 36: 5029–5034. 3. Kelly GS: Rhodiola. 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