Transkript
FORSCHUNG
EPs 7630: Der Pelargoniumsidoides-Spezialextrakt
Mehrfache Wirksamkeit bei grippalen Infekten
Über den Pelargonium-sidoi-
des-Spezialextrakt EPs® 7630
wurde in dieser Zeitschrift
beziehungsweise in «phyto-
therapie», ihrer Vorgänger-
zeitschrift, schon mehrfach berichtet1 und seine mit klini-
schen Studien dokumentierte
Wirksamkeit vorgestellt. Nun
liegen neue Ergebnisse vor.
Christoph Bachmann
Das Antibiotikaparadox
90 bis 95 Prozent der Atemwegsinfekte mit den bekannten Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Bronchitis und so weiter sind viraler Ursache.Trotzdem werden bei bis zu 80 Prozent der deswegen durchgeführten Arztbesuche Antibiotika verordnet. Dies ist einerseits für die betroffenen Patienten nutzlos, weil Antibiotika bei viralen Infektionen unwirksam sind. Und andererseits fördert ein solches Vorgehen die Antibiotikaresistenz. Vonseiten der Ärzte hört man das Argument, die Antibiotika würden zur Verhinderung einer Superinfektion verordnet – und weil viele Patienten in einer solchen Situation dies ausdrücklich wünschten.
1 vgl. «phytotherapie»: 2006(5); 6: 9–11, 2008(4); 8: 3; vgl. AM thema Phytotherapie: 2009(5); 9, 2010(1); 10:2.
Abbildung: Pelargonium sidoides
Pelargonium sidoides
Die Natur bietet mit Pelargonium sidoides, deutsch Pelargonium, einer afrikanischen Arzneipflanze, eine wirksame Strategie an gegen solche virale Atemwegsinfekte, vor allem gegen akute Bronchitis. Sie wird im südlichen Afrika in der traditionellen Heilkunst gegen Erkältungen und Bronchitis sowie gegen Tuberkulose seit Jahrhunderten verwendet. Pelargonium sidoides ist ein bis 50 cm hoher Strauch, der in Südafrika bis auf 2300 Metern über Meer wächst (vgl. Abbildung). Nachdem Pelargonium im 20. Jahrhundert nach Europa gelangt ist, wird die Pflanze seit den Neunzigerjahren wissenschaftlich erforscht. In Deutschland ist der Extrakt EPs® 7630 aus den Wurzeln von Pelargonium sidoides seit 1983 im Handel, in der Schweiz seit 2007.
Tabelle: Inhaltsstoffe von EPs 7630
Chemische Struktur Oligomere Proanthocyanidine Kohlenhydrate Mineralstoffe Aminosäuren und Peptide Benzopyrone Purine Unbekannt
EPs 7630
Bei diesem Extrakt handelt es sich um einen alkoholischen Auszug aus den Wurzeln von Pelargonium sidoides. Der Auszug enthält 11 Prozent V/V Ethanol. 10 g Extrakt enthalten 8 g EPs 7630 sowie 2 g Glyzerin 85 Prozent. Die Tabelle zeigt die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe von EPs 7630 auf. Die bis 2009 über EPs 7630 erschienene Literatur ist in den erwähnten Artikeln in «phytotherapie» beziehungsweise ARS MEDICI thema Phytotherapie erwähnt worden. EPs 7630 wirkt antiviral und antibakteriell, indem es die bakterielle Adhäsion an den respiratorischen Schleimhautzellen hemmt und die Phagozytose steigert. Weiter fördert der Extrakt die sekretomotorische Aktivität des humanen, nasalen Flimmerepithels.
Neue Studien
Seit 2010 sind zwei neue klinische Studien erschienen, die einerseits die Wirksamkeit des Pelargoniumextraktes bei Kindern und Jugendlichen mit akuter Bronchitis bestätigen (1) und andererseits über die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Therapiebeurteilung aus der Sicht von Patienten berichten (2).
Kamin et al.
Das Forscherteam um Kamin brachte mit seiner randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten Multizenterstudie den Nachweis, dass EPs 7630 bei Kindern und Jugendlichen zwischen 1 und 18 Jahren gegen akute Bronchitis wirksam und sicher ist. Dazu wurden 200 Patienten mit einem Bronchitis Specific Symptoms (BSS) Score von ≥ 5 zum Zeitpunkt des Screenings randomisiert und erhielten während 7 Tagen entweder Plazebo (n = 97) oder das Studienpräparat (n = 103). Dieses wurde je nach Alter folgendermassen dosiert: 1 bis 6 Jahre: dreimal täglich 10 Tropfen
EPs 7630
Anteil am Extrakt (%) 40 12 12 10 2 2 22
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PHYTOTHERAPIE
1/2012
FORSCHUNG
6 bis 12 Jahre: dreimal täglich 20 Tropfen EPs 7630
> 12 bis 18 Jahre: dreimal täglich 30 Tropfen EPs 7630.
Primärer Zielparameter war die Veränderung des BSS vom Beginn der Behandlung (Tag 0) bis zum Tag 7. Die wichtigsten sekundären Zielparamter waren: ◆ Behandlungserfolg ◆ Patientenzufriedenheit mit der Be-
handlung ◆ Wirkungseintritt ◆ Dauer der Bettruhe.
Resultate Bis zum 7. Behandlungstag zeigte sich in der Behandlungsgruppe eine signifikant grössere Besserung des BSS-Scores als in der Plazebogruppe (Verum: 3,4 ± 1,8; Plazebo: 1,2 ± 1,8; p < 0,0001). Der Behandlungserfolg war am 7. Tag im Vergleich zu Plazebo signifikant besser (p < 0,0001), die Patienten signifikant zufriedener (Verum: 77,6%; Plazebo: 25,8%; p < 0,0001), der Wirkungseintritt rascher und die Dauer der Bettruhe kürzer.
Verträglichkeit In beiden Gruppen erwies sich die Verträglichkeit als gut, und es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen beobachtet.
Schlussfolgerung Aus diesen Resultaten folgerten die Autoren, dass EPs 7630 für die Behandlung der akuten Bronchitis bei Kindern und Jugendlichen von 1 bis 18 Jahren eine wirksame und sichere Behandlung darstellt.
Matthys et al.
Matthys et al. befassten sich mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und Therapiebeurteilung der Patienten, die mit EPs 7630 behandelt wurden. Diese können mit den Parametern Health-Related Quality of Life (HRQL) und Patient-reported Outcome (PRO) objektiviert werden. Dabei werteten die Autoren eine schon publizierte Dosisfindungsstudie in Bezug auf diese Zielvariablen nochmals aus (3).
Methode Dabei wurden 406 erwachsene Patienten mit akuter Bronchitis (seit mindestens 48 h bestehend, BSS > 5) randomisiert und erhielten während 7 Tagen entweder Plazebo (n = 102) oder 30 mg, 60 mg oder 90 mg EPs
7630 (n = 102 bzw. 101 bzw. 100). Die HRQL und PRO wurden mittels Patientenfragebögen und bei jeder Visite (Tage 0 bzw. 3–5 bzw. 7) ermittelt. Zur Bestimmung des HRQL wurden von den Patienten und von den Prüfärzten die Fragebögen EQ-5D (EuroQoL – Dimensions) und SF-12 (Health survey, short form 12), eine Kurzform des SF-36, ausgefüllt. Der EQ-5D stellt eine Selbsteinschätzung dar anhand von Fragen zur Lebensqualität in den fünf HRQL-Dimensionen Mobilität/Beweglichkeit, Selbstversorgung, alltägliche Tätigkeiten, körperliche Beschwerden/Schmerzen und Niedergeschlagenheit/Angst.
Resultate Die Resultate von 405 der 406 eingeschlossenen Patienten konnten ausgewertet werden. EQ-5D: Am Tag 7 zeigten in allen drei EPs7630-Gruppen in allen fünf EQ-5D-Dimensionen deutlich mehr Patienten eine Remission oder Verbesserung der am Tag 0 erhobenen Symptome als in der Plazebogruppe. Ausser in der Dimension Niedergeschlagenheit/Angst, bei der die Dosierungen 10 mg und 30 mg keine Signifikanz aufwiesen, waren diese Vorteile der EPs7630-Gruppen gegenüber Plazebo signifikant (p < 0,05). EQ VAS: Auch die Einschätzung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch die Patienten mit der EQ VAS am Tag war in allen Behandlungsgruppen gegenüber Plazebo hochsignifikant besser. SF-12: Der Gesundheitsstatus verbesserte sich zwischen den Tagen 0 und 7 sowohl in den Behandlungsgruppen wie in der Plazebogruppe, in den Behandlungsgruppen jedoch signifikant stärker als in der Plazebogruppe (p < 0,0001). Bei der psychischen Komponente konnte in allen vier Gruppen ein leichter Rückgang im Summenscore festgestellt werden. Körperliche Beeinträchtigung: Am Tag 7 wiesen in der Plazebogruppe noch signifikant mehr Patienten eine körperliche Beeinträchtigung auf als in den EPs-7630Gruppen (p < 0,0001). Die durchschnittliche Dauer der körperlichen Beeinträchtigung betrug in den EPs-7630-Gruppen 6,8 ± 1,9 Tage (10 mg), 6,8 ± 1,3 Tage (30 mg) beziehungsweise 6,4 ± 1,4 Tage und in der Plazebogruppe 7,7 ± 0,9 Tage. Dies stellt einen signifikanten Vorteil (p < 0,0001) für die EPs-7630-Gruppen dar. Behandlungserfolg und Zufriedenheit mit der Behandlung: In allen drei EPs-7630-
Gruppen beurteilten die Patienten am Tag 7 den Behandlungserfolg und die Zufriedenheit mit der Behandlung signifikant besser als die Patienten der Plazebogruppe (p < 0,0001).
Diskussion Die Autoren schlossen aus den ermittelten Resultaten, dass die Behandlung einer akuten Bronchitis bei Erwachsenen zu einer statistisch signifikanten und klinisch relevanten Verbesserung von gesundheitsbezogener Lebensqualität und Therapiebeurteilung führt.
Zusammenfassung
Die beiden neuen klinischen Studien mit
EPs 7630 zeigen folgende Resultate:
◆ Neben der bekannten Wirksamkeit ge-
gen akute Bronchitis bei Erwachsenen
ist der Pelargonium-sidoides-Spezialex-
trakt auch bei Kindern und Jugend-
lichen zwischen 1 und 18 Jahren wirk-
sam und gut verträglich.
◆ Die Behandlung einer akuten Bronchitis
bei Erwachsenen führt gemäss der
Selbstbeurteilung der Patienten und
der Beurteilung der Prüfärzte zu einer
statistisch signifikanten und klinisch re-
levanten Verbesserung von gesund-
heitsbezogener Lebensqualität und
Therapiebeurteilung.
Diese Resultate weiten die Möglichkeiten
der Verwendung von EPs 7630 also auch
auf Kinder und Jugendliche aus und geben
die Gewissheit, dass bei den betroffenen
erwachsenen Patienten bei einer akuten
Bronchitis durch den Extrakt nicht nur die
Symptome verbessert werden, sondern
auch die subjektive Lebensqualität der Pa-
tienten verbessert wird.
◆
Anschrift des Verfassers Dr. Christoph Bachmann Hirschmattstrasse 46 6003 Luzern c.a.bachmann@bluewin.ch
Literaturreferenzen:
1. Kamin W., Maydannik V., Malek F.A., Kieser M.: Efficacy and tolerability of EPs 7630 in children and adolescents with acute bronchitis, Int J Clin Pharmacol Ther. 2010 Mar; 48(3): 184–91.
2. Matthys H., Lizogub V.G., Funk P., Malek F. A.: Pelargonium sidoides bei akuter Bronchitis – Gesundheitsbezogene Lebensqualität und Therapiebeurteilung aus Patientensicht unter Behandlung mit EPs 7630, WMW 2010 (21–22); 160: 564–570.
3. Matthys H., Lizogub V.G., Malek F.A.: Efficacy and tolerability of EPs 7630 tablets in patients with acute bronchitis: a randomised, double-blind, placebocontrolled dose-finding study with a herbal drug preparation from Pelargonium sidoides, Curr Med Res Opin 2010; 26: 1413–1422.
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PHYTOTHERAPIE
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