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24. JAHRESTAGUNG FÜR PHYTOTHERAPIE, BADEN, 19. NOVEMBER 2009
Phytotherapeutischer Leitfaden aus der sportmedizinischen Praxis
Simon Feldhaus
Einleitung
Die Therapie von Krankheiten und/oder Befindlichkeitsstörungen ist gerade beim Sportler (insbesondere dann beim Leistungssportler) eine Domäne für den Einsatz von Präparaten aus dem Bereich der Phytotherapie. Dies sowohl im Hinblick auf die Ungefährlichkeit in Bezug auf Doping als auch im Hinblick auf das in der Regel deutlich geringere Nebenwirkungspotenzial der verwendeten Produkte. Sowohl für den Hobby- als auch den Leistungssportler bietet sich eine phytotherapeutische Basisbehandlung an. Die hervorragende Verträglichkeit macht auch den Eigeneinsatz im Rahmen einer Hausapotheke gut möglich. In der sportmedizinischen Praxis kristallisieren sich drei Hauptbereiche heraus: 1.) Die Behandlung akuter Erkrankungen
und/oder Verletzungen 2.) Die Unterstützung der Rehabilitation
nach Verletzungen 3.) Die Behandlung von Befindlichkeitsstö-
rungen wie Wettkampfnervosität, Schlafstörungen und so weiter. Im Rahmen der integrativen sportmedizinischen Betreuung haben sich einige Präparate bewährt und bieten sich als wirksame therapeutische Optionen an. Festzuhalten ist, dass all diese Beispiele experience-based und nicht evidence-based sind, was nicht unbedingt als Nachteil zu werten sein sollte! Grundsätzlich gilt die Empfehlung, dass die erstmalige Einnahme auch eines pflanzlichen Präparates wenn immer möglich nicht unmittelbar vor einem Wettkampf erfolgen sollte, um allfällige Unverträglichkeiten vorher erkennen zu können. Eine Möglichkeit wäre, ein Präparat als Testdosis während einer Trainingspause
einzunehmen, um dessen Verträglichkeit zu prüfen. Im Sinne einer Anwendungsempfehlung möchte ich folgende Präparate und Dosierungen vorschlagen:
Akute Verletzungen
Atromed® Rheumagel als höchst konzentriertes topisches Arnikapräparat lokal bei allen stumpfen Traumata (Distorsionen, Muskelverletzungen usw.) mehrfach täglich aufgetragen. Ideal zu kombinieren mit Weihrauch in Form einer Magistralrezeptur (vgl. Kasten): Hier ist auch der Einsatz von Padma® 28 sinnvoll. Dieses tibetische Vielstoffpräparat zeigt als «Multi-Target-Drug» eine hervorragende Wirkung im Sinne der Entzündungshemmung und Verbesserung der Mikrozirkulation. Die Dosierung von Padma 281 sollte bei 2-mal 2 Tabletten (oder neu Kapseln) liegen. Auch ein präventiver Einsatz vor einem Wettkampf oder einem intensiven Trainingslager ist sehr empfehlenswert. Das Ziel wäre die Verkürzung der Regeneration und die Vermeidung vor allem von Muskelverletzungen. Präventiv kann die Dosis mit 2-mal 1 gewählt werden. Ideal ist ein Beginn 1 bis 2 Wochen vor dem Intensivtraining oder auch dem Wettkampf.
Adaptogene
Eine hochinteressante Pflanze ist Withania somnifera, Schlafbeere. Sie kann in Tablettenform (Aswal®) als Adaptogen zur psychischen und physischen Harmonisierung bei Nervosität, Stress, Wettkampfangst und so weiter eingenommen werden. Diese in der ayurvedischen Medizin altbekannte Heilpflanze wird auch als «Indian Ginseng» beschrieben. Aswal führt zu einer allgemeinen Entspan-
Kasten:
Olibanum-Magistralrezeptur
Olibanum indicum pulvis Ph Eur 46 g m.f. granulatum aquosum ad capsulae CXX (Kapselgrösse 0) Dosierung: 4 x 1(2) täglich bei einer Füllmenge von 358 mg/Kapsel
nung und besseren Stresstoleranz. Insbesondere bei Sportlern mit häufigen vegetativen Problemen ist der Einsatz von Withania somnifera oft enorm hilfreich. Ein Wirkungseintritt ist bei einer regulären Dosis von 1 bis 3 Tabletten innerhalb der ersten Woche zu erwarten. Bei akuten Stresssituationen (Angstgegner usw.) ist auch die Einnahme von 2 bis 3 Tabletten auf einmal möglich (auch hier unbedingt vorher die Wirkung und Verträglichkeit in einer Nicht-Wettkampf-Situation testen!). Bei Schlafstörungen kann eine Kombination aus Baldrian und Hopfen in Tablettenform (Redormin®)2 sehr sinnvoll sein. Diese kann sowohl akut als auch bei chronischen Störungen gegeben werden. Die Dosierung sollte zwischen 1 und 2 Tabletten liegen. Bei chronischen Störungen ist zu beachten, dass die Wirkung von Baldrian auf den Schlafrhythmus teilweise erst nach 14 Tagen zu bemerken ist!
Diverses
Carduus Marianus (Silybum marianum), Mariendistel, wird als Urtinktur oder in Tablettenform (Legalon®)3 im Sinne der Le-
1 Anm. d. Redaktion: Padmed® Circosan, identisch mit Padma 28, wird von der Grundversicherung bezahlt. 2 Vertrieb in der Schweiz: Zeller Medical AG, Romanshorn 3 Vertrieb in der Schweiz: Max Zeller Söhne AG, Romanshorn
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PHYTOTHERAPIE
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24. JAHRESTAGUNG FÜR PHYTOTHERAPIE, BADEN, 19. NOVEMBER 2009
berstärkung mit psychoemotionaler Komponente einge-
setzt. Die Leber ist in der Sicht der östlichen Medizin ein wich-
tiges Organ für Muskulatur, Sehnen und Bänder auf der kör-
perlichen Ebene. Psychoemotional führt eine ausreichende
Leberenergie zu einem ruhigen Geist und einem guten Schlaf.
Die Dosierung der Ceres® Tinktur beträgt 3 bis 4 Tropfen, für
Legalon 1 bis 3 Tabletten.
Bei Heuschnupfen hat sich Petasites hybridus in Tablettenform (Tesalin® N)4 bewährt, welches einmal täglich eingenommen
werden sollte. Dies allerdings im Sinne einer Langzeitein-
nahme. Für einen Akutfall ist eine Phytotherapie nicht geeig-
net.
In der Winterzeit mit häufigen viralen Infekten ist der Einsatz
von Echinacea sowohl prophylaktisch als auch akut thera-
peutisch empfehlenswert. Bereits bei den ersten Krankheits-
symptomen sollte mit einer hohen Dosierung begonnen
werden, um den Verlauf der Infektion zu verkürzen.
Bei Bronchitis und/oder Sinusitis ist der Einsatz ätherischer
Öle aufgrund der verschiedenartigen Wirkeffekte (Sekreto-
lyse, antibakterielle/antivirale Wirkung) sehr sinnvoll. Dies
kann am einfachsten mit dem Fertigpräparat Sibrovita® ge-
macht werden. Mit der Dosierung von 3 mal 1 Kapsel pro Tag,
eingenommen jeweils 30 Minuten vor dem Essen, sind die
meisten Situationen gut zu beherrschen.
Dazu kommen Cerestinkturen individuell ausgewählt je nach
Beschwerdesymptomatik und Individuum:
Bellis perennis hilft bei Blutungen, Blutergüssen, Muskelzer-
rungen und Muskelschmerzen. Gänseblümchentinktur kann
äusserlich und innerlich angewandt werden, Letzteres dann
zur systemischen Unterstützung des Heilungsprozesses und
zur Linderung der seelischen Folgen der Verletzung. Dosie-
rung bei innerlicher Anwendung: 3-mal 3 Tropfen.
Passiflora bei ängstlicher Verstimmung vor dem Wettkampf
(Angstgegner!) und insbesondere falls im Rahmen einer
Nervosität noch «Herzschmerzen» beschrieben werden,
die kein organisches Korrelat haben. Dosierung auch hier
3-mal 3 Tropfen.
Ein mögliches Akutmittel bei Verletzungen wäre Geranium
robertianum (Storchenschnabel), um einerseits die Verlet-
zung an sich und andererseits die Auswirkung der Verlet-
zung auf den Organismus zu behandeln. Die Dosierung be-
trägt wiederum 3-mal 3 Tropfen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass gerade im
Sport die Phytotherapie einen grossen Beitrag zur Prophylaxe
und Therapie von Krankheiten und/oder Gesundheitsstörun-
gen leisten kann, dies bei sehr niedrigen Kosten und einem
geringen Potenzial von Nebenwirkungen.
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Anschrift des Referenten: Dr. med. Simon Feldhaus Täliweg 7 6438 Ibach simonfeldhaus@me.com
4 Vertrieb in der Schweiz: Zeller Medical AG, Romanshorn.
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