Transkript
FORSCHUNG
Yamswurzelgel 10% bei Frauen mit menopausalen und prämenstruellen Beschwerden
Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung
Der vorliegende Artikel zeigt eindrücklich, dass wissenschaftliche Forschung auch in der ärztlichen Praxis im Rahmen der täglichen Tätigkeit
Wirkstoff, die Gelbkörperphase im weiblichen Zyklus unterstützen und entsprechend bei prämenstruellen Beschwerden hilfreich sein. Es wäre denkbar, dass der Körper aus Diosgenin auch Östrogen synthetisieren kann, womit die Yamswurzel auch Wechseljahresbeschwerden lindern könnte. Die Hersteller von Wildyamprodukten bewerben beide Indikationen.
stattfinden kann. Solche
Untersuchungen liefern Kolle-
ginnen und Kollegen neben
den grossen, multizentrischen
Studien wertvolle Erfahrun-
gen und tragen auch zur Evi-
denz von Anwendungen und
Präparaten bei.
Heide Fischer
Einleitung
Ermutigt durch positive Rückmeldungen nach Verwendung eines industriell hergestellten Wildyamgels aus den USA bei prämenstruellen und menopausalen Beschwerden, gelang es im Rahmen einer von der Autorin geleiteten Fachfortbildung «Frauennaturheilkunde mit Schwerpunkt Phytotherapie» im Jahr 2002, ein einfaches Yamswurzelgel selbst herzustellen.
Die Studie
Im Frühjahr 2003 wurde in der Arztpraxis der Autorin das Studienpräparat (vgl. Kasten) von 16 Patientinnen im Alter zwischen 37 und 53 Jahren während zweier Monate angewendet. 8 Patientinnen litten an Beschwerden des menopausalen Formenkreises wie Hitzewallungen, gelegentlich verstärkte oder unregelmässige Regelblutung, Schlafstörungen, nervöse Unruhe,verminderte Libido,Gewichtszunahme, Haut- und Schleimhauttrockenheit. Ihr Alter lag zwischen 48 und 53 Jahren. Die anderen 8 Frauen klagten über prämenstruelle Beschwerden wie Brustspannen, Wassereinlagerungen, Kopfschmerzen, Schmierblutungen und Stimmungsschwankungen. Das Alter dieser Gruppe lag zwischen 37 und 45 Jahren. Bei insgesamt 3 Frauen lagen Myome vor.
Diosgenin und Östrogen
Dioscorea villosa, Yamswurzel
Die Anwendungsanweisung lautete: vom 10. bis zum 26. Zyklustag (bei menopausalen Frauen, die bereits keinen regelmässigen Zyklus mehr hatten, vom 10. bis zum 30. Tag eines Kalendermonats) ein- bis zweimal täglich eine kirschkern- bis haselnussgrosse Portion auf die Innenseite der Arme, Brust, Bauch oder die oberen Beine auftragen.
Resultate
Menopausale Beschwerden Bei den menopausalen Beschwerden wurden nur bei 2 Frauen die typischen Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen positiv beeinflusst. 2 Frauen berichteten über eine Gewichtsabnahme, 2 über eine Verbesserung ihrer sexuellen Lust.
Arbeitshypothese
Die Arbeitshypothese lautete:Yamswurzelpräparate können über ihren Gehalt an Diosgenin, einem progesteronähnlichen
Diosgenin
Estran, das Grundgerüst aller Östrogene
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PHYTOTHERAPIE
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FORSCHUNG
Das Beschwerdebild überlappte sich zum Teil mit den prämenstruellen Symptomen. Frauen, die davon betroffen waren, verspürten alle eine Linderung bis hin zum völligen Verschwinden der prämenstruellen Beschwerden wie zum Beispiel Brustspannen und so weiter. Ein Myomwachstum konnte nicht festgestellt werden.
Prämenstruelles Symptom Alle Frauen mit ausschliesslich prämenstruellen Beschwerden erfuhren eine deutliche Verbesserung: Brustspannen und Wassereinlagerungen verringerten sich, Schmierblutungen verschwanden. Eine Verbesserung wurde auch bei seelischen Symptomen wie Unruhe und Stimmungsschwankungen festgestellt, ebenso wie bei Kältegefühl.
Nebenwirkungen 3 Frauen berichteten als Nebenwirkung über eine anfänglich leichte Übelkeit, die nach einer Woche wieder vorüber war. 1 Frau reagierte an der Anwendungsstelle mit Pustelbildung. 1 Patientin berichtete von einer anregenden Wirkung, die sich bei abendlicher Anwendung einstellte, wie sie von der Progesterongabe in der Literatur dokumentiert ist. 1 Frau mit bereits bekanntem Bluthochdruck musste die Therapie wegen Blutdrucksteigerung absetzen, bei einer anderen verstärkten sich die prämenstruellen Kopfschmerzen, auch ihr wurde zum Absetzen geraten.
Zusammenfassung
Eine Verbesserung der Wechseljahresbeschwerden unter transdermaler Anwendung von 10-prozentigem Yamswurzelgel, hergestellt aus einem Fluidextrakt der Trockendroge, gelang nur teilweise, während Frauen mit prämenstruellen Beschwerden unter dieser Therapie einhellig eine Linderung erfuhren. Es bleibt dahingestellt, ob eine orale Verabreichung höherer Dosen pulverisierter Yamswurzel oder eines Yamswurzelextrakts in den Wechseljahren Erfolg versprechender wäre als das Ergebnis der vorliegenden Studie, das eine Folge der vorsichtigen Dosierung war. Ein Vergleich mit den US-amerikanischen Präparaten, die aus der frischen Wurzel hergestellt werden, wäre ebenfalls interessant. Bei allen Arten prämenstrueller Beschwerden konnte ein guter Erfolg erzielt werden. Patientinnen sollten auf die möglichen
Kasten:
Wilde Yamswurzel – Dioscorea villosa – Familie der Dioscoreaceae
Volksnamen: Etymologie: Botanik:
Geschichte/Mythologie:
Inhaltstoffe: Droge: Heilwirkung: Anwendung:
Zubereitung:
Kolikwurzel, Rheumawurzel der botanische Name leitet sich von Dioscorides ab, dem griechischen Heilkundigen des 1. Jahrhunderts bis 6 m lange, sich windende Staude, herzförmige Blätter, grünliche Blütchen, bildet Wurzelknollen ähnlich wie ihre essbare Schwester Dioscorea batatas, die als Yamsgemüse auch bei uns erhältlich ist, sie ist ein Grundnahrungsmittel in Afrika und Mittelamerika bei den indigenen Völkern Nord- und Mittelamerikas bekannt als Verhütungsmittel, krampflösend bei Menstruations- und Wehenschmerzen, Diosgenin als Progesteronvorstufe 1936 von japanischen Wissenschaftlern entdeckt, in den Anfängen der hormonellen Kontrazeption und der Hormontherapie in den Wechseljahren Ausgangsstoff für die Progesteronssynthese Steroidsaponine, besonders Dioscin (aus dem sich das Diosgenin, der progesteronähnliche Wirkstoff, abspaltet), Alkaloide, Gerbstoffe, Stärke Dioscoreae rhizoma progesteronähnliche Wirkung, hormoneller Ausgleich auch in den Wechseljahren, krampflösend auf jede Art von Muskulatur, entzündungshemmend, antirheumatisch Progesteronmangel beziehungsweise Östrogendominanz mit allen Folgen wie PMS, Eierstockzysten, Myome und so weiter, Wechseljahresbeschwerden, Osteoporoseprophylaxe, Menstruationsbeschwerden, drohende Fehlgeburt, vorzeitige Wehen, rheumatoide Arthritis innerlich als Tinktur oder Fluidextrakt, getrocknete und pulverisierte Wurzel in Kapselform, äusserlich als Gel, Vaginalgel oder Creme (transdermale Anwendung)
Ausgewählte Rezepturen Yamsgel 10% Nachtkerzenöl 10 g, Vitamin E 2 g, Glycerin 10 g, ätherisches Öl: Rosengeranie 10 Tr., Dioscorea-villosa-Fluidextrakt 10 ml (am besten aus der frischen Wurzel), 1 Messerspitze Zitronensäure Alles gut in einer weithalsigen Kunststoffflasche verschütteln, ca. 68 ml Rosenwasser dazugeben und wieder gut verschütteln. 1 knapper gestrichener TL Guarmehl dazugeben und weiterschütteln, bis sich Gel bildet.
Yamscreme 10% (100 ml) Yamstinktur 10 ml, Vitamin E 2 ml, ätherisches Öl: Rosengeranie 10 Tr., ad Basiscreme 100 ml .
Dosierung von Gel und Creme: Vom 10.–26. Zyklustag, nach der Menopause vom 10.–30. Tag eines Monats 1–2 x täglich 1 kirschkern- bis haselnussgrosse Portion auf Bauch, Brust oder Innenseite Oberschenkel/Oberarme auftragen und einziehen lassen.
Zurzeit sind in Deutschland und in der Schweiz keine als Arzneimittel registrierte Yamswurzelpräparate erhältlich. Gewisse Apotheken stellen auf Bestellung Cremes oder Gels her.
Nebenwirkungen hingewiesen und engmaschig betreut werden. Mit einer paradoxen Wirkung muss man bei allen hormonwirksamen Pflanzen rechnen. Im Sinne einer Hypothesengenerierung scheint der Einsatz von Yamswurzelgel bei prämenopausalen Beschwerden gerechtfertigt und
erfolgreich. Selbstverständlich sollten die Ergebnisse unter kontrollierten Bedingungen verifiziert werden.
Nachtrag
Ich habe die wilde Yamswurzel seit dieser Anwendungsbeobachtung kontinuierlich
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Die Autorin
Heide Fischer, geb. 1954, Ärztin, eigene Praxis in Freiburg i. Br. mit den Schwerpunkten Frauennaturheilkunde und Psychosomatik. Autorin der Gesundheitsratgeber «Frauenheilbuch» (2004), «Frauenheilpflanzen» (2006) und «Körperweisheit» (2009). Dozentin, Referentin und Seminarleiterin.
kers veränderten wir die Rezeptur dahinge-
hend, dass der Fluidextrakt wegen der bes-
seren Handhabung und Resorbierbarkeit
statt in ein Gel in eine Cremegrundlage
eingearbeitet wird. Bei Allergikerinnen
empfiehlt es sich, kein ätherisches Öl zuzu-
setzen.
◆
weiter mit Erfolg angewendet. Hunderte Frauen erfuhren damit eine Linderung ihrer prämenstruellen Beschwerden und konnten auch andere Folgeerscheinungen
eines Geldkörpermangels wie Subfertilität oder die Bildung von Ovarialzysten beheben sowie das Wachstum von Myomen stoppen. Nach Anregung meines Apothe-
Anschrift der Autorin: Heide Fischer Gerberau 26 D-79098 Freiburg info@frauen-naturheilkunde.de www.frauen-naturheilkunde.de
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