Transkript
FORSCHUNG
Serenoa repens bei benigner Prostatahyperplasie
Eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration
Der folgende Artikel ist eine
auf Deutsch übersetzte Zu-
sammenfassung der Studie
Tacklind J., MacDonald R.,
Rutks I. und Wilts T.J.: Sere-
noa repens for benign prosta-
tic hyperplasia (Review), The
Cochrane Library 2009, Issue
2, veröffentlicht von John
Wiley & Sons, Ltd. (1).
Ziel und Design der Übersichtsarbeit
Die Autoren der Übersichtsarbeit (Review) evaluierten die Wirksamkeit von Serenoa repens in der Behandlung der benignen Prostatahyperplasie (BPH). Aus den Datenbanken von Medline, Embase und der Cochrane Library wurden Arbeiten berücksichtigt, die folgenden Kriterien entsprachen: ◆ Patienten: Männer mit symptomati-
scher BPH, die Serenoa-repens-Präparate (als Mono- oder Kombinationspräparate) erhielten ◆ Studiendesign: randomisierte, plazebokontrollierte oder Vergleichsstudien, Mindestdauer vier Wochen ◆ Zielvariablen: klinische Befunde wie Skalen mit urologischen Symptomen, Symptome und urodynamische Messparameter. Für die Auswertung dienten als primäre Zielvariablen die Veränderungen auf urologischen Symptomskalen. Sekundäre Zielva-
riablen waren Nykturie und urodynamische Messwerte. Als primäre Zielvariable zur Erfassung von Nebenwirkungen oder unerwünschten Ereignissen wurde die Anzahl der Patienten herbeigezogen, die Nebenwirkungen angaben.
Ausgewertete Studien
Insgesamt wurden 30 Studien mit total 5222 Probanden ausgewertet (vgl. Kasten). Die Studienzeit dauerte 4 bis 60 Wochen. 26 der Studien waren doppelblind. In 18 Studien war die Zuweisung zu einer Studiengruppe adäquat verschleiert (treatment allocation concealment).
Die verwendeten Serenoarepens-Präparate
In allen 30 ausgewerteten Studien wurde ein Serenoa-repens-Extrakt verwendet. 12 Studien verwendeten Permixon®, ein Serenoa-repens-Monopräparat mit 160 mg Trockenextrakt von Serenoa repentis (Drogen-Extrakt-Verhältnis 6–12:1). 5 Studien wurden mit dem Präparat Prosta-
gutt F® durchgeführt, einem Kombinationspräparat mit zwei standardisierten Extrakten: 160 mg Serenoa repens und 120 mg Urtica dioica. Bei 14 Studien wurden Serenoa-repensMono- oder -Kombinationspräparate verwendet, die in der Cochrane Review nicht genau beschrieben wurden (2).
Dosierungen
Die Autoren machen keine genauen Angaben über die Dosierung der verwendeten Präparate.Wörtlich schreiben sie: «Die häufigste Dosierung von Serenoa repens betrug 160 mg zweimal täglich» (S. 6). Weiter erwähnen Sie 9 Studien mit Dosierungen, die von den zweimal 160 mg abweichen (S. 6 bzw. 7).
Resultate
Primäre Zielvariablen, Symptomen-ScoreVerbesserungen Serenoa repens erwies sich Plazebo gegenüber bei der Verbesserung des internationalen Prostata-Symptomen-Scores (IPSS) als nicht überlegen: WMD -0,77 Punkte; 95%-KI
Kasten: Die Studien
Serenoa repens vs. Plazebo Serenoa repens Monopräparat (n = 14; davon 10 statistisch ausgewertet [vgl. Abbildung 1 auf Seite 12 der Review) Serenoa repens in natürlichen Kombinationspräparaten (n = 5)
Serenoa repens vs. Vergleichssubstanz versus Finasterid (n = 2, davon 1 Kombinationspräparat) versus Tamsulosin (n = 6, davon 4 Kombinationspräparate) versus Gestonoroncaproat (n = 1) Die Autoren geben auf Seite 6 an, es seien 30 Studien ausgewertet worden. Im Kapitel «Resultate» (Seiten 7 – 11) werden die Resultate von 28 Studien beschrieben. 4 der auf Seite 14 ff. referenzierten Studien (2 Plazebo- und 2 Vergleichsstudien) werden im Kapitel «Resultate» nicht erwähnt. Eine dreiarmige Studie mit Serenoa repens, Tamsulosin und Serenoa repens plus Tamsulosin wird dreifach ausgewertet.
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PHYTOTHERAPIE
4/2009
FORSCHUNG
-2,88–1,34; p > 0,05; 2 Studien gegenüber Finasterid: MD 0,40 Punkte; 95%-KI -0,57 – -1,37; p > 0,05; 1 Studie gegenüber Plazebo und Tamsulosin:WMD -0,52 Punkte; 95%-KI -1,91 – -0,88; p > 0,05; 2 Studien.
Sekundäre Zielvariablen, einzelne Symptomverbesserungen Bei der Verbesserung der Nykturie erwies sich Serenoa repens als signifikant besser als Plazebo: WMD -0,78 nächtliches Urinieren; 95%-KI -1,34 – -0,22; p < 0,05; 9 Studien. Bei diesem Resultat bestand, laut den Autoren, ein Vorbehalt aufgrund grosser Heterogenität. Eine genauere Auswertung mit höherer Qualität, die nur Studien mit ≥ 40 Probanden berücksichtigte, zeigte keinen signifikanten Unterschied: WMD -0,31 nächtliches Urinieren; 95%-KI -0,70–0,08; p > 0,05; 5 Studien. Serenoa repens erwies sich Finasterid gegenüber als nicht überlegen: MD -0,05 nächtliches Urinieren; 95%-KI 0,49–0,39; p > 0,05; 1 Studie. Dasselbe gilt Tamsulosin gegenüber. Prozentuale Verbesserung, Ri-
siko Ratio 0,91; 95%-KI 0,66–1,27; p > 0,05; 1 Studie. Beim Vergleich des maximalen Harnstrahls zeigte sich am Ende der Beobachtungszeiten bei Serenoa repens gegenüber Plazebo keine Überlegenheit: WMD 1,02 ml/s; 95%KI -0,14–2,19; p > 0,05; 10 Studien. Dasselbe gilt für die mittlere Veränderung des Harnstrahls: WMD 0,31 ml/s; 95%-KI -0,56–1,17; p > 0,05; 2 Studien. Auch kein signifikanter Unterschied zwischen Serenoa repens und Plazebo war nach den Beobachtungszeiten bei der Grösse der Prostata zu erkennen: MD -1,22 cm2, 95%-KI -3,91–1,47; p > 0,05; 1 Studie.
Unerwünschte Wirkungen
19 Studien berichteten von unerwünschten Wirkungen, die generell mild waren. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Schwindel, Kopfschmerzen und gastrointestinale Beschwerden. Keine der Studien, die Serenoa repens gegenüber Plazebo verglichen, zeigten in einem Stu-
dienarm eine Nebenwirkungsrate > 5 Prozent. Weiter konnten keine Signifikanzen festgestellt werden.
Schlussfolgerungen der Autoren
Die Autoren erwähnen die beiden Über-
sichtsarbeiten von 1998 und 2002, bei de-
nen sie für Serenoa repens eine Wirksam-
keit bei BPH ermittelt hatten. In der
jetzigen Review folgern die Autoren, Sere-
noa repens sei zur Behandlung der beni-
gnen Prostatahyperplasie nicht wirksamer
als Plazebo.
◆
Kontaktadresse der Autoren: Tacklind James, BS Center for Chronic Disease Outcomes Research (111–0), Minneapolis Veterans Affairs Medical Center Minneapolis, MN, USA james.tacklind@med.va.gov
1. Übersetzung und Kürzungen: Dr. C. Bachmann
2. Zählt man diese Zahlen zusammen, kommt man auf 31 Studien. In der Review geben die Autoren aber an, 30 Studien ausgewertet zu haben.