Transkript
FORSCHUNG
Ginseng: die Panacea oder ein Mittel für gezielte Behandlung?
Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten
Der folgende Artikel zeigt
eine Übersicht über die ver-
schiedenen Wirkungen und
Anwendungsmöglichkeiten
von Panax ginseng, dessen
klinische Evidenz für Kognitiv-
funktionen, Gemütslage, Aus-
dauer und Vitalität, aber auch
für das Wohlbefinden in der Menopause durch zahlreiche
Abbildung 1: Panax ginseng C.A. Meyer – Habitusbild der blühenden Pflanze.
Abbildung 2: Die Ginsengwurzel mit der typischen menschenähnlichen Form.
Studien belegt wird.
O. Petrini, L.E. Petrini
Einführung
Verschiedene Pflanzenarten werden unter dem Sammelnamen Ginseng zusammengefasst. Das Konzept «Ginseng» ist fast immer mit Leistungsförderung verbunden, jedoch besitzen die verschiedenen Pflanzen mit diesem Namen auch verschiedene Eigenschaften. Koreanischer oder asiatischer Ginseng (botanisch: Panax ginseng C.A. Meyer [Araliaceae]) wird hauptsächlich in den kalten, gemässigten Regionen Nordostchinas und der koreanischen Halbinsel angebaut (1). Asiatischer Ginseng gedeiht von Japan über Taiwan bis hin zu Sibirien ausdehnt. Amerikanischer Ginseng (Panax quinquefolium L.) wird vor allem in den nördlichen Teilen von Nordamerika, einschliesslich British Columbia und Ontario, Kanada, wie auch Wisconsin, Minnesota,
Kentucky und West Virginia in den Vereinigten Staaten angebaut. Eleutherococcus senticosus (Rupr. et Maxim.) Maxim (Araliaceae), der sibirische Ginseng, wird gewöhnlich in Korea und Russland wild gesammelt oder kultiviert. Als «echter» Ginseng wird die Art Panax ginseng bezeichnet. Sie stammt ursprünglich aus zwei grösseren Regionen, Korea und der Volksrepublik China (2). Chinesen waren von seinen menschenähnlichen Wurzeln schon immer fasziniert und nannten deshalb die Pflanze «Menschenwurzel». Diese Wurzel ist in der traditionellen chinesischen Medizin hoch geschätzt. Aus pharmakologischer Sicht gehört Ginseng zu den Adaptogenen (3). Diese Substanzen modulieren bestimmte Phasen des Adaptationssyndroms. Entweder reduzieren sie Stressreaktionen in der Alarmphase oder verzögern beziehungsweise verhindern die Erschöpfungsphase. Eleutherococcus, asiatischer Ginseng und auch Rhodiola rosea L. (4, 5) sind Pflanzen, denen eine adaptogene Wirkung zugeschrieben
wird. Wissenschaftliche Evidenz über medizinische Eigenschaften von Eleutherococcus und Rhodiola ist beschränkt (5, 6), dagegen weisen verschiedene Artikel auf die positive Wirkung des asiatischen Ginsengs auf erhöhte, physische und mentale Leistungen sowie auf Müdigkeits- und Stressbekämpfung hin. Der echte Ginseng konnte seinen guten Ruf während des tausendjährigen Gebrauchs aufrechterhalten, und seine Wirkung konnte bei ausgewählten Indikationen gezeigt werden. Man glaubt, dass hauptsächlich die Ginsenoside für die Wirksamkeit der Pflanze verantwortlich sind, obwohl auch andere Inhaltsstoffe zu dem für pflanzliche Heilmittel charakteristischen Effekt synergistisch beitragen. Fehlende Kenntnisse der inhärenten Eigenschaften von Ginseng, unterschiedliche Extraktionsverfahren, der Gebrauch unwirksamer Ersatzstoffe oder sogar Fälschungen lassen manchmal an der Wirksamkeit von Ginseng zweifeln. Zum Beispiel wurde im Verlauf eines Evalua-
thema14
PHYTOTHERAPIE
4/2009
FORSCHUNG
tionsprogramms seitens des American Botanical Council aufgedeckt, dass zwischen 13 für einen Blindtest ausgewählten Ginsengprodukten die Qualität und die Quantität der Ginsenoside erheblich variierte (7). Die Herstellung standardisierter Ginsengextrakte erlaubte schliesslich, konsistente Ergebnisse in der präklinischen und klinischen Forschung zu produzieren (2). Viele Studien wurden durchgeführt, um den Wirkungsmechanismus von Ginseng zu erforschen. Es gibt inzwischen genügend Hinweise, dass Ginseng die Physiologie sowohl im zellulären als auch im makroskopischen Bereich beeinflusst. In der Literatur findet man Berichte, dass Ginseng gegen Müdigkeit und Stress wirkt sowie Lernen und Gedächtnis positiv beeinflusst. Klinische Forschung hat gezeigt, dass standardisierte Ginsengextrakte Schwäche, Erschöpfungszustände und Müdigkeit positiv beeinflussen und die mentalen Fähigkeiten und das Immunsystem unterstützen können (8). Die meisten präklinischen und klinischen Studien mit Ginseng wurden mit dem standardisierten Ginsengextrakt G115®1 durchgeführt. Dieser Extrakt enthält genau definierte Mengen von acht Ginsenosiden. Die nachfolgende Übersicht beschreibt deshalb vorwiegend Ergebnisse von mit diesem Extrakt durchgeführten Prüfungen.
Klinische Pharmakologie von Ginseng
Pharmakokinetik Über 200 verschiedene Inhaltsstoffe von Panax ginseng sind bisher chemisch charakterisiert worden. Deshalb ist es sehr schwierig, pharmakokinetische Studien mit Ginsengextrakten durchzuführen. Immerhin ist die Kinetik von ausgewählten Ginsenosiden in zwei Studien (9, 10) bestimmt worden. Diese Untersuchungen zeigen, dass diese Substanzen vom menschlichen Körper, wenn auch nur in geringen Mengen, absorbiert werden.
Immunmodulierende Wirkung Scaglione et al. (11) berichteten, dass zwei Extrakte von Panax ginseng eine immunmodulierende Wirkung in normal gesunden Freiwilligen entfalteten. 60 gesunde Frauen und Männer, zwischen 18 und 50 Jahre alt, wurden in eine plazebokontrol-
1standardisierter Extrakt Panax ginseng C.A. Meyer G115®, Ginsana SA, Schweiz
lierte Doppelblindstudie eingeschlossen, in der die Wirkung eines wässrigen Ginsengextrakts, von Plazebo und Ginsengwurzel auf das Immunsystem verglichen wurde. Die Probanden nahmen während acht Wochen alle zwölf Stunden eine Kapsel der ihnen zugeordneten Behandlung ein. Alle Parameter wurden in den Leukozyten des peripheren Blutes vor, dann vier und acht Wochen nach Behandlungsbeginn bestimmt. Bei den mit den beiden Ginsengpräparaten behandelten Patienten waren die intrazelluläre Chemotaxis sowie der Phagozytoseindex und die -fraktion statistisch signifikant verbessert (p < 0,05). In einer zweiten Studie untersuchten Scaglione et al. (12) die Wirkung von Ginseng auf die Aktivität der alveolaren Makrophagen von Patienten mit chronischer Bronchitis. Der wässrige Ginsengextrakt konnte die Immunreaktion der alveolaren Makrophagen bei chronisch kompromittierten Patienten verbessern und dürfte somit eine wichtige Rolle in der Vorbeugung und Therapie von Atemwegserkrankungen spielen. Sauerstoffaufnahme Verschiedene Studien untersuchten den Einfluss von Ginseng auf die Oxigenierung und Deoxigenierung von Hämoglobin (siehe [13] für ein Beispiel). Die Wirkung von G115® auf die Leistung und Sauerstoffaufnahme gut trainierter Athleten wurde ebenso in einer Reihe von Studien untersucht (14–18), welche jedoch nur beschränkt wissenschaftlich wertvoll sind. Diese Wirkung von Ginseng ist immer noch nicht bewiesen, weil keine entsprechenden GCP-Studien durchgeführt wurden. Zerebrovaskuläre Wirkung Die Wirkung eines Panax-ginseng-Extrakts auf zerebrovaskuläre Defizite wurde in einer offenen, plazebokontrollierten klinischen Studie und in einer randomisierten, dreiarmigen Doppelblindstudie untersucht (19, 20). Beide Studien wurden leider nicht nach den heutigen modernen Standards durchgeführt. Trotzdem weisen die Resultate darauf hin, dass Ginseng den zerebralen Blutfluss positiv beeinflussen könnte. Diese ermutigenden Resultate könnten einen Gebrauch von Ginseng in geriatrischen Patienten rechtfertigen. Ginseng: klinische Evidenz Müdigkeit, vielfach eine Folge stressbedingter Störungen, beeinflusst die Leis- tung und vermindert die Immunantwort. Gemäss Karpen (21) verursachen stressbedingte Störungen 75 bis 95 Prozent der Arztbesuche in den USA. Stress beeinflusst das Immunsystem, indem das komplexe Regelwerk im menschlichen Körper (22) gestört wird. Dies kann das menschliche Leben positiv oder negativ beeinflussen. Dauerstress kann zu ernsthafter physischer oder psychischer Krankheit führen, wobei Müdigkeit das am meisten verbreitete Symptom ist. Müdigkeit ist deshalb nicht nur ein physischer, sondern (und meistens) auch ein psychologischer Zustand. In diesem Zusammenhang erweist sich die zweifache Wirkungsweise von Ginseng, die immunmodulatorische Wirkung (23) sowie seine günstige Wirkung auf die Gemütslage und kognitive Funktionen (24), als vorteilhaft. Immunmodulatorische Wirkung Scaglione et al. (25) führten eine plazebokontrollierte, randomisierte, multizentrische Doppelblindstudie durch, um die potenzierende Wirkung von Ginsengextrakt auf die Grippeimpfung zu bestimmen (19). 114 Freiwillige wurden während zwölf Wochen mit 100 mg Ginsengextrakt b.i.d. und 133 mit Plazebo behandelt. Vier Wochen nach Behandlungsbeginn wurden die Studienteilnehmer gegen Grippe geimpft. Zwischen der vierten und zwölften Woche der Behandlung erkrankten 42 Teilnehmer in der Plazebogruppe und nur 15 in der Ginsenggruppe an Grippe, wobei der Unterschied statistisch hochsignifikant war (p < 0,001). In Woche 8 erreichte der durchschnittliche Antikörpertiter 171 Einheiten in der Plazebound 272 Einheiten in der Ginsenggruppe (p < 0,0001). In den Wochen 8 und 12 war die Aktivität der natürlichen Killerzellen in der Ginsenggruppe fast doppelt so hoch wie diejenige in der Plazebogruppe (p < 0,0001). Eine offene, ebenfalls von Scaglione und Mitarbeitern (26) durchgeführte, vergleichende Studie untersuchte die Wirkung des standardisierten Ginsengextrakts auf die bakterielle Keimzahl im Bronchialsystem von Patienten mit chronischer Bronchitis während eines akuten Anfalls. 75 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen und mit 875 mg Amoxycillin und 125 mg Clavulansäure b.i.d behandelt. Dann wurden die Teilnehmer zufällig in zwei Gruppen unterteilt: die eine (n = 37) erhielt nur eine antibiotische Behandlung, die andere (n = 38) zusätzlich 100 mg b.i.d. 4/2009 thema PHYTOTHERAPIE 15 FORSCHUNG des standardisierten Ginsengextrakts G115®. Die Behandlung dauerte durchschnittlich neun Tage. Bei 44 der 75 eingeschlossenen Patienten konnte die Keimzahl bestimmt werden. Die Auswertung der Keimzahlentwicklung zeigte signifikante Effekte zwischen den Gruppen und Tagen. Statistisch signifikante Gruppenunterschiede wurden an den Tagen 4, 5, 6, 7 und marginal auch an Tag 8 beobachtet. Der Logrank-Test zeigte, dass die Zeit bis zur vollständigen Eliminierung der Bakterien zwischen den Gruppen statistisch signifikant verschieden war (χ2 = 6,2127, p = 0,0127). Die mittlere Anzahl Tage, bis keine Bakterien mehr nachgewiesen werden konnten, war in der Antibiotika- und Ginsenggruppe deutlich tiefer (Durchschnitt 5,9 ± 0,3) als in der Antibiotikagruppe (Durchschnitt 6,7 ± 0,3). Patienten unter Ginsengbehandlung hatten eine signifikant schnellere bakterielle Clearance als Patienten, die nur Antibiotika erhielten. Einfluss auf kognitive Funktionen und Gemütslage D’Angelo et al. (27) untersuchten die Wirkung eines Ginsengextrakts auf die psychomotorische Funktion von 16 gesunden Freiwilligen. In einer plazebokontrollierten Doppelblindstudie erhielten die Versuchsteilnehmer 100 mg eines standardisierten Ginsengextrakts oder Plazebo b.i.d während zwölf Wochen. Die Ginsenggruppe zeigte eine bessere Leistung im Kopfrechnen, jedoch bestanden keine Gruppenunterschiede bei motorischen Funktionen, Wiedererkennung und visueller Reaktionszeit. Eine plazebokontrollierte Crossover-Doppelblindstudie untersuchte, ob eine einmalige Einnahme von Ginseng eine demonstrierbare Wirkung auf die Gemütslage und vier verschiedene Aspekte der kognitiven Leistung haben könnte (28). 20 junge, freiwillige Probanden erhielten 200 mg, 400 mg und 600 mg eines standardisierten Ginsengextrakts und ein entsprechendes Plazebo als Einzeldosis in einer zufälligen Reihenfolge mit einer siebentägigen Auswaschperiode zwischen den Behandlungen. Die kognitiven Funktionen wurden vor der Behandlung, dann 1, 21/2, 4 und 6 Stunden nach der Produkteeinnahme getestet. Eine signifikante Verbesserung der Faktoren «Gedächtnisqualität» und «sekundäres Gedächtnis» wurde zu allen Zeitpunkten nach der Einnahme von 400 mg Ginseng beobachtet. Die 200-mg- und 600-mg-Dosen waren mit einer signifikanten Abnahme des Faktors «Geschwindigkeit der Aufmerksamkeit» erst zu einem späteren Testzeitpunkt assoziiert. Die subjektiv beurteilte Wachsamkeit war sechs Stunden nach der Einnahme der geringsten Dosis ebenfalls reduziert. Das zeigt, dass Ginseng eine messbare Wirkung auf die kognitiven Funktionen ausübt. Obwohl nur 20 Freiwillige in die Studie eingeschlossen wurden, kann man doch aufgrund des sehr zuverlässigen Crossover-Designs den Schluss ziehen, dass Ginseng bei gesunden, jungen Leuten günstig auf das Gedächtnis wirkt. Gleichzeitig zeigt diese Studie zum ersten Mal, dass bei akuter Verabreichung von Ginseng eine Modulation der Stimmung und der kognitiven Leistungen erfolgt. Ausdauer und Vitalität Die Fähigkeit von Ginseng, Ausdauer und Vitalität zu verbessern, wurde in klinischen Studien untersucht. In einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie wurden 60 zwischen 22 und 80 Jahre alte Freiwillige während zwölf Wochen mit einem Ginsengextrakt oder Plazebo behandelt (29).Verglichen mit Plazebo zeigten die Teilnehmer in der Ginsenggruppe eine deutliche Verbesserung der Reaktionszeit, der Koordination beider Hände, der Erholungsphase und des Erholungsquotienten. Forgo et al. (15) führten eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie durch, um die Wirkung eines standardisierten Ginsengextrakts auf das allgemeine Wohlbefinden, die Reaktionsfähigkeit und Lungenfunktion zu untersuchen. 60 freiwillige, 30 bis 60 Jahre alte Männer und Frauen wurden während zwölf Wochen mit 100 mg Ginseng b.i.d oder Plazebo behandelt. Die Messungen für die Reaktionszeit und Lungenfunktion zeigten signifikante Gruppenunterschiede mit einem Trend zugunsten der Ginsenggruppe. Schlafmuster, Konzentration, Vitalität und Stimmung waren bei den mit Ginseng behandelten Teilnehmern, verglichen mit Plazebo, deutlich verbessert (p < 0,001). Gross et al. (30, 31) untersuchten die Wirkung von Ginseng auf die Lungenfunktionen, die Fähigkeit zur Sauerstoffaufnahme und Gehfähigkeit bei Patienten mit schweren chronischen Atemwegserkrankungen. Die Behandlung mit Ginseng verbesserte bei diesen Patienten die Lungenfunktionen und Sauerstoffaufnahme. Die Gehdistanz in sechs Minuten vergrösserte sich von 600 auf 1,100 Meter. Wirkung auf Symptome der Menopause Ginseng hat keine Wirkung auf den weiblichen Hormonspiegel, doch beeinflusst er offensichtlich Gemütsschwankungen während der Menopause. 49 Frauen, die in der Menopause während drei Monaten mit 100 mg b.i.d. standardisiertem Ginsengextrakt behandelt wurden, berichteten von positiven Behandlungseffekten auf den allgemeinen Gesundheitszustand (32). In einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie wurden 384 symptomatisch postmenopausale Frauen während 16Wochen mit 100 mg Ginseng Extrakt b.i.d. (n = 193) oder Plazebo (n = 191) behandelt, um die Wirkung von Ginseng auf die Lebensqualität und den Hormonspiegel zu untersuchen. Ginseng zeigte keine Wirkung auf die vasomotorischen Symptome, war aber bei der Verbesserung des Wohlbefindens und der Linderung subjektiver Symptome dem Plazebo überlegen (33). Sicherheit von Ginseng Die Sicherheit von Ginseng ist durch die klinischen Studien mit gesunden Freiwilligen und Patienten sowie durch seinen Gebrauch durch Millionen von Patienten in vielen Ländern weltweit gut profiliert. In klinischen Studien mit Ginseng wurden selten Nebeneffekte erwähnt. Das Fehlen von Berichten über Nebenwirkungen suggeriert, dass Ginseng im Allgemeinen wenige Nebenwirkungen und wenn überhaupt von nicht schwerwiegender Natur verursacht. Trotzdem sollte man während der Behandlung mit pharmakologisch aktiven Produkten immer mit Nebenwirkungen rechnen. Das gilt auch für mit Plazebo behandelte Patienten in klinischen Studien. Die meisten klinischen Studien entdeckten keine Nebenwirkungen, oder sie traten in der Ginseng- und Plazebogruppe mit gleicher Inzidenz auf. Eine kürzlich veröffentlichte, systematische Übersicht über die Sicherheit von Ginsengprodukten (34) kam zum Schluss, dass die Einnahme von P.-ginsengMonopräparaten selten mit Nebenwirkungen oder mit Drogeninteraktionen assoziiert ist. Dokumentierte Nebenwirkungen waren meistens von milder Intensität und vorübergehend. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die vorhandenen Daten das ausge- thema16 PHYTOTHERAPIE 4/2009 FORSCHUNG zeichnete Sicherheitsprofil von standardisierten Ginsengextrakten bestätigen. Schlussfolgerungen Nach den hier erwähnten, klinischen Studien bewirkt der echte Ginseng eine Verbesserung des Wohlgefühls, der kognitiven Funktionen und der immunologischen Parameter. Die kognitiven Funktionen verbessernde Eigenschaften von G115® wurden eindeutig durch Kennedy et al. (28) gezeigt und bestätigen die Resultate ähnlicher vorhergehender Studien, welche aber nicht nach denselben strikten wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt wurden. Wesnes et al. (35) konnten bei Krankenschwestern und Hilfsschwestern, die Nachtschicht arbeiteten, zeigen, dass eine zwölfwöchige Behandlung mit Ginseng und einer VitaminMineralstoff-Kombination deren mentale Leistung und physische Müdigkeit günstig beeinflusste. Diese Wirkung ist in Einklang mit der bekannten günstigen, akuten Wirkung von Ginseng, jedoch darf der potenzielle Beitrag der Vitamine in dieser Studie nicht vernachlässigt werden. Abschliessend zeigten Studien, die zu verschiedenen Indikationen wie Psychoasthenie oder Menopause durchgeführt wurden, keine direkte Verbesserung der Symptomatologie der zugrunde liegenden Krankheit, jedoch eine günstige Wirkung von Ginseng auf das Wohlgefühl und die Stimmung. Echter Ginseng ist sicher nicht das von Marketing und Werbung in den höchsten Tönen angepriesene Allheilmittel, jedoch konnte eine Anzahl von Wirkungen klar nachgewiesen werden. Aufgrund seiner immunmodulierenden Eigenschaften und seiner günstigen Wirkung auf kognitive Funktionen könnte echter Ginseng sicher eine interessante Option im medizinischen Arsenal sein, sei es in Verbindung mit Stressbehandlung oder um nachlassende kognitive Funktionen zu unterstützen. Eine Synopsis der Literatur folgt in AM thema Phytotherapie 5/2009. Anschrift der Autoren Orlando Petrini (Korrespondenzautor) Istituto Cantonale di Microbiologia Via Mirasole 22°A, 6500 Bellinzona E-Mail: orlando.petrini@ti.ch Liliane E. Petrini Via Al Perato 15C, 6932 Breganzona Literatur: 1. Sprecher E. Ginseng – miracle drug or phytopharmacon? Apoth J. 1987; 9(5): 52–61. 2. Teeguarden R. The major tonic herbs. Chinese Tonic Herbs,Teeguarden R, Japan Publications, Inc 1984. p. 77–120. 3. Wagner H, Noerr H, Winterhoff H. Plant adaptogens. Phytomedicine. 1994; 1: 63–76. 4. Brown RP, Gerbarg PL, Ramazanov Z. Rhodiola rosea: A Phytomedicinal Overview. Herbalgram. 2002; 56: 40–52. 5. Foster S. Siberian Ginseng, Eleutherococcus senticosus, Foster S, American Botanic Council 1996. 3–8. 6. Facchinetti F, Neri I, Tarabusi M. Eleutherococcus senticosus reduces cardiovascular stress response in healthy subjects: a randomized, placebo-controlled trial. Stress Health. 2002; 18: 11–17. 7. Hall T, Lu Z, Yat PN, Fitzloff JF, Arnason JT, Awang DVC, et al. Evaluation of consistency of standardized Asian ginseng products in the Ginseng Evaluation Program. Herbalgram. 2001; 52: 31–45. 8. Scaglione F, Pannacci M, Petrini O. The Standardised G115® Panax ginseng C.A. Meyer Extract: A Review of its Properties and Usage. Evidence-Based Integrative Medicine. 2005; 2 (4): 195–206. 9. Cui JF, Bjorkhem I, Eneroth P. Dose-dependent urinary excretion of 20(S)-protopanaxadiol and 20(S)-protopanaxatriol glycosides in man after ingestion of ginseng preparations – a pilot study. Analysis of Ginsenosides, Cui J, Stockholm 1995. 1–10. 10. Cui JF, Garle M, Bjorkhem I, Eneroth P. Determination of aglycones of ginsenosides in ginseng preparations sold in Sweden and in urine samples from Swedish athletes consuming ginseng. Scand J Clin Lab Invest. 1996; 56: 151–160. 11. Scaglione F, Ferrara F, Dugnani S, Falchi M, Santoro G, Fraschini F. Immunomodulatory effects of two extracts of Panax ginseng C.A. Meyer. Drugs Exp Clin Res. 1990; 16 (10): 537–542. 12. Scaglione F, Cogo R, Cocuzza C, Arcidiacono M, Beretta A. Immunomodulatory effects of Panax ginseng C.A. Meyer (G115®) on alveolar macrophages from patients suffering with chronic bronchitis. Int J Immunother. 1994; 10 (1): 21–24. 13. Ardenne Mv, Klemm W. Measurements of the increase in the difference between the arterial and venous Hb-O2 saturation obtained with daily administration of 200 mg standardized ginseng extract G115 for four weeks: long-term increase of the O2 transport into the organs and tissues of the organism through biologically active substances. Panminerva Med. 1987; 29 (2): 143–150. 14. Forgo I. Effect of drugs on physical performance and hormone system of sportsmen. Mmw. 1983; 125 (38): 822–824. 15. Forgo I, Kayasseh L, Staub JJ. Effect of a standardized ginseng extract on general well-being, reaction capacity, pulmonary function and gonadal hormones. Med Welt. 1981; 32 (19): 751–756. 16. Forgo I, Kirchdorfer AM. On the question of influencing the performance of top sportsmen by means of biologically active substances. Aerztl Prax. 1981; 33 (44): 1784–1786. 17. Pujol P, Verdaguer-Codina J, Drobnic F, Riera J, Coll J, Galilea P, et al., editors. Effects of a ginseng extract alone and combined with other elements on free radical production and hemoglobin reoxygenation following a maximal stress test. 1996 Int Pre-Olympic Sci Cong, Dallas, 10–14 Jul 1996; 1996. 18. Schepdael PV. The effects of ginseng G115 on the physical performance of endurance athletes. Acta Ther. 1993; 19 (4): 337–347. 19. Quiroga HA. A comparative double-blind study on the effects of Ginsana G115® and Hydergin on cerebrovascular deficits. Orientacion Med. 1982; 31 (1281): 201–202. 20. Quiroga HA, Imbriano AE. The effect of Panax ginseng extract on cerebrovascular deficits. Orientacion Med. 1979; 28 (1208): 86–87. 21. Karpen M. Managing stress: natural approaches to a modern disorder. Altern Complement Ther. 1996: 207–216. 22. Glaser R, Rabin B, Chesney M, Cohen S, Natelson B. Stress-induced immunomodulation: implications for infectious diseases? JAMA. 1999; 281 (24): 2268–2270. 23. Pannacci M, Lucini V, Colleoni F, Martucci C, Grosso S, Sacerdote P, et al. Panax ginseng C.A. Mayer G115® modulates pro-inflammatory cytokine production in mice throughout the increase of macrophage toll-like receptor 4 expression during physical stress. Brain Behav Immun. 2006; 20 (6): 546–551. 24. Kennedy DO, Scholey AB. Ginseng: potential for the enhancement of cognitive performance and mood. Pharmacol Biochem Behav. 2003; 75 (3): 687–700. 25. Scaglione F, Cattaneo G, Alessandria M, Cogo R. Efficacy and safety of the standardised ginseng extract G115 for potentiating vaccination against common cold and/or influenza syndrome. Drugs Exp Clin Res. 1996; 22 (2): 65–72. 26. Scaglione F, Weiser K, Alessandria M. Effects of the standardised ginseng extract G115® in patients with chronic bronchitis: a nonblinded, randomised, comparative pilot study. Clin Drug Invest. 2001; 21 (1): 41–45. 27. D’Angelo L, Grimaldi R, Caravaggi M, Marcoli M, Perucca E, Lecchini S, et al. A double-blind, placebo-controlled clinical study on the effect of a standardized Ginseng extract on psychomotor performance in healthy volunteers. J Ethnopharmacol. 1986; 16: 15–22. 28. Kennedy DO, Scholey AB, Wesnes KA. Dose dependent changes in cognitive performance and mood following acute administration of Ginseng to healthy young volunteers. Nutr Neurosci. 2001; 4 (4): 295–310. 29. Doerling E, Kirchdorfer AM, Rueckert KH. Do ginsenosides influence the performance? Results of a double-blind study. Not Med. 1980; 10 (5): 241–246. 30. Gross D, Krieger D, Efrat R, Dayan M. Ginseng extract G115® for the treatment of chronic respiratory diseases: a pilot study investigating the effects of ginseng extract G115® on pulmonary functions, general functions and oxygenation. Schweiz Z Ganzheitsmed. 1995; 7: 29–33. 31. Gross D, Shenkman Z, Bleiberg B, Dayan M, Gittelson M, Efrat R. Ginseng improves pulmonary functions and exercise capacity in patients with COPD. Monaldi Arch Chest Dis. 2002; 57 (5–6): 242–246. 32. Reinold E.The use of Ginseng in gynaecology. Natur Ganzheitsmed. 1990; 4: 131–134. 33. Wiklund IK, Mattsson LA, Lindgren R, Limoni C. Effects of a standardized ginseng extract on quality of life and physiological parameters in symptomatic postmenopausal women: a double-blind, placebocontrolled trial. Int J Clin Pharmacol Res. 1999; 19 (3): 89–99. 34. Coon JT, Ernst E. Panax ginseng: a systematic review of adverse effects and drug interactions. Drug Saf. 2002; 25: 323–344. 35. Wesnes K, Luthringer R, Ambrosetti L, Edgar C, Petrini O. The effects of a combination of Panax ginseng, vitamins and minerals on mental performance, mood and physical fatigue in nurses working night shifts: a double-blind, placebo controlled trial. Curr Top Nutraceutical Res. 2003; 1 (3): 169–174. 4/2009 thema PHYTOTHERAPIE 17