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23. SCHWEIZERISCHE TAGUNG FÜR PHYTOTHERAPIE, BADEN, 20. NOVEMBER 2008
Arzneipflanzen im Vorteil
In den komplementärmedizinischen Spitälern der Schweiz sind Leber und Galle keine Stiefkinder der Therapie. Sie stehen an vorderster Stelle der Anamnese, insbesondere bei Patienten mit chronischen Beschwerden. Behandelt wird mit Zubereitungen aus bekannten Arzneipflanzen wie Mariendistel, Löwenzahn, Artischockenblätter, Wermut und so weiter. So deckte Prof. Dr. med. Reinhard Saller vom Institut für Naturheilkunde zahlreiche Krankheitsbilder auf, die konstitutionstherapeutisch mit «Störungen der Leber» in Verbindung stehen können: Hautkrankheiten wie Akne, Seborrhö, Urtikaria, Pruritus und Herpes, Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel, verschiedene Augen- und Ohrenbeschwerden, neurologische und vor allem psychische Symptome (so Depressivität, Melancholie, Hypchondrie) sowie Beschwerden des Herz-Kreislauf-Systems und Frauenkrankheiten. Die für die Therapie zur Verfügung stehenden Pflanzen enthalten fast alle Bitterstoffe, und diese gal-
ten in alten Rezpeturen als Tonika, die den Stoffwechsel und damit die Lebenskraft anregen. Tees und Tinkturen stehen deshalb stark im Fokus der Therapeuten, die nur wenige Fertigarzneimittel mit einer Zulassung vorfinden. Neben Mariendistel und Artischockenblättern wurden andere Pflanzen bisher noch kaum mit wissenschaftlichen Methoden untersucht. Da liegt ein immenses Feld brach. Und dieses ist in keiner Art und Weise der Konkurrenz von synthetischen Arzneimitteln ausgesetzt. Ob eines Tages die Bitterstoffe die süsse Welle ablösen werden? Das Thema «Leber und Galle – Stiefkinder der Therapie» war wie kaum ein anderes geeignet, moderne Forschung und Erkenntnisse einer bewährten und am individuellen Patienten dank überlegten Therapiekonzepten erfolgreichen Erfahrungsmedizin zusammenzubringen. Interessanterweise führte diese Spannung zu einer angeregten Stimmung der Diskussion und Auseinandersetzung, die die fast 300 an der Ta-
gung teilnehmenden Fachleute auch zum Ausdruck brachten. Für die Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie wurde ein bei seiner Entwicklung risikobehaftet scheinendes Thema zu einem unerwarteten Erfolg. Rund 300 Teilnehmende füllten die Räume des Trafo in Baden. Neuland zu beschreiten, Wagnisse einzugehen – das soll auch in Zeichen globaler Unsicherheit das Markenzeichen der SMGP sein und bleiben. Sie weiss mittlerweile über 600 Mitglieder hinter sich, und es sollen noch mehr werden. Am 19. November 2009 gibt es wieder ein neues Thema: Phytotherapie und Sport. Dem hat sich unseres Wissens in dieser Art bisher noch niemand angenähert. Sind Sie mit dabei? ◆
Prof. Dr. Beat Meier Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften Life Science und Facility Management Wädenswil
Während der Pausen wurde intensiv diskutiert.
thema PHYTOTHERAPIE
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