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KONGRESSBERICHT
Papillomaviren-Typisierung im Zeitalter der Impfung
Labormediziner sprechen sich für routinemässige HPV-Typisierung aus
Neue Impfstoffe schützen vor den beiden häufigsten HPVTypen mit hohem Zervixkarzinomrisiko, sofern vor der ersten Infektion geimpft wird. Da es noch viele andere HPV-
werden. Leider sei eine routinemässige HPV-Typisierung von Zervixkarzinomen beziehungsweise Präkanzerosen in der Schweiz nicht vorgeschrieben, sodass wichtige Daten verloren gingen, kommentierten einige Kongressteilnehmer diesen Aspekt. Eine allfällige Verschiebung des HPV-Typenspektrums braucht viele Jahre, sodass es umso wichtiger sei, den heutigen Istzustand zu Beginn der HPV-Impfungen zu dokumentieren.
Typen gibt, bleiben Vorsorge-
untersuchungen weiterhin
nötig. Wichtig sei auch die
HPV-Typisierung, um eine all-
fällige Verschiebung des HPV-
Spektrums infolge der Imp-
fung nicht zu übersehen, hiess
es am Swiss MedLab Kongress
in Montreux.
Für Zervixkarzinome sind am häufigsten die HPV-Typen 16 und 18 verantwortlich (zirka 75% der Fälle). Beide Impfstoffe, die zurzeit in der Schweiz zur HPV-Prophylaxe zugelassen sind, richten sich gegen diese HPV-Typen (Cervarix®, Gardasil®). Gardasil® induziert zusätzlich eine Immunantwort gegen die HPV-Typen 6 und 11, welche 90 Prozent der genitalen Warzen verursachen. Man kennt mehr als 100 Typen humaner Papillomaviren, nur ein Teil davon sind pathogen. Etwa 25 HPV-Typen verursachen genitale Infektionen. Die Infektionen hei-
Professor Denise Nardelli Haefliger
len häufig erst nach längerer Zeit ab, im Durchschnitt dauert es acht Monate. In 10 bis 30 Prozent der Fälle persistieren die Viren und legen damit den Keim für Präkanzerosen und Zervixkarzinome. Bis zur Entwicklung eines Zervixkarzinoms vergehen mindestens 10 bis 15 Jahre.
Vorsorgeuntersuchungen weiterhin nötig
Da die beiden Impfstoffe eine annähernd 100-prozentige Wirksamkeit nur dann entwickeln können, wenn die Impfung bereits vor einer möglichen HPV-Infektion erfolgt und 20 bis 30 Prozent der Zervixkarzinome durch andere HPV-Typen als 16 oder 18 verursacht werden, bleiben entsprechende Vorsorgeuntersuchungen weiterhin nötig. Auch stellt sich neu die Frage, ob es infolge der HPV-Impfung mittel- oder langfristig zu einer Verschiebung des HPV-Typenspektrums kommen wird. Manche Wissenschaftler befürchten, dass sich die Virentypen, gegen welche nicht geimpft wird, vermehrt ausbreiten könnten. Nicht zuletzt aus diesem Grund könnten HPV-DNA-Tests künftig noch wichtiger
Nachweis und Typisierung von Papillomaviren mittels HPVDNA-Tests
Routinemässig haben sich zwei Verfahren für den HPV-DNA-Test etabliert: die Polymerasekettenreaktion (PCR) mit Konsensusprimern und ein sogenanntes Sandwich-Hybridisierungsverfahren. In dem PCR-Verfahren wird zunächst die DNA des Zervixzellabstrichs isoliert. Die gesuchten viralen DNA-Abschnitte werden in der Polymerasekettenreaktion vermehrt, anschliessend isoliert, elektrophoretisch aufgetrennt, auf eine Trägermatrix übertragen und dort mittels schwach radioaktiver Sondensequenzen nachgewiesen. In dem Sandwich-Hybridisierungsverfahren befinden sich die lysierten Zellen in Mikrotiterplatten. Die viralen DNA-Abschnitte werden von Sondenmolekülen gebunden. Diese Sondenmoleküle werden wiederum von weiteren Nachweissubstanzen mehrfach gebunden, sodass sich das Signal verstärkt und letztlich mit einem fluoreszierenden Farbstoff sichtbar gemacht wird. Für das Screening auf HPV-Infektionen in Zervixabstrichen gibt es zurzeit nur einen kommerziellen, von der FDA zugelassenen, HPV-DNA-Test (HCII®), der mithilfe des Sandwich-Hybridisierungsverfahrens den Virusnachweis erbringt. Mit diesem Test können 13 Hochrisiko- und 5 Niedrigrisiko-
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LABOR
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KONGRESSBERICHT
HPV-Typen in einem halbautomatisierten Verfahren nachgewiesen werden. Am CHUV in Lausanne ist man nicht auf den kommerziellen Test angewiesen, sondern verwendet ein selbst entwickeltes, sehr verlässliches und preiswertes Verfahren zur HPV-Typisierung mittels PCR und Hybridisierung, berichtete Professor Denise Nardelli Haefliger. Gemeinsam mit Dr. Robert Sahli leitet sie am Genfer Institut für Mikrobiologie (http://www.chuv.ch/imul) eines der neun weltweit tätigen HPV-Referenzlabors der WHO-Initiative «WHO HPV labnet». Die Entwicklung immer sensitiverer HPVDNA-Tests für möglichst alle HPV-Typen ist ein wichtiges Ziel, um den neuen epidemiologischen Fragestellungen und der notwendigen Kontrolle des Impferfolgs gerecht zu werden, so Nardelli Haefliger.
Serologische HPV-Tests
Serologische Tests auf Antikörper gegen
HPV wurden entwickelt, um die Immuno-
genität der neuen Impfstoffe zu messen.
Diese Tests haben keine klinische Relevanz,
da eine natürliche HPV-Infektion nur zu ei-
ner niedrigen und unbeständigen Serokon-
version führt. Folgerichtig gibt es zurzeit
auch keine kommerziellen serologischen
HPV-Tests.
◆
Renate Bonifer
Quelle: Vortrag «Human Papilloma Virus: New Possibilities for Testing/Vaccination» von Denise Nardelli Haefliger am Kongress Swiss MedLab, Montreux, 18. September 2008.
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