Transkript
FORTBILDUNG
Darmkrebsfrüherkennung
Neuer Bluttest und verschiedene Stuhltests im Vergleich
Die frühzeitige Erkennung von Darmtumoren beziehungsweise ihren potenziellen Vorstufen (Polypen, Adenome) könnte die meisten Patienten retten, aber nur wenige unterziehen sich einer Kolonoskopie als Vorsorgeuntersuchung. Doch wie aussagekräftig sind die verschiedenen Stuhltests und die seit Kurzem verfügbare Blutuntersuchung?
Gen wird fast ausschliesslich in Darmkrebs methyliert und kommt darum als entsprechender Biomarker infrage (mSEPT9-Test). «Solch ein Test zur Darmkrebsvorsorge würde eine breitere Akzeptanz unter den Patienten und Ärzten finden und könnte so zu mehr Beteiligung an der Darmkrebsvorsorge führen», kommentierte Professor Peter Bauerfeind, Leitender Arzt der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsspital Zürich den neuen Test. Zwischen Einschicken der Blutprobe an das Labor und dem Resultat liegen in der Regel wenige Tage. Zwei Studien mit je 97 Patienten und 115 Kontrollpersonen beziehungsweise 90 Patienten und 155 Kontrollen ergaben eine Sensitivität für diesen Bluttest von 68 bis 72 Prozent (1). Er ist demnach empfindlicher als die immunochemischen Verfahren, deren Sensitivität und Spezifität kürzlich in einer grossen Studie untersucht wurden (2). Die Spezifität des Bluttests lag bei 93 bis 89 Prozent.
Sechs immunochemische Stuhltests im Vergleich
Stuhltests weisen okkultes Blut im Stuhl mit chemischen oder immunologischen Methoden nach. Gemäss einer kürzlich publizierten Studie war die Sensitivität der beiden besten immunologischen Tests für fortgeschrittene Adenome mit 25 und 27 Prozent deutlich höher als der klassische Gujak-Test (Hemoccult) mit einer Sensitivität von nur 9 Prozent. In der Spezifität waren diese drei Tests jedoch ebenbürtig (Gujak-Test 96% vs. 97% bzw. 93% bei den beiden Immuntests). Für die Studie war je eine Stuhlprobe von 1319 Personen mit dem Gujak-Test und sechs verschiedenen Immuntests untersucht worden. Bei allen Probanden wurde danach eine Kolonoskopie durchgeführt. In Tabelle 1 ist zusammengefasst, wie viele Adenome in der Kolonoskopie entdeckt wurden und welche Befunde die verschiedenen Testverfahren im Vergleich dazu lieferten.
Sofern überhaupt an eine Darmkrebsvorsorge gedacht wird, führt man oft allenfalls einen Stuhltest durch. Es gibt jedoch grosse Unterschiede hinsichtlich deren Sensitivität, wie ein kürzlich publizierter Vergleich zwischen dem klassischen GujakTest und sechs verschiedenen immunochemischen Tests ergab. Neuerdings gibt es darüber hinaus einen Bluttest zur Darmkrebsfrüherkennung, der seit Kurzem auch in der Schweiz verfügbar ist.
Tumor-DNA im Blut als Marker für Darmkrebs
Bereits in einem sehr frühen Stadium ist tumortypische DNA im Blut nachweisbar. Darauf beruht das neue Testprinzip für die Früherkennung von Darmkrebs. Das Sept9-
Tabelle 1 Adenome gemäss Kolonoskopie und Stuhltests bei 1319 Patienten (2)
Hemoccult* Bionexia FOBplus Bionexia Hb/Hp Complex PreventID CC immoCARE-C FOB advanced QuickVue iFOB
positiv
gemäss Kolonoskopie
405
davon im Stuhltest
positiv
negativ
21 367
145 260
235 170
120 285
46 359
73 332
183 222
*Insgesamt 44 Hemoccultproben fehlten oder waren nicht auswertbar.
negativ
gemäss Kolonoskopie
914
davon im Stuhltest
positiv
negativ
36 851
165 749
377 537
166 748
30 884
65 849
272 642
1/2009
thema LABOR
11
FORTBILDUNG
Tabelle 2 Prädiktive Werte von Stuhltestverfahren für ein Adenom (alle Stadien) (2)
positiv prädiktiv negativ prädiktiv
Immunochemische Verfahren
Bionexia
Bionexia
PreventID CC
FOB plus
Hb/Hp Complex
46,8%
38,4%
42%
74,2%
76%
72,4%
Gujak-Test immoCARE-C FOB advanced QuickVue iFOB Hemoccult
60,5% 71,1%
52,9% 71,9%
40,2% 74,3%
32,1% 69,6%
Durchschnittswert; 95%-Konfidenzintervalle wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen; für Details s. Originalpublikation.
Beteiligt waren 20 gastroenterologische Praxen in Deutschland. Die Hemocculttestkarten wurden wie üblich sofort in der Praxis ausgewertet, die dazugehörige Stuhlprobe eingefroren und an das Studienlabor geschickt. Normalerweise sind diese Immuntests ebenfalls direkt in der Praxis durchzuführen. Die Tatsache, dass die Stuhlproben anders als üblich bis zum Test eingefroren wurden, ändere jedoch nichts an den Resultaten, betonen die Studienautoren. Immunochemische Verfahren sind nicht unbedingt auf intakte Moleküle angewiesen, wie dies beim Gujak-Test der Fall ist, der die Peroxidaseaktivität des intakten Hämoglobins nachweist. Da alle sechs immunochemischen Tests mit der gleichen, aufgetauten Probe durchgeführt wurden, sei die Vergleichbarkeit dieser sechs Tests untereinander ohnehin gegeben, so die Autoren. Alle Resultate wurden von zwei Laboranten unabhängig voneinander beurteilt, die Übereinstimmung war bei allen Tests sehr gut. Es fanden sich erhebliche Unterschiede bezüglich Sensitivität und Spezifität zwischen den sechs verschiedenen Tests Bionexia FOBplus, Bionexia Hb/Hp Complex, PreventID CC, immoCare-C, FOB advanced und QuickVue iFOB. Die Sensitivität reichte von 11,4 bis 58 Prozent für alle Adenome beziehungsweise von 25,4 bis 71,5 Prozent für fortgeschrittene Adenome. Für den GujakTest betrug sie nur 5,4 Prozent für alle und 9,4 Prozent für fortgeschrittene Adenome. Die Spezifität reichte in den verschiedenen Tests von 58,8 bis 96,7 Prozent. Eine Spezifität von über 90 Prozent hatten nur zwei der immunochemischen Tests: immoCAREC und FOB advanced. Auch der Gujak-Test zeigte eine hohe Spezifität von 96 Prozent. Die anderen immunochemischen Test lieferten unverhältnismässig oft ein falschpositives Resultat.
Der Anteil der Patienten, bei denen das Adenom mit einem positiven Stuhltest tatsächlich nachgewiesen wurde (positiver prädiktiver Wert) betrug bei den immunologischen Testverfahren 40,2 bis 60,5 Prozent und bei Hemoccult 32,1 Prozent (Tabelle 2). Der Anteil der Patienten ohne Adenom, bei denen zu Recht ein negativer Befund geliefert wurde, betrug 71,1 bis 76 Prozent (69,9% für Hemoccult). In rund jedem dritten bis vierten Fall gaben diese Stuhltests demnach falschen Alarm. Trotzdem seien qualitative immunochemische Stuhltests auf okkultes Blut eine bessere Option für das Darmkrebsscreening als der Gujak-Test mit seiner vergleichsweise geringen Sensitivität, so die Autoren.
Stuhltests auf Tumor-DNA
Für den Nachweis von Tumor-DNA im Stuhl, wurden molekulardiagnostische Tests entwickelt. Kürzlich stellten japanische Labormediziner einen solchen Test vor, der nicht nur Kolorektal- sondern auch Magenkarzinome erkennen kann (3). Zunächst identifizierten die Forscher in 788 Kolorektal- und Magenkarzinomen gemeinsame Methylierungsmuster und fanden diese in Form von RASSF2- und SFRP2Genpromotoren. Bei der Untersuchung von 296 Stuhlproben von Krebspatienten mit diesen Markern wurde mindestens einer von ihnen bei 57 Prozent der Magen- und bei 75 Prozent der Darmkrebspatienten gefunden. Die Angabe einer Rate falschpositiver Befunde bei 10 Prozent der Patienten ohne neoplastische oder aktive Erkrankung ist in dieser Studie jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da es sich um recht wenige gesunde Probanden handelte. Frühere Studien mit anderen molekulargenetischen Markern zum Auffinden von Tumor-DNA im Stuhl berichten von einer Sensitivität
von 52 bis 73 Prozent und einer Spezifität
um die 90 Prozent. Kürzlich wurde für den
Marker TFPI2 eine Sensitivität für Kolorek-
talkarzinome von 76 bis 89 Prozent berich-
tet, bei einer Spezifität von 79 bis 93 Pro-
zent (4).
◆
Renate Bonifer
Literatur:
1. deVos T. et al.: Circulating methylated SEPT9 DNA in plasma is a biomarker for colorectal cancer. Clin Chem 2009; 55(7): 1337–1346.
2. Hundt S., Haug U., Brenner H.: Comparative evaluation of immunochemical fecal occult blood tests for colorectal adenoma detection. Ann Int Med 2009; 150: 162–169.
3. Nagasaka T. et al.: Analysis of Fecal DNA Methylation to Detect Gastrointestinal Neoplasia. J Natl Cancer Inst, 2009; doi:10.1093/jnci/djp265; online first Aug 21, 2009
4. Glöckner S.C. et al.: Methylation of TFPI2 in Stool DNA: A Potential Novel Biomarker for the Detection of Colorectal Cancer. Cancer Res 2009; 69: 4691.
thema12
LABOR
1/2009