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ALLERGOLOGIE/PNEUMOLOGIE
Allerweltssymptom Husten
Häufig, lästig und manchmal gefährlich
Husten ist ein Symptom, das viele verschiedene Ursachen haben kann. Die naheliegendste ist die Erkältung, doch können beispielsweise auch Medikamente, Reflux, Asthma, COPD oder Neoplasien Husten auslösen. Was und wie bei Husten abgeklärt werden sollte und wie die jeweilige Behandlung aussieht, erklärte Dr. Stephan Wieser, Lungen-Klinik Bethanien, Zürich, am FOMF Allgemeine Innere Medizin in Basel. Auch Honigmilch und Eiswasser bringen erstaunliche Linderung.
Husten ist zwar lästig, aber auch lebenswichtig. Er schützt vor Aspiration und verbessert mit der Hinausbeförderung von 20 bis 30 ml Bronchialsekret pro Tag die mukoziliäre Clearance. Der Reflex baut unter Glottisverschluss einen intrathorakalen Druck auf, der sich durch die plötzliche Öffnung der Glottis in einer Luftstromgeschwindigkeit in der Trachea von 360 bis 1000 km/h entlädt. Damit verbreiteten sich auch Mikroorganismen sehr gut, erklärte der Pneumologe. Husten ist ein sehr häufiges Symptom in der Hausarztpraxis. Oft liegen ihm banale Ursachen zugrunde. Trotzdem bedarf es einer genauen Anamnese, um potenziell tödliche Ursachen nicht zu verpassen. Die mittlere Dauer eines akuten Hustens nach einem akuten Atemwegsinfekt beträgt etwa 18 Tage und kann subakut bis zu 8 Wochen anhalten (1). Die Einschätzung der Patienten liege mit 3 bis 7 Tagen Dauer nach Erfahrung des Referenten jedoch weit darunter. Dauert der Husten mehr als 8 Wochen an, ist von einem chronischen Husten die Rede. Die Erfassung der Hustenstärke erfolgt mit der Angabe der Hustenstärke von 0 bis 10 auf der visuellen Analogskala. Eine weitere, möglicherweise bald verfügbare Möglichkeit, ist die Messung via Hustensensor, der an einer Kette am Hals getragen wird. Der Sensor zeichnet den Hustenverlauf in Abhängigkeit von Temperatur und Jahreszeit auf.
Optionen beim akuten Husten
Ein akuter beziehungsweise subakuter Husten ist in 70 Prozent der Fälle Folge eines akuten Atemwegsinfekts. 20 Prozent der Fälle entstehen durch allergische Rhinitis, Lungen-
KURZ & BÜNDIG
� Ein akuter oder subakuter Husten kann bis zu 8 Wochen dauern.
� Ein chronischer Husten dauert > 8 Wochen.
� Bei chronischem Husten sollten mögliche Trigger eliminiert werden und man sollte an das Hypersensibilitätssyndrom denken.
embolie, Herzinsuffizienz, Aspiration, in der postinfektiösen Phase und durch Medikamente (z. B. ACE-Hemmer, Amiodaron); 6 Prozent werden durch Asthma und 5 Prozent durch Pneumonie verursacht (2). In der Anamnese und der klinischen Untersuchung von Patienten mit akutem Husten sollten Red Flags abgecheckt (s. Kasten) werden. Werden solche entdeckt, sind weitere Abklärungen angezeigt. Ohne solche Warnsignale könne der Husten medikamentös gelindert werden, so Wieser. Die Therapie orientiert sich an der Qualität des Hustens (produktiv oder trocken), wobei sich zur Linderung mehrere Präparate eignen (Tabelle). Allerdings geht aus einer amerikanischen Metaanalyse von 14 Studien hervor, dass Honig sowohl Hustenfrequenz als auch Hustenstärke stärker lindert als die herkömmliche Therapie (3). Grund dafür ist die Tatsache, dass Honig zu den sogenannten Demulzenzien gehört. Ihre hustendämpfende Wirkung entsteht durch eine Einhüllung der im Rachen befindlichen Hustenrezeptoren. Dieser Effekt könne auch mit zuckerhaltigen Sirupen, Hustensäften, Gurgellösungen, Lutschtabletten oder Hustenbonbons erreicht werden und halte etwa 20 bis 30 Minuten an, wie Wieser erklärte.
Was chronischen Husten verursachen kann
Beim chronischen Husten persistieren die Symptome > 8 Wochen. Chronischer Husten ist häufig, etwa 10 Prozent der Erwachsenen bis zum 70. Lebensjahr leiden global darunter, zu zwei Drittel Frauen (4). Zur Basisuntersuchung gehören Anamnese, Thoraxröntgenbild und eine Spirometrie. Ergeben sich daraus richtungsweisende Befunde, muss fokussiert abgeklärt und behandelt werden, so Wieser. Liefert die Basisuntersuchung keine Anhaltspunkte, müsse weitergesucht werden (z. B. nach Asthma, Reflux, ORL-Symptomen), so Wieser. Raucht der Patient, ist eine chronische Raucherbronchitis wahrscheinlich, nach einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) oder einer eventuell vorhandenen Neoplasie müsse ebenfalls gesucht werden. Eine Rauchstoppberatung empfiehlt sich ausserdem.
Asthma, Reflux, ORL-Symptome
Bei Asthma sei Husten gemäss Wieser häufig ein dominierendes Symptom, manchmal auch das einzige. Zwar werde
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«Red Flags» beim akuten Husten
▲ Hämoptoe ▲ Raucher/Exraucher mit qualitativ verändertem Husten ▲ Dyspnoe ▲ Heiserkeit ▲ Fieber, Gewichtsverlust, periphere Ödeme ▲ Schluckstörungen, Aspiration ▲ Thoraxschmerz ▲ rezidivierende Pneumonien ▲ Immunsuppression, aktives Malignom ▲ Tbc-Risiko (Exposition, Herkunft, Obdachlosigkeit) ▲ pathologische Auskultation
Quelle: S. Wieser, FOMF 2023, Basel
(6). Die Behandlung bei saurem Reflux erfolgt mit hoch dosierten Protonenpumpenhemmern während 3 Monaten. Spricht der Patienten nicht darauf an, muss weiter mittels 24-h-Impedanz-pH-Metrie abgeklärt werden. Beim nicht sauren Reflux stehen Massnahmen wie Gewichtsabnahme, Einnahme von kleinen Speiseportionen, Vermeidung von Kohlensäure, Alkohol, scharfen und fetten Speisen im Vordergrund. Des Weiteren kann durch Höherstellen des Kopfendes des Betts und der Vermeidung von Speisen 3 Stunden vor dem Zubettgehen Linderung erzielt werden (7). Hustensymptome könnten ausserdem auch in den oberen Atemwegen entstehen (Upper Airway Cough Syndrome), beispielsweise bei einer chronischen Rhinosinusitis mit Postnasal Drip, bei chronischer Pharyngitis, Laryngitis, obstruktiver Schlafapnoe, Tonsillenhyperplasie oder einer Stimmbänderdysfunktion, so Wieser.
Tabelle:
Antitussive Pharmakotherapie (Auswahl)
protussiv: Elimination von Sekret, Entlastung der Hustenrezeptoren
ätherische Öle
Kaloba®, Gelodurat®
(Pelargonium, Eukalyptus, Myrte)
Saponine (Efeublätter)
Prospan®, Prospanex®
Glykoside (u. a. Primelwurzel)
Bronchipret®
Bromhexin Bisolvon®
Ambroxol Mucosolvon®
Acetylcystein Fluimucil®
Guaifenesin
Neocitran Husten®, Resyl Plus®
NaCl Inhalation
antitussiv
Morphin
Codein
Dextromethorphan Bexin®
Noscapin Tussanil®
Pelargonium, Eukalyptus, Myrte
Kaloba®, Gelodurat®
Diphenhydramin Benocten®
Chlorpheniramin
Solmucalm® (Kombination
mit N-Acetylcystein)
Quelle: S. Wieser, FOMF 2023, Basel; swissmedicinfo.ch
Asthma meist schon in der Kindheit diagnostiziert, doch erhielten etwa 15 Prozent der Patienten die Diagnose erst nach dem 40 Lebensjahr (5). Daran zu denken, lohne sich also, so Wieser. Als Hustenauslöser kommt auch eine eosinophile Entzündung infrage, die allergischer oder nicht allergischer Natur sein kann. Bei Letzterer verursachen beispielsweise Schadstoffe, Mikroben oder Reflux den chronischen Husten. Patienten dieser Subgruppe sprechen gemäss Wieser sehr gut auf inhalative Kortikosteroide an. Weil derzeit aber weder Eosinophile im Blut beziehungsweise Sputum noch das exhalierte NO (FeNO) als Marker validiert seien, sei ein Therapieversuch mit inhalierbaren Kortikosteroiden (ICS) während 2 bis 4 Wochen gerechtfertigt (4). Reflux kann durch Reizung der ebenfalls in der Speiseröhre vorhandenen Hustenrezeptoren auch einen chronischen Husten verursachen. Ein saurer Reflux geht mit Sodbrennen und retrosternalem Schmerz einher, der nicht saure Volumenreflux hinterlässt einen metallischen Geschmack im Mund
Eiswasser hilft
Allerdings husten nicht alle Patienten, die an Asthma, Reflux
oder am Upper-Airway-Cough-Syndrom leiden. Grund
dafür sei das Husten-Hypersensitivitätssyndrom, bei dem
bereits schwache Trigger einen Hustenreflex auslösten, wäh-
rend es ohne diese pathologische Hypersensitivität der vaga-
len Afferenz stärkere Trigger brauche, so Wieser. Die Thera-
pie ist schwierig und erfolgt gemäss den Guidelines durch
Ausschalten von möglichen Triggern (z. B. ACE-Hemmer,
Rauchen, Lebensstil bei Reflux) sowie durch ICS bei Asthma,
Bronchitis und topische Kortikosteroide bei Rhinitis oder
Rhinosinusitis (4). Pharmakotherapeutisch stehen nicht viele
Optionen zur Verfügung. Mit Neuromodulatoren wie Gaba-
pentin oder Amitryptilin könne die Hypersensibilität der Af-
ferenz beeinflusst werden, allerdings seien dabei auch die
Nebenwirkungen zu berücksichtigen, gab Wieser zu beden-
ken. Nicht pharmakologisch besteht die Möglichkeit, mit-
hilfe einer Atem- und Stimmtherapie das Unterdrücken des
Hustenreizes zu lernen, Ausweichstrategien zu erwerben und
die konstante Larynxirritation zu vermeiden (8). Bei einem
Teil der Patienten mit chronischem Husten habe diese Hus-
tenunterdrückungsmethode nach Erfahrung des Referenten
einen günstigen Effekt.
Eine weitere Methode ist das Trinken eines kleinen Schlucks
eisgekühlten kohlensäurehaltigen Wassers während 4 Tagen
und Nächten bei jedem aufkommenden Hustenreiz und ohne
sich zu räuspern. Einer Beobachtungsstudie (n = 72) zufolge
verbesserte die Eiswassermethode die Symptomatik bei 63
Prozent der Patienten. Den grössten Effekt hatten jene mit
den stärksten Symptomen (9). Der Grund für diesen Effekt
liegt in der Übersteuerung des Reizes durch das Eiswasser
und infolgedessen in einer Modulierung der Afferenz, die so
nach 4 Tagen erreicht werden kann.
Bringen alle erwähnten Massnahmen nicht die erhoffte Lin-
derung des chronischen Hustens, sollten bildgebende Ver-
fahren eingesetzt werden, um weitere Klarheit zu schaffen, so
Wieser abschliessend.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Husten – häufig lästig, häufig schwierig», FOMF Allgemeine Innere Medizin, 25.1.2023, in Basel.
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Referenzen: 1. Ebell MH et al.: How long does a cough last? Comparing patients̕ expec-
tations with data from a systematic review of the literature. Ann Fam Med. 2013;11(1):5-13. 2. Gonzales R et al.: Principles of appropriate antibiotic use for treatment of uncomplicated acute bronchitis: background. Ann Intern Med. 2001;134(6):521-529. 3. Abuelgasim H et al.: Effectiveness of honey for symptomatic relief in upper respiratory tract infections: a systematic review and meta-analysis. BMJ Evid Based Med. 2021;26:57-64. 4. Morice AH et al.: ERS guidelines on the diagnosis and treatment of chronic cough in adults and children. Eur Respir J. 2020;55(1):1901136. 5. Brutsche MH et al.: Bronchial hyperresponsiveness and the development of asthma and COPD in asymptomatic individuals: SAPALDIA cohort study. Thorax. 2006;61(8):671-677. 6. Chung KF et al.: Prevalence, pathogenesis, and causes of chronic cough. Lancet. 2008;371(9621):1364-1374. 7. Kahrilas PJ et al.: Chronic cough due to gastroesophageal reflux in adults: CHEST guideline and expert panel report. Chest. 2016;150(6):13411360. 8. Vertigan AE et al.: An update on speech pathology management of chronic refractory cough. J Allergy Clin Immunol Pract. 2019;7(6):17561761. 9. Acharya AN et al.: Ice cold carbonated water: a therapy for persistent hyperawareness of pharyngeal mucus and throat clearing. J Laryngol Otol. 2007;121(4):354-357.
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