Transkript
KARDIOLOGIE
ESC-Herzinsuffizienz-Guidelines
Update wurde wegen neuer Evidenz nötig
Guidelines werden alle paar Jahre aktualisiert und der inzwischen erschienenen Evidenz angepasst. Seit der letzten Anpassung der Guidelines für die Diagnose und Behandlung der Herzinsuffizienz 2021 kamen in sehr kurzer Zeit einige Game-changing-Studien heraus, sodass eine erneute Anpassung nach nur 2 Jahren nötig wurde, vor allem in Bezug auf die SGLT2-Hemmer. Das Update präsentierte Mitautor Prof. Marco Metra, Universität Brescia (I), am Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) in Amsterdam.
Überarbeitet wurden die Empfehlungen zur chronischen Herzinsuffizienz, zur akuten Herzinsuffizienz und betreffend Komorbiditäten und Herzinsuffizienzprävention. In die Empfehlungen neu aufgenommen wurde die Therapie von Herzinsuffizienz mit moderat reduzierter (HFmrEF) und mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF). Bei diesen Patienten sind nun also die SGLT2-Hemmer Empagliflozin und Dapagliflozin zur Reduktion des Risikos von herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierung und von kardiovaskulärem Tod empfohlen. In der Behandlung der HFmrEF sind aktuell 5 Therapien empfohlen: Diuretika bei Flüssigeitsretention (Klasse I), Dapagliflozin und Empagliflozin (Klasse I), ACE-Hemmer/ ARNI/Sartane (Klasse IIIb), Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (MRA) (Klasse IIIb) und Betablocker (Klasse IIIb). In der Behandlung der HFpEF sind Diuretika bei Flüssigkeitsretention (Klasse I), Dapagliflozin und Empagliflozin (Klasse I) sowie die Behandlung von Komorbiditäten (Klasse I) empfohlen.
Nachsorge bei Spitalentlassung
Bei der akuten Herzinsuffizienz gibt es aufgrund der Resultate der STRONG-HF-Studie Empfehlungen zu Therapiemassnahmen bei Herzinsuffizienzpatienten kurz vor und nach ihrer Spitalentlassung hinsichtlich eines raschen Beginns und der Auftitrierung der Herzinsuffizienztherapie. Die Studie untersuchte den Effekt einer raschen Auftitrierung der
KURZ & BÜNDIG
� Die SGLT2-Hemmer Empagliflozin und Dapagliflozin sind zur Therapie bei HFrEF, HFmrEF und HFpEF empfohlen.
� Die Therapie nach dekompensierter Herzinsuffizienz zügig auftritrieren und die ersten 6 Wochen Laborwerte und Stauungszeichen engmaschig kontrollieren.
� Bei Komorbiditäten wie Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung sind SGLT2-Hemmer und Finerenon indiziert, bei Eisenmangel soll supplementiert werden.
neurohormonalen Blockade kurz vor und nach der Spitalentlassung infolge herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierung versus Standardtherapie. Die Patienten erhielten bereits 2 Tage vor Spitalentlassung etwa 50 Prozent der Zieldosis der Therapie mit ACE-Hemmern/ARNI/Sartan, Betablockern und MRA, die innerhalb der folgenden 2 Wochen auf 100 Prozent auftitriert wurden (2). Bei 4 Kontrollterminen innerhalb von 2 Monaten nach Entlassung wurden der klinische Status, Laborwerte und NT-proBNP überprüft. Bei einer Beobachtungszeit von 180 Tagen zeigte sich in der Gruppe mit der intensiven Nachsorge im Vergleich zur Standardnachsorge eine signifikante Reduktion der Endpunkte herzinsuffizienzbedingte Rehospitalisation und Gesamtmortalität um 34 Prozent (2). Die aktualisierte Guideline macht deshalb Empfehlungen zu Therapiemassnahmen bei Herzinsuffizienzpatienten kurz vor und nach ihrer Spitalentlassung hinsichtlich eines raschen Beginns und der Auftitrierung der Herzinsuffizienztherapie (Klasse Ib). Empfohlen sind dazu engmaschige Nachkontrollen in den ersten 6 Wochen nach Spitalentlassung zur weiteren Anpassung der Therapie und zur Überprüfung von Stauungszeichen und -symptomen, zur Messung von Blutdruck, NT-proBNP, Herzfrequenz und Kalium sowie der geschätzten glomerulären Filtrationsrate – alles Faktoren, die zur weiteren Prognose beitragen.
Vorhandene Komorbiditäten
Die Guideline hat Empfehlungen zur Behandlung von Herzinsuffizienzpatienten mit Typ-2-Diabetes, chronischer Niereninsuffizienz und mit Eisenmangel aufgenommen. Bei den Komorbiditäten Typ-2-Diabetes und chronische Niereninsuffizienz gab es ebenfalls starke neue Evidenz (3), die zur Anpassung der Guidelines führte: Neu erhalten Herzinsuffizienzpatienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Niereninsuffizienz die SGLT2-Hemmer Empagliflozin oder Dapagliflozin zur Reduktion des Risikos für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierung oder kardiovaskulären Tod (Klasse I). Aufgrund der Studienresultate von FIGARO und FIDELIO ist zur Reduktion des Risikos für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierung neu auch Finerenon empfohlen (Klasse I).
18 ARS MEDICI DOSSIER II+III | 2024
KARDIOLOGIE
Bei Eisenmangel supplementieren
Bei Herzinsuffizienzpatienten mit Eisenmangel zeigten 2
Metaanalysen Vorteile einer intravenösen Eisensupplemen-
tierung zur Reduktion des Risikos für herzinsuffizienzbe-
dingte Hospitalisierung und kardiovaskulären Tod (4, 5).
Das führte zu den Empfehlungen, wonach bei Patienten mit
HFrEF oder HFmrEF und Eisenmangel eine intravenöse Ei-
sentherapie zur Verbesserung der Lebensqualität und zur
Reduktion des Hospitalisierungsrisikos infolge Verschlechte-
rung der Herzinsuffizienz empfohlen ist (Klasse IA). Eine
Supplementierung mit Eisencarboxymaltose oder Eisenderi-
somaltose ist zur Reduktion des Hospitalisierungsrisikos in-
folge Verschlechterung der Herzinsuffizienz (Klasse IIb) emp-
fohlen.
Die aktualisierten Guidelines sind zeitgleich mit der Präsen-
tation im «European Heart Journal» erschienen (1) und sind
auf www.escardio.org/guidelines aufgeschaltet.
s
Valérie Herzog
Quelle: «2023 Focused update of the 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure». Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 25. bis 28. August 2023 in Amsterdam.
Referenzen: 1. McDonagh TA et al.: 2023 Focused update of the 2021 ESC guidelines for
the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J. 2023;ehad195. 2. Mebazaa A et al.: Safety, tolerability and efficacy of up-titration of guideline-directed medical therapies for acute heart failure (STRONG-HF): a multinational, open-label, randomised, trial. Lancet. 2022;400(10367): 1938-1952. 3. Nuffield Department of Population Health Renal Studies Group; SGLT2 inhibitor Meta-Analysis Cardio-Renal Trialists’ Consortium: Impact of diabetes on the effects of sodium glucose co-transporter-2 inhibitors on kidney outcomes: collaborative meta-analysis of large placebo-controlled trials. Lancet. 2022;400(10365):1788-1801. 4. Graham FJ et al.: Intravenous iron in patients with heart failure and iron deficiency: an updated meta-analysis. Eur J Heart Fail. 2023;25(4):528537. 5. Anker SD et al.: Effect of intravenous iron replacement on recurrent heart failure hospitalizations and cardiovascular mortality in patients with heart failure and iron deficiency: a Bayesian meta-analysis. Eur J Heart Fail. 2023;25(7):1080-1090.
QR-Link ESC-Guidelines Update zur Herzinsuffizienz www.rosenfluh.ch/qr/esc-herzinsuffizienz-2023
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