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RHEUMATOLOGIE/DERMATOLOGIE
Konzept «Hit hard and early»
Psoriasispatienten profitieren von einer frühen intensiven Therapie
Beim letzten Jahrestreffen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Berlin hielt PD Dr. Dr. Felix Lauffer aus München (D) ein Plädoyer für eine frühe, intensive Therapie von Psoriasispatienten: So liesse sich am ehesten eine Krankheitsmodifikation erreichen.
In den derzeit gültigen Leitlinien der Psoriasis wird zur Therapie ein Stufenschema empfohlen, das entsprechend dem Schweregrad der Psoriasis von topischen Ansätzen über konventionelle Systemtherapien bis hin zum Einsatz von Biologika führt. Allerdings gebe es zahlreiche Daten nicht nur von der Psoriasis, sondern auch von anderen entzündlichen Systemerkrankungen, die für den Ansatz «Hit hard and early» sprächen, so Lauffer in seinem Vortrag. «Wir haben für die Behandlung der Psoriasis fantastische Medikamente zur Hand, mit denen wir PASI90 oder PASI100 erreichen können – und das häufiger bei Betroffenen, die weniger Vortherapien erhalten haben.» Dies zeige zum Beispiel die Phase-IIIb-Studie GUIDE, in der auf klinischer und immunologischer Ebene der Einfluss einer frühen Intervention durch Guselkumab untersucht wurde. Die erst seit Kurzem Erkrankten erreichten mit höherer Wahrscheinlichkeit einen sogenannten Super-Responder-Status (definiert als vollständige Abheilung von Hautveränderungen in Woche 20 bis 28; Odds Ratio: 1,57) (1).
Krankheitsmodifikation bei frühem Entzündungsstopp
Eine frühzeitige therapeutische Intervention kann die entzündliche Aktivität rasch beenden und somit eine Krankheitsmodifikation ermöglichen, indem die Entwicklung eines entzündlichen Gedächtnisses der Haut verhindert wird. Tatsächlich ist aus Studien bekannt, dass es unter der Therapie mit Biologika zu einer Veränderung der CD4- und CD8-Zellen kommt. Die gewebeständigen T-Gedächtniszellen (tissue resident memory T cells) bilden ein Krankheitsgedächtnis: Sie verbleiben in der Haut und sind der Grund dafür, dass bei einem erneuten Schub Psoriasisplaques wieder an derselben Stelle auftauchen. Erste Daten weisen darauf hin, dass diese Zellen durch die Blockade von IL-23 möglicherweise reduziert werden können. Nicht zuletzt gibt es auch bei anderen inflammatorischen Systemerkrankungen Belege für den Vorteil einer frühen, intensiven Therapie. So zeigte sich in einer Studie zu Morbus Crohn, dass Betroffene von einem frühen Einsatz einer kom-
binierten immunsuppressiven Therapie im Vergleich zum konventionellen Step-up-Prinzip profitierten und deutlich weniger Rückfälle erlitten (2).
Patienten, die an schwerer Psoriasis leiden, leben gemäss Ausführungen von Lauffer 3 bis 4 Jahre kürzer. Dies sei auf Begleiterkrankungen des kardiovaskulären Systems sowie auf das metabolische Syndrom zurückzuführen. In anderen Indikationen konnte bereits gezeigt werden, dass eine antientzündliche Therapie positive Effekte auf das kardiovaskuläre System haben kann. Sicher ist zumindest, dass eine antientzündliche Therapie kardiovaskuläre Endpunkte verringert. So konnte die Therapie mit dem Anti-IL-1β-Antagonisten Canakinumab bei Patienten mit einem Myokardinfarkt in der Anamnese die Rate an erneuten kardiovaskulären Ereignissen oder für Tod signifikant reduzieren (3). Allerdings ist bei Psoriasis noch unklar, ob die frühe intensive Intervention auch positive Effekte auf harte Behandlungsergebnisse wie kardiovaskuläre Ereignisse und die Mortalität ausüben kann. In einer Beobachtungsstudie führte die Therapie von Psoriasispatienten mit TNF-Blockern zu einer Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse im Vergleich zu Patienten, die nur eine Fototherapie erhielten (4). Es gibt auch Hinweise darauf, welche Mechanismen dem positiven Einfluss von Biologika auf das kardiovaskuläre Risiko zugrunde liegen: In der CARIMA-Studie zeigte sich, dass die Therapie mit einem IL-17Blocker die Endothelfunktion verbessern kann (5). Allein die antientzündliche Therapie wirkt positiv auf kardiovaskuläre Ereignisse. «Man würde sich wünschen, dass man dies durch Biologika erreichen kann. Hierzu gibt es aber bisher nur retrospektive Auswertungen aus Krankenkassendaten», erklärte Lauffer. Zur Behandlung der Psoriasis steht heute eine Fülle von therapeutischen Möglichkeiten zur Verfügung. Allerdings würden aus ökonomischen Gründen häufig konventionelle Systemtherapeutika eingesetzt, auch wenn ein First-lineBiologikum in Frage käme. Lauffer plädierte dagegen dafür, schwer Betroffene mit einem PASI über 20 oder Patienten mit
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RHEUMATOLOGIE/DERMATOLOGIE
Gelenksonografie geeignet zur Erkennung von Frühschäden
Ungefähr ein Drittel aller Psoriasispatienten entwickelt im Lauf der Zeit eine Gelenkbeteiligung, die sich anfänglich als unspezifische, in Schüben verlaufende Entzündung darstellt. In den meisten Fällen gehen Hautsymptome der Gelenkbeteiligung voraus, was die Bedeutung der Dermatologen bei der Diagnose unterstreicht. Eine frühe Diagnose wäre wesentlich, da sie den Einsatz spezifischer Systemtherapeutika zur Vermeidung irreversibler Gelenkschäden erlaubt. Ein im Rahmen des DDG-Kongresses vorgestelltes Poster zeigt, dass die Gelenksonografie ein wertvolles Mittel ist, um bei Psoriasispatienten mit neu aufgetretenen Gelenkbeschwerden Hinweise auf eine Psoriasisarthritis (PsA) zu erhalten (9). In der Untersuchung zeigte sich in der sonografischen Darstellung der Gelenke, dass bereits in der Frühphase einer PsA deutliche Entzündungsmuster sichtbar waren. Im Gegensatz dazu sind mit konventionellem Röntgen erst bei einsetzenden Gelenkschäden typische Veränderungen nachweisbar. Darüber hinaus konnte durch eine sonografische Kontrolle der Gelenke 3 Monate nach Beginn einer spezifischen Systemtherapie die Wirksamkeit der Medikation auf die Entzündung objektiv nachgewiesen werden, und diese korrelierte zudem mit einem Rückgang entzündlicher Beschwerden (9). Die Autoren schliessen daraus, dass der frühzeitige Einsatz der Gelenksonografie eine einfache und kostengünstige Untersuchung sowohl zur Diagnose als auch für die Verlaufskontrolle darstellt.
einer zentralen Psoriasis mit axialem Befall direkt auf ein Biologikum einzustellen.
Systemische Inflammation auch für psychiatrische Komorbidität verantwortlich
Die erhöhte Prävalenz diverser psychiatrischer Erkrankungen bei Psoriasis ist nach Ausführung von Dr. Wiebke Sondermann aus Essen (D) gut dokumentiert: 16 bis 33 Prozent der Psoriasispatienten leiden an Depressionen im Vergleich zu 7 Prozent in der Allgemeinbevölkerung. Auch suizidales Verhalten und Angststörungen sind häufiger. 17 bis 30 Prozent der Psoriasispatienten sind ausserdem von Alkoholabusus betroffen, im Vergleich zu 2,5 Prozent der Frauen und 7,5 Prozent der Männer in der Allgemeinbevölkerung. Auf der Suche nach Erklärungen wird man in zweierlei Hinsicht fündig: Zum einen spielt die Stigmatisierung der Patienten eine Rolle – in einer Studie erwies sie sich als starker prädiktiver Faktor für Depressionen (6). Andererseits gibt es die sogenannte Zytokinhypothese. Demnach würde die systemische Inflammation nicht nur zu Hautveränderungen und kardiovaskulärer Morbidität führen, sondern hätte auch Einfluss auf die Entstehung von Depressionen. In der Tat bietet der ständige Austausch zwischen Nervensystem, Immunsystem und Haut (brain-skin axis) ein schlüssiges Erklärungsmodell für das gehäufte Auftreten von Depressionen und Angsterkrankungen bei Patienten mit schwerer Psoriasis. Nach Ausführung von Sondermann führen proinflammatori-
sche Zytokine wie IL-2, IL-6, IL-1β und TNF-alpha über eine
Erhöhung der Indolamin-2,3-Dioxygenase zu einer Reduk-
tion der Serotoninproduktion im Zentralnervensystem (7).
Tatsächlich zeigte sich auch in einer experimentellen Studie
eine Assoziation von systemischer IL-17A-Expression mit de-
pressiven Symptomen bei Mäusen mit experimentell induzier-
ter psoriatischer Inflammation. Zudem konnte hier depressi-
ves Verhalten durch Anti-IL-17A-Antikörper vermindert
werden.
Ob Biologika auch depressive Symptome bei Psoriasispatien-
ten beeinflussen können, ist nach Ausführung von Sonder-
mann unklar, da bisherige Studien zu Biologika nicht primär
darauf ausgelegt waren, die Auswirkungen der Therapie auf
den psychologischen Status der Patienten zu erfassen. Zudem
wurden die Depressionserhebungsinstrumente uneinheitlich
verwendet, was eine Interpretation erschwert. Eine Metaana-
lyse verschiedener immunmodulatorischer Therapien auf de-
pressive Symptome bei Patienten mit entzündlichen Erkran-
kungen und depressiver Symptomatik weist darauf hin, dass
dadurch in der Tat auch depressive Symptome verbessert
werden, insbesondere bei IL-12/IL-23-Blockern (8). Nicht zu
unterschätzen ist auch, wie eine Depression von Psoriasis-
patienten sich auf die Therapieadhärenz auswirken kann: Ein
negativer Zusammenhang wurde zum Beispiel für Fumarsäu-
rester gezeigt. Vermutlich können durch eine Depressivität
Nebenwirkungen schlechter bewältigt werden. Eine psychi-
sche Komorbidität hat also auch für das Management der
Psoriasis eine hohe Relevanz. Schon allein deshalb sollten
Psoriasispatienten auf depressive Symptome gescreent und
gegebenenfalls interdisziplinär behandelt werden.
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Susanne Kammerer
Quellen: Präsentationen S09/02 und S09/03 an der 52. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) am 27. April 2023 in Berlin.
Referenzen: 1. Schäkel K et al.: Early disease intervention with guselkumab in psoriasis
leads to a higher rate of stable complete skin clearance (‹clinical super response›): Week 28 results from the ongoing phase IIIb randomized, double-blind, parallel-group, GUIDE study. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2023;37(10):2016-2027. 2. D�Haens G et al.: Early combined immunosuppression or conventional management in patients with newly diagnosed Crohn›s disease: an open randomised trial. Lancet. 2008;371(9613):660-667. 3. Ridker PM et al.: Antiinflammatory Therapy with Canakinumab for Atherosclerotic Disease. N Engl J Med. 2017;377(12):1119-1131. 4. Wu JJ et al.: The risk of cardiovascular events in psoriasis patients treated with tumor necrosis factor-α inhibitors versus phototherapy: An observational cohort study. J Am Acad Dermatol. 2018;79(1):60-68. 5. Von Stebut E et al.: Impact of Secukinumab on Endothelial Dysfunction and Other Cardiovascular Disease Parameters in Psoriasis Patients over 52 Weeks. J Invest Dermatol. 2019;139(5):1054-1062. 6. Lakuta P et al.: How does stigma affect people with psoriasis?. Postepy Dermatol Alergol. 2017;34(1):36-41. 7. Patel N et al.: Psoriasis, Depression, and Inflammatory Overlap: A Review. Am J Clin Dermatol. 2017;18(5):613-620. 8. Wittenberg GM et al.: Effects of immunomodulatory drugs on depressive symptoms: A mega-analysis of randomized, placebo-controlled clinical trials in inflammatory disorders. Mol Psychiatry. 2020;25(6):1275-1285. 9. Birkner H et al. P224, 52. DDG-Tagung, 27.4.2023 in Berlin.
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