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PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE
Wann ambulant, wann stationär?
Diagnostik und Therapie bei ambulant erworbener Pneumonie
Die ambulant erworbene Pneumonie geht mit hoher Morbidität und Mortalität einher. Ihre Bedeutung bleibt trotzdem nicht selten unterschätzt. Gleichzeitig ist eine akute respiratorische Symptomatik der häufigste Grund für das Aufsuchen einer Hausarztpraxis und für die Verschreibung von Antibiotika. Deshalb ist es wichtig, eine Pneumonie von anderen Infektionen des unteren Respirationstrakts (z. B. akute Bronchitis) zu unterscheiden. Ein Algorithmus zur Diagnosestellung und Therapie kann weiterhelfen.
Agata Mikolajewska
Eine Pneumonie wird als ambulant erworben (communityacquired pneumonia, CAP) definiert, wenn: s kein stationärer Aufenthalt in den vorausgegangenen
3 Monaten vorlag s bei hospitalisierten Patienten die Symptome nicht später
als 48 Stunden nach der Aufnahme ins Spital auftreten. Ist dieses Zeitkriterium nicht erfüllt, handelt es sich um eine nosokomiale Pneumonie (hospital-acquired pneumonia, HAP). Diese Abgrenzung ist aufgrund des unterschiedlichen Erregerspektrums und dadurch differenter antibiotischer Behandlung notwendig. Der Begriff HCAP (healthcare-associated pneumonia) wird aktuell nicht mehr verwendet, da er zur erheblichen Übertherapie führen würde (3, 9). Ebenso wird eine Pneumonie bei Patienten aus Pflege- oder Seniorenwohnheimen (nursing home-acquired pneumonia, NHAP) nicht als eine separate Gruppe, sondern als eine Subgruppe der CAP gesehen. NHAP unterscheidet sich von sonstiger CAP nicht im Hinblick auf das Erregerspektrum oder generelle Thera-
MERKSÄTZE
� Ambulant erworbene Pneumonie (CAP) heisst: kein stationärer Aufenthalt in den letzten 3 Monaten, bei hospitalisierten Patienten Symptomauftritt innerhalb 48 Stunden nach Aufnahme.
� Häufigste typische Erreger sind Pneumokokken.
� Risikofaktoren sind höheres Alter, Nikotinkonsum, Herzinsuffizienz und Diabetes mellitus.
� Eine gute Entscheidungshilfe für die stationäre Einweisung stellt der CRB-65-Score dar.
� Die antibiotische Therapie bei klassischer CAP ohne Vorerkrankungen sollte in der Regel nicht länger als 5 bis 7 Tage dauern.
pieempfehlungen, die Patienten haben aber aufgrund des Alters, der Komorbiditäten und meistens schlechterer Funktionalität ein besonderes Risiko für einen komplizierten Verlauf (2, 3, 9). Die Pneumonie eines schwer immunsupprimierten Patienten (z. B. bei Neutropenie, unter medikamentöser Immunsuppression, bei angeborener Immundefizienz) kann wegen eines erhöhten Risikos für opportunistische Erreger nicht als klassische CAP verstanden werden.
Erreger
Im Gegensatz zu einer akuten Bronchitis, die fast ausschliesslich viraler Genese ist, sind die meisten ambulant erworbenen Pneumonien bakteriell bedingt (Tabelle 1). Die Differenzierung zwischen typischen und atypischen Erregern hat aufgrund unterschiedlicher Empfindlichkeit auf Antibiotika eine therapeutische Konsequenz. Atypische Erreger zeichnen sich (je nach Spezies) durch eine fehlende Zellwand und/oder intrazelluläre Lage aus. Dadurch haben diese Bakterien eine natürliche Resistenz gegen Betalaktamantibiotika. Eine rein virale CAP ist zwar ausserhalb von Epidemien und Pandemien seltener, jedoch saisonal bedeutend. Respiratorische Viren werden als sogenannte Wegbereiter für eine bakterielle Superinfektion diskutiert (12). Die klinischen Symptome einer viralen sowie «typischen» und «atypischen» CAP unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Deshalb sollten zur Einordnung die Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Ätiologie, die Anamnese, Risikofaktoren sowie gegebenenfalls die mikrobiologische Diagnostik beurteilt werden. Bei besonderen Patientengruppen sollen ätiologisch Staphylococcus aureus (z. B. bei neurologischen Komorbiditäten), Enterobakterien (z. B. bei Schluckstörung) oder Pseudomonas aeruginosa (z. B. bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung [COPD]) berücksichtigt werden. Keine ätiologische Bedeutung hat ein Nachweis von vergrünenden Streptokokken, Enterokokken, nondiphtherischen Corynebakterien, Neisserien (ausser N. meningitidis) und
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Tabelle 1:
Erreger einer ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) und Risikogruppen
Häufigste «typische» CAP-Erreger
Häufigste «atypische» CAP-Erreger
Viren*
Streptococcus pneumoniae
Legionella pneumophila
Influenza A, B
▲ häufigster CAP-Erreger (ca. 40 % aller CAP) ▲ Reiseanamnese, Benutzung von Whirlpools, ▲ v. a. saisonal, ältere Menschen,
▲ soll immer antibiotisch abgedeckt werden
Sauna, Klimaanlagen usw.
Immungeschwächte, Kinder
▲ lokale Ausbrüche möglich
SARS-CoV-2
▲ v. a. ältere Menschen, bei
Immunschwäche, bei
Komorbiditäten
Haemophilus influenzae
Chlamydophila pneumoniae
Rhinovirus
▲ ältere Menschen mit chronischen
▲ ältere Menschen, Immungeschwächte
▲ v. a. saisonal, alle Altersgruppen
Atemwegserkrankungen
Moraxella catarrhalis
Mycoplasma pneumoniae
RSV (respiratory syncytial virus)
▲ Immungeschwächte
▲ junge Erwachsene, manchmal Ausbrüche ▲ ältere Menschen,
Immungeschwächte, Kinder
* meistens begleitet von bakterieller Superinfektion CAP: community-acquired pneumonia, SARS-CoV-2: severe acute respiratory syndrome coronavirus 2
Tipp für die Praxis:
Hinweisend auf ein Infiltrat können folgende Symptomund Befundkonstellationen sein (10, 11): ▲ fokaler Auskultationsbefund ▲ erhöhte Temperatur > 37,8 °C ▲ pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung < 95% ▲ erhöhte Herzfrequenz > 100/min ▲ keine begleitende Rhinorrhoe ▲ CRP > 30 mg/l
koagulasenegativen Staphylokokken. Bei Nachweis von Aspergillus spp. oder Mucorales sollte nach einer bisher nicht diagnostizierten Immunsuppression gesucht werden. Ein Nachweis von Candida spp. aus dem Respirationstrakt weist lediglich auf eine Besiedelung hin und ist ohne ätiologische Relevanz.
Diagnosestellung
Das Risiko, an einer CAP zu erkranken, steigt deutlich mit zunehmendem Alter. Als zusätzliche Risikofaktoren gelten Nikotinkonsum, Herzinsuffizienz und – mit wenig eindeutig bewiesenem Zusammenhang – Diabetes mellitus (2). Die internistischen und neurologischen Komorbiditäten (v. a. in Kombination mit dem Alter) erhöhen das Risiko für einen komplizierten Verlauf. In der alltäglichen Praxis ist deshalb eine besondere Wachsamkeit in Bezug auf eine mögliche CAP bei diesen Patientengruppen geboten.
weniger ausgeprägt oder uncharakteristisch. So kann zum Beispiel eine Verwirrtheit das einzige Symptom einer schweren Pneumonie sein. Typische Befunde einer CAP bei der körperlichen Untersuchung sind Rasselgeräusche, Klopfschalldämpfung, verstärkter Stimmfremitus, Hypoxämie, Tachypnoe, Tachykardie und Hypotension. Diagnostische Sicherheit bringt erst die Verbindung von Anamnese und Befunden mit apparativer Diagnostik (Röntgenaufnahme, ggf. Sonografie/Computertomografie [CT] des Thorax).
Radiologische Diagnostik Bei allen Patienten mit pneumoniesuspekten klinischen Befunden und vor allem bei solchen mit Indikation für eine stationäre Aufnahme sollte laut aktueller deutscher Leitlinie eine Röntgenthoraxaufnahme angefertigt werden (3). Im Alltag lässt sich diese Empfehlung vor allem aufgrund der zeitnahen Erreichbarkeit, der ökonomischen Aspekte und der Strahlenbelastung nicht immer leitlinientreu umsetzen. Deshalb sollte die Indikation für die radiologische Diagnostik bei jedem Patienten sehr sorgfältig eruiert werden. Es ist zu beachten, dass einige Patienten ein Infiltrat erst im Verlauf einer Pneumonie entwickeln. Ein initial unauffälliges Röntgenbild schliesst deshalb eine Pneumonie nicht aus. Bei einem fortbestehenden klinischen Verdacht soll gegebenenfalls eine wiederholte Untersuchung erfolgen. Bei Kontraindikationen oder fehlender zeitnaher Verfügbarkeit einer Röntgendiagnostik kann alternativ eine Thoraxsonografie durchgeführt werden, was jedoch eine hinreichende Expertise des Untersuchers voraussetzt.
Anamnese und körperliche Untersuchung Allein anhand der Symptome (Husten, Auswurf, Dyspnoe, thorakale Schmerzen, allgemeines Krankheitsgefühl) lassen sich die Pneumonien von anderen respiratorischen Infektionen nicht sicher unterscheiden (5). Etwas häufiger treten bei einer Pneumonie purulenter Auswurf und Fieber auf. Bei älteren Patienten sind klinische Symptome einer CAP häufig
Laborparameter Die Messung von Laborparametern ist im ambulanten Bereich nicht obligatorisch, kann jedoch helfen, eine CAP mit Indikation für eine antibiotische Behandlung von anderen Infektionen der Atemwege, zum Beispiel akuter Bronchitis, zu unterscheiden (11). Man sollte beachten, dass Infektparameter wie Leukozyten oder C-reaktives Protein (CRP) zu
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Palliative Versorgung
Anamnese und klinische Symptome passend zu einer Pneumonie?
Auskultations-/Perkussionsbefund? Atem-/Herzfrequenz? Blutdruck? Sauerstoffsättigung? Temperatur? Bewusstseinslage? CRP?
Radiologische Diagnostik
Infiltrat
Kein Infiltrat
Gruppe 2
Therapieziel definiert? Patientengruppe?1
Alternative Diagnose?
Gruppe 1a/1b
Ggf. Kontrolle nach 2 Tagen
CRB-65: 0 ambulant
CRB-652
CRB-65: > 0 stationär
Mikrobiologische Diagnostik
1 siehe Tabelle 2 2 siehe Tabelle 3
Abbildung: Diagnostischer Pfad, Risikostratifizierung und Versorgungsart von Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie (CAP)
Tabelle 2:
Patientengruppen, individuelle Therapieziele und Versorgungsart je nach Funktionalitätskriterien und Komorbiditäten (nach [3])
Patientengruppe
Definition
Gruppe 1a
gute bis ausreichende Funktionalität, definiert
als Bettlägerigkeit < 50% des Tages Gruppe 1b Seniorenwohnheimbewohner und/oder schlechte Funktionalität, definiert als Bettlägerigkeit ≥ 50% des Tages Gruppe 2 schwere Komorbidität mit infauster Prognose Therapieziel und Versorgungsart Heilung; Versorgung ambulant oder stationär, je nach weiterer Risikostratifizierung Palliation; Hospitalisation nur in pflegerischer Hinsicht Tabelle 3: Erweiterter CRB-65-Score (nach [7]) Kriterium CRB-65-Score C (confusion) R (respiratory rate) B (blood pressure) 65 (Alter)* Zusätzliche Kriterien D (diseases) S (O2 saturation) Definition Bewusstseinsstörung Atemfrequenz ≥ 30/min Blutdruck < 90 mmHg systolisch / ≤ 60 mmHg diastolisch ≥ 65 Jahre extrapulmonale Komorbiditäten mit potenzieller Dekompensation und/oder chronische Bettlägerigkeit > 50% des Tages pulsoxymetrische O2-Sättigung < 90% *Alter als alleinig erfülltes (DS-)CRB-65-Kriterium verpflichtet nicht zur stationären Aufnahme, vorausgesetzt, eine adäquate häusliche Versorgung sowie medizinische Verlaufskontrolle sind gewährleistet. Für jedes CRB-65-Kriterium wird 1 Punkt vergeben. Die Summe ergibt die Risikogruppe mit Indikation für eine stationäre Aufnahme und ggf. intensivmedizinische Überwachung und Therapie. 0 Punkte: «leichte» Pneumonie: ambulante Behandlung möglich (bei gewährleisteter häuslicher Versorgung) 1–2 Punkte: mittelschwere Pneumonie: stationäre Aufnahme 3–4 Punkte: schwere Pneumonie: intensivmedizinische Überwachung und Therapie Bei Vorliegen der zusätzlichen Kriterien ist das Mortalitätsrisiko («D»-Kriterium) bzw. das Risiko für eine Intensivpflichtigkeit und/oder Notwendigkeit einer Beatmung («S»-Kriterium) erhöht, sodass eine stationäre Aufnahme immer erforderlich ist. 16 ARS MEDICI DOSSIER III | 2023 PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE Beginn einer Infektion noch normwertig sein können, sodass gegebenenfalls Verlaufskontrollen notwendig sind. Andere Parameter wie zum Beispiel Nieren- und Leberwerte oder NTproBNP (N-terminal pro brain natriuretic peptide) helfen, die Komorbiditäten besser zu beurteilen und zu überwachen. Erregerdiagnostik Eine mikrobiologische Diagnostik wird in den aktuellen deutschen Leitlinien empfohlen, wenn eine stationäre Einweisung folgt (3). Obligatorisch ist dann die Abnahme von zwei Blutkulturpaaren (je 2 Flaschen aerob und anaerob). Eine Sputumdiagnostik wird nur empfohlen, wenn hoch qualitatives Material (purulentes Sputum aus den tiefen Atemwegen) und eine schnelle Bearbeitung (innerhalb von 2 bis 4 Stunden) gewährleistet sind, und hat deshalb in der ambulanten Praxis meistens geringere Relevanz. Aufgrund der therapeutischen Konsequenz sowie der hohen Mortalitätsrate einer Legionellenpneumonie soll bei allen stationär aufgenommenen Patienten sowie bei solchen mit passender Anamnese eine Urinuntersuchung auf Legionellenantigen durchgeführt werden. Bei grippaler Symptomatik und passender epidemiologischer Situation wird zusätzlich ein Influenzaschnelltest oder eine PCR (polymerase chain reaction) empfohlen. Ebenso ist der Ausschluss einer SARS-CoV-2-Infektion (SARS-CoV-2: severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) mittels PCR obligatorisch. Risikostratifizierung Eine der wichtigsten Aufgaben in der Primärversorgung ist es, die Patienten mit hohem Risiko für Komplikationen zu identifizieren, rechtzeitig stationär einzuweisen und – wenn nötig – intensivmedizinisch überwachen zu lassen (Abbildung). Nur die Patienten, die ein niedriges Risiko für Komplikationen haben und ausserhalb eines Krankenhauses hinreichend versorgt werden können (und bei denen eine zuverlässige Medikamenteneinnahme gesichert ist), dürfen ambulant behandelt werden. Dabei soll ein individuelles Therapieziel berücksichtigt werden (Tabelle 2). Therapie einer bakteriellen CAP Eine korrekte Indikationsstellung für eine antibiotische Therapie ist wesentlich, um eine Übertherapie mit Risiko für Resistenzbildung zu vermeiden. Eine CAP soll deshalb klar von einer Bronchitis oder einem anderen viralen respiratorischen Infekt abgegrenzt werden. Sollte eine antibiotische Therapie notwendig erscheinen, sind ein korrekt gewähltes Antibiotikum sowie ein schneller Therapiebeginn essenziell. Bei Patienten mit schwerer Pneumonie führt eine Therapieverzögerung zum deutlichen Letalitätsanstieg (4). Dabei sollen der Schweregrad der CAP sowie ein individuelles Risikoprofil (z. B. Komorbiditäten, erhöhtes Risiko für atypische oder multiresistente Erreger, antibiotische Vortherapie usw.) berücksichtigt werden. Da die antibiotische Therapie entweder ohne Materialabnahme für mikrobiologische Diagnostik oder noch vor dem Eintreffen der entsprechenden Befunde begonnen werden soll, muss diese kalkuliert werden und die wichtigsten oder die (in der individuellen Situation) wahrscheinlichsten Erreger abdecken (Tabelle 4). Tipp für die Praxis: Eine gut etablierte Entscheidungshilfe stellt der erweiterte CRB-65-Score dar (Tabelle 3). Dank der Verwendung von routinemässig erhobenen Befunden kann der Score schnell berechnet werden und hat sich dadurch auch in der Primärversorgung als sehr praktikabel erwiesen (6, 7). Ist eine orale Therapie möglich, sind gute orale Bioverfügbarkeit, ungestörte Resorption und Compliance seitens des Patienten essenziell. Die erste Wahl bei einer leichten Pneumonie stellen hoch dosierte Aminopenicilline dar. Bei dokumentierter Penicillinallergie können stattdessen Makrolide, Tetrazykline oder Fluorchinolone mit Pneumokokkenaktivität verwendet werden. Vor einer Therapie mit Fluorchinolonen müssen die aktuellen Einschränkungen («Rote-Hand-Briefe») beachtet werden. Die Fluorchinolone sollen nur dann eingesetzt werden, wenn die Erstlinienantibiotika aus gewichtigen Gründen nicht verwendet werden können. Vor geplanter Therapie mit Fluorchinolonen oder Makroliden sind die Durchführung eines Elektrokardiogramms mit QT-Zeit-Messung, die Prüfung kardialer Kontraindikationen und Medikamenteninteraktionen sowie die Aufklärung über eventuelle weitere Nebenwirkungen von Fluorchinolonen (z. B. Tendinitis) obligatorisch. Ciprofloxacin soll aufgrund einer fehlenden Pneumokokkenaktivität zur CAP-Therapie nicht in Monotherapie eingesetzt werden. Der Einsatz von oralen Cephalosporinen (insbesondere Cefuroxim) ist aufgrund unzureichender Bioverfügbarkeit obsolet. Sollte eine Kombination mit Betalaktamaseinhibitoren notwendig sein, wird aufgrund der Möglichkeit einer höheren Dosierung die Kombination von Amoxicillin/Clavulansäure gegenüber dem oralen Sultamicillin bevorzugt. Bei Patienten mit einer mittelschweren CAP (CRB-65-Score 1; CRB-65: Akronym aus confusion [Bewusstseinstrübung], respiratory rate [Atemfrequenz ≥ 30/min], blood pressure [diastolischer Blutdruck ≤ 60 mmHg oder systolischer Blutdruck ≤ 90 mmHg], Alter ≥ 65 Jahre) soll die Therapie in der Regel stationär eingeleitet werden. Alle Patienten mit einer schweren Pneumonie (CRB-65-Score 3–4) benötigen eine unverzügliche stationäre Einweisung und gegebenenfalls eine intensivmedizinische Überwachung. Tipp für die Praxis: Das Therapieansprechen soll in erster Linie anhand der klinischen Stabilitätskriterien beurteilt werden. Dazu gehören: ▲ Herzfrequenz ≤ 100/min ▲ Atemfrequenz ≤ 24/min ▲ systolischer Blutdruck ≥ 90 mmHg ▲ Temperatur ≤ 37,8 °C ▲ orale Nahrungsaufnahme ▲ normaler Bewusstseinszustand ▲ arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) ≥ 90% oder Sauerstoffpartialdruck (pO2) ≥ 60 mmHg ARS MEDICI DOSSIER III | 2023 17 PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE Tabelle 4: Kalkulierte Antibiotikatherapie einer bakteriellen CAP je nach Schweregrad Schweregrad der CAP 1. Wahl Alternativen1 Leichte Pneumonie ohne Komorbiditäten Amoxicillin 3-mal 1000 mg p.o. Clarithromycin 2-mal 500 mg p.o.2 Azithromycin 1-mal 500 mg p.o. (3 Tage)2 Doxycyclin 1-mal 200 mg p.o. Levofloxacin 1- bis 2-mal 500 mg p.o. Moxifloxacin 1-mal 400 mg p.o. Leichte Pneumonie mit Komorbiditäten, Amoxicillin/Clavulansäure Levofloxacin 1- bis 2-mal 500 mg p.o. Risiko für Enterobacteriaceae, S. aureus, 3-mal 875/125 mg p.o. Moxifloxacin 1-mal 400 mg p.o. Anaerobier Leichte Pneumonie mit Risiko für Amoxicillin 3-mal 1000 mg p.o. Levofloxacin 1- bis 2-mal 500 mg p.o. Pseudomonas spp.3 + Ciprofloxacin 2-mal 500 mg p.o. Mittelschwere Pneumonie Ampicillin/Sulbactam 3-mal 3 g i.v. oder Levofloxacin 2-mal 500 mg i.v./p.o. Ceftriaxon 1-mal 2 g i.v. oder Moxifloxacin 1-mal 400 mg i.v./p.o. Cefuroxim 3-mal 1,5 g i.v. oder Cefotaxim 3-mal 2 g i.v. +/– Clarithromycin 2-mal 500 mg p.o. oder Azithromycin 1-mal 500 mg p.o. Schwere Pneumonie Piperacillin/Tazobactam 3- bis Levofloxacin 2-mal 500 mg i.v./p.o.4 4-mal 4,5 g i.v. oder Moxifloxacin 1-mal 400 mg i.v./p.o.4 Cefepim 3-mal 2 g i.v. oder Cefotaxim 3- bis 4-mal 2 g i.v. oder Ceftriaxon 1-mal 2 g i.v. + Clarithromycin 2-mal 500 mg i.v. oder Azithromycin 1-mal 500 mg i.v. Mittelschwere oder schwere Pneumonie Piperacillin/Tazobactam 3- bis Piperacillin/Tazobactam 3- bis 4-mal 4,5 g i.v. mit Risiko für Pseudomonas spp. 4-mal 4,5 g i.v. oder oder Cefepim 3-mal 2 g i.v. oder Cefepim 3-mal 2 g i.v. oder Meropenem 3-mal 2 g i.v.5 oder Meropenem 3-mal 2 g i.v.5 oder Imipenem 3-mal 1 g i.v.5 Imipenem 3-mal 1 g i.v.5 + + Ciprofloxacin 2-mal 400 mg i.v. Clarithromycin 2-mal 500 mg i.v. (oder 2-mal 500 mg p.o.) oder + Levofloxacin 2-mal 500 mg i.v./p.o. Gentamycin 1-mal 3–7 mg/kg KG (nach Spiegel, Talspiegel < 1) CAP: community-acquired pneumonia, KG: Körpergewicht 1 bei Unverträglichkeit oder dokumentierter Allergie auf Erstlinientherapie 2 in Monotherapie nur bei niedriger Resistenzrate von Pneumokokken 3 individuelle Entscheidung über die Notwendigkeit einer Pseudomonas-wirksamen Therapie 4 in Monotherapie nur bei Patienten ohne klinische Sepsiskriterien 5 nur bei Risiko für multiresistente gramnegative Stäbchen mit Resistenz gegen 3 der 4 Antibiotikagruppen (3-MRGN) oder Allergie/Unverträglichkeit von Penicillinen und Cephalosporinen Bei Patienten mit kardiovaskulären Komorbiditäten und Indikation für die Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) soll diese im Allgemeinen fortgeführt beziehungsweise gegebenenfalls begonnen werden. Die Grundlage für diese Empfehlung stellt die erhöhte kardiovaskuläre Mortalität infolge von CAP dar (1). Beurteilung des Therapieansprechens Auch ambulant behandelte Patienten sollen zur klinischen Verlaufsbeurteilung nach 2 bis 3 Tagen erneut vorstellig werden. Infektparameter wie CRP können eventuell einbezogen werden. Bei Pleuraerguss ist eine sonografische Kontrolle ob- ligatorisch. Eine erneute Röntgenaufnahme ist nur in Ausnahmesituationen notwendig (z. B. im Intervall von ≥ 2 Wochen bei V. a. Tumor). Liegen zum Zeitpunkt der Verlaufsbeurteilung mikrobiologische Befunde vor, wird eine Fokussierung der Therapie angestrebt. Die antibiotische Therapie soll bei einer klassischen CAP ohne Vorerkrankung der Lunge oder Immundefizienz etwa 2 bis 3 Tage nach klinischer Stabilisierung und Befundbesserung beendet werden und in der Regel eine Dauer von 5 bis 7 Tagen nicht überschreiten (3, 9). 18 ARS MEDICI DOSSIER III | 2023 PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE Nachsorge und Prävention Aufgrund einer erhöhten Langzeitletalität ist eine engmaschige Überwachung von Komorbiditäten notwendig, vor allem bei älteren und multimorbiden Patienten. Die Nachsorge soll beinhalten: s Überprüfung kardiovaskulärer Komorbiditäten, ggf. An- passung ihrer bisherigen Behandlung s Prüfung einer eventuellen Dysphagie (bei Aspirations- pneumonie) s kritische Überprüfung der bisherigen Pharmakotherapie s Motivation zum Nikotinverzicht, Tabakentwöhnung s ggf. Influenza- und Pneumokokkenimpfungen (3, 13) s Dr. med. Agata Mikolajewska Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow Klinikum D-3353 Berlin Interessenlage: Die Autorin hat keine Interessenkonflikte deklariert. Dieser Artikel erschien zuerst in «doctors today» 3/2021. Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin. Literatur in der Onlineversion des Beitrags unter www.rosenfluh.ch. Literatur: 1. Brack MC et al.: Cardiovascular sequelae of pneumonia. Curr Opin Pulm Med 2019; 25: 257–262. 2. Breitling LP et al.: Pneumonia in the noninstitutionalized older popula- tion – a prospective observational study over 11 years. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 607–614. 3. Ewig S et al.: S3-Leitlinie Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention – Update 2016. AWMFReg.-Nr.: 082–001. 4. 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Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2019/2020, Epidemiologisches Bulletin Nr. 34, 22. August 2019, https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/ Impfempfehlungen_node.html. ARS MEDICI DOSSIER III | 2023 19