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PNEUMOLOGIE
Inhalationstherapie
Der richtige Inhalator für den individuellen Patienten
Die Voraussetzung für ein wirksames Management der COPD ist in aller Regel eine konsequent durchgeführte inhalative Therapie. Dafür steht mittlerweile eine grosse Auswahl an Inhalatoren zur Verfügung. Um eine wirksame Therapie zu ermöglichen, muss allerdings für jeden Patienten der richtige Inhalator gewählt werden. Geschieht dies nicht, leidet die Qualität der Therapie, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Inhalative Medikamente stehen im Zentrum des Managements der COPD. Die Voraussetzung für deren Wirksamkeit ist die effektive Inhalation, sodass die Substanzen an den Ort ihrer Wirkung gelangen. Dafür müsse eine Reihe von Voraussetzungen gegeben sein, so Prof. Janwillem Kocks aus Groningen (NL). Benötigt werden das richtige Molekül, der richtige Inhalator und die richtige Inhalationstechnik, um die gewünschten Resultate zu erreichen. Eine Voraussetzung dafür ist die Wahl des richtigen Inhalators für den richtigen Patienten. Kocks: «In der allgemeinmedizinischen Praxis können wir ein gewisses Profiling unserer Patienten betreiben. Wir bekommen einen Eindruck davon, was für wen richtig sein könnte.» Dabei geht es einerseits um klinische, andererseits aber um lebenspraktische Aspekte. Ist der Patient motorisch koordiniert? Hat er genügend Kraft, forciert einzuatmen? Um das in Erfahrung zu bringen, ist es wichtig, dem Patienten bei der Vorbereitung und der Anwendung seines Inhalators ein- oder mehrmals zuzusehen. Für die inhalative Therapie der COPD stehen mehrere Gruppen von Devices zur Verfügung: Trockenpulverinhalatoren (dry powder inhaler, DPI), Dosieraerosol-Inhalatoren (pressurised metered dose inhaler, pMDI), SMI (soft mist inhaler) sowie Vernebler. Jedes dieser Systeme hat Stärken und Schwächen sowie seine besonderen Einsatzgebiete. Die DPI erforderten ein relativ hohes Mass an Koordination und würden, so Kocks, häufig für Notfallmedikation verwendet. Die Schwäche der DPI ist der relativ hohe Kraftaufwand beim Inhalieren. SMI benötigen weniger Kraft als DPI und weniger Koordination als pMDI. Vernebler benötigen schliesslich weder Kraft noch Koordination und kommen deshalb vor allem in Akutsituationen beziehungsweise bei schwer kranken Patienten im Krankenhaus zum Einsatz. Kocks betonte allerdings, dass mittlerweile Studiendaten zeigten, dass pMDI mit Spacer ebenfalls eine gute Option in Akutsituationen seien und den Vorteil hätten, dass sie die Patienten unabhängiger vom Krankenhaus machten. In der Praxis stellt sich somit die Frage, nach welchen Parametern der Inhalator für einen individuellen Patienten ausgewählt werden soll. Dazu wurden über die Jahre mehrere Algorithmen publiziert, die letztlich alle auf das gleiche einfache System hinauslaufen. Zunächst entscheidet die Möglichkeit zur spontanen Respiration. Ist diese eingeschränkt,
sodass der Patient nicht durch das Gerät einatmen kann,
bleibt die Wahl zwischen einem Vernebler und einem pMDI
mit Spacer. Kann der Patient ausreichend gut einatmen,
entscheidet die Koordination über die weitere Wahl. Ebenso
ist die Möglichkeit, ausreichend schnell ein ausreichendes
Volumen einzuatmen, entscheidend. Bei eingeschränkter
Koordination und einem inspiratorischen Fluss von mehr als
30 l/min kommen pMDI mit Spacer sowie alle anderen In-
halatoren infrage. Bei eingeschränkter Koordination und
einem inspiratorischen Fluss unter 30 l/min bleiben pMDI
mit Spacer, SMI und Vernebler. Bei guter Koordination und
gutem inspiratorischen Fluss stehen pMDI und alle anderen
Inhaler zur Auswahl. Ist die Koordination gut und der inspi-
ratorische Fluss eingeschränkt (besteht also eine schwere
Obstruktion), bleiben pMDI, Vernebler und SMI (1).
Dass eine suboptimale Wahl des Inhalators unmittelbare
Auswirkungen auf die Kontrolle der Erkrankung hat, konnte
eine internationale Gruppe in einer Beobachtungsstudie mit
mehr als 1400 Patienten zeigen. In die Studie wurden
COPD-Patienten eingeschlossen, die seit mindestens 3 Mo-
naten eine Erhaltungstherapie mit einem DPI erhalten hatten.
Von diesen Patienten wurden Adhärenz, Inhalationstechnik,
Gesundheitsstatus sowie der typische inspiratorische Spit-
zenfluss durch das Gerät (peak inspiratory flow, PIF) erho-
ben. Die Auswertung zeigte, dass rund ein Drittel der Patien-
ten (29%) einen suboptimalen PIF hatten. Das war mit einer
ebenso suboptimalen Kontrolle der COPD, gemessen mit
dem CCQ-Score, der Symptome, Gesundheitszustand und
mentales Befinden umfasst, sowie mit einem erhöhten Risiko
für Exazerbationen assoziiert. Rund die Hälfte der Patienten
zeigte grobe Fehler bei der Inhalationstechnik, die ebenfalls
mit einem schlechteren CCQ-Score assoziiert waren. Dabei
wurden am häufigsten ein unzureichender Schluss von Zäh-
nen und Lippen um das Mundstück sowie ein zu schwaches
und ein zu unruhiges Ausatmen registriert (2).
s
Reno Barth
Quelle: Primary Care Session Part I: «Restarting COPD care in the post-COVID era», beim Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS) am 6. September 2021, online.
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Referenzen: 1. https://www.inhalers4u.org/ 2. Kocks J et al. Late Breaking Abstract – Factors associated with
health-status of COPD patients on Dry Powder Inhaler (DPI) maintenance therapy. ERS 2021, Late Breaking Abstract.
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