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Das Caroli-Syndrom
EDITORIAL WENIG BEKANNTE SYNDROME
Jacques Caroli (Quelle: https://de.wikipedia.org)
Das Caroli-Syndrom ist eine seltene angeborene Erkrankung der Gallenwege mit zystischen Erweiterungen der Gallengänge in Kombination mit einer angeborenen Fibrose der Leber. Die isolierte Erweiterung der grossen Gallenwege ohne Bindegewebsvermehrung ist als Caroli-Krankheit bekannt, benannt nach Jacques Caroli (1902–1979). Neben den typischen Symptomen der Caroli-Krankheit mit Steinen und wiederkehrenden Infektionen in den Gallenwegen zeigen die Patienten mit dem Vollbild des Syndroms eine Blutstauung in der Pfortader mit einer Vergrösserung der Milz und Ösophagusvarizen, die sich in blutigem Erbrechen äussern können. Dabei ist das Fortschreiten der Krankheit sehr unterschiedlich; die Symptome zeigen sich beim einen früher, beim anderen später. Ähnlich wie bei der Caroli-Krankheit ist für die Diagnose des Caroli-Syndroms der Nachweis einer Verbindung der Zysten in der Leber mit den Gallen-
gängen entscheidend. Das ist mittels Sonografie, Computertomografie, Magnetresonanztomografie einschliesslich Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie, endoskopisch retrograder Cholangiopankreatikografie oder szintigrafisch möglich. Im Magnetresonanztomogramm können sich Hinweise auf eine Blutstauung im Pfortaderkreislauf als Zeichen für eine Leberfibrose ergeben. Das ist aber letztlich eine feingewebliche Diagnose und muss nach einer Leberbiopsie unter dem Mikroskop gestellt werden. Ist von den Veränderungen der Leber nur ein Lappen betroffen, kann die Erkrankung durch eine Teilleberresektion geheilt werden. Bei einem diffusen Befall kann eine endoskopische Papillotomie oder eine Choledochojejunostomie (Y-Roux-Hepatikojejunostomie) den Galleabfluss verbessern. Eine Heilung ist aber nur durch eine Lebertransplantation möglich. Das Caroli-Syndrom ist nach ICD-10 als angeborene Fehlbildung der Gallengänge (Q44.5) klassifiziert.
Jacques Caroli, 1902 in Les Essarts-le-Roi nahe Versailles geboren und 1979 in Paris gestorben, war ein französischer Gastroenterologe. Er studierte in Angers Medizin und fing dort an zu praktizieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Chefarzt am Pariser Krankenhaus Saint-Antoine. 1958 beschrieb er erstmals eine angeborene Erkrankung mit zystischen Erweiterungen der Gallengänge in der Leber, die später als Caroli-Syndrom nach ihm benannt wurde. 1976 wurde er zum Kommandeur der französischen Ehrenlegion ernannt.
R. A.
ARS MEDICI DOSSIER II | 2022
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