Transkript
Behandlung der Herzinsuffizienz
Weiterer SGLT2-Hemmer für HFrEF, HFpEF noch ungelöst
KARDIOLOGIE
Foto: vh
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Mit der am ESC-Kongress von Studienleiter Dr. Milton Packer, Baylor Medical Center, Dallas (USA), präsentierten EMPEROR-Reduced-Studie empfiehlt sich nun mit Empagliflozin – nach Dapagliflozin – der zweite SGLT2-Hemmer für die Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF). Für Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) geht die Suche nach einer wirksamen Therapie nach der Präsentation der PARALLAX-Studie dagegen weiter.
Nachdem die EMPA-REG-OUTCOME-Studie
gezeigt hatte, dass Empagliflozin auch die Hos-
pitalisierungsrate von Typ-2-Diabetikern mit
Herzinsuffizienz senkt (1), war die nächste
Frage jene, ob auch herzinsuffiziente Patienten
ohne Diabetes von diesem SGLT2-Hemmer
profitieren können. Die daraufhin lancierte
EMPEROR-Reduced-Studie untersuchte dies
bei Patienten mit HFrEF.
Dr. Milton Packer
An dieser doppelblinden, randomisierten, multizentrischen Studie nahmen 3730 Patienten
mit milder bis schwerer, adäquat therapierter
HFrEF teil. Etwa die Hälfte der Teilnehmer litt
zusätzlich an einem Typ-2-Diabetes. Die Teil-
nehmer erhielten zusätzlich zur Herzinsuffi-
zienztherapie entweder einmal täglich Empa-
gliflozin 10 mg während 34 Monaten (median
16 Monate) oder Plazebo.
Empagliflozin bewirkte bei HFrEF-Patienten
mit oder ohne Diabetes im Vergleich zu
Prof. Burkert Pieske
Plazebo eine signifikante Risikoreduktion des primären Endpunkts um 25 Prozent
(p < 0,001), der als Kombination aus kardio- vaskulärem Tod oder herzinsuffizienzbedingter Hospitali- sierung definiert war. Das Risiko für eine erste oder wieder- holte Hospitalisierung sank als zweiter Endpunkt unter Empagliflozin im Vergleich zu Plazebo signifikant um 30 Prozent (p < 0,001). Ausserdem zeigten die Patienten der Verumgruppe im Studienverlauf eine signifikante Ver- langsamung des Abfalls der glomerulären Filtrationsrate (p < 0,001) und eine signifikante Risikoreduktion von re- nalen Ereignissen um 50 Prozent (p = 0,0019), die als chronische Dialyseabhängigkeit, Nierentransplantation oder anhaltende Reduktion der glomerulären Filtrations- rate definiert waren. Schwere Nebenwirkungen traten in der Verumgruppe weni- ger häufig auf (kardial bedingte 26,8 vs. 34,0% Plazebo; renal bedingte 3,2 vs. 5,1% Plazebo). Zu einer Volumen- depletion kam es bei 10,6 versus 9,9 Prozent, zu Hypoglyk- ämie bei 1,4 versus 1,5 Prozent, zu Amputationen von unte- ren Gliedmassen bei 0,7 versus 0,5 Prozent. Die Studie wurde zeitgleich mit der Präsentation im «New England Journal of Medicine» publiziert (2). Diese Resultate zeigen, dass Empagliflozin einen beträchtlichen Nutzen für Patienten mit HFrEF hat, unabhängig davon, ob sie an Typ-2-Diabetes leiden oder nicht. Mit dieser zweiten grossen Studie – nach DAPA-HF mit Dapagliflozin – besteht gemäss Packer nun genügend Evidenz, dass SGLT2-Hemmer Bestandteil einer HFrEF-Therapie sein sollten, das heisst: Sacubitril/Valsartan, Betablocker, Spironolacton oder Eplerenon, Empagliflozin oder Dapagliflozin. Für HFpEF-Patienten ist die Situation weiterhin ungelöst Über die Hälfte der Herzinsuffizienzpatienten leidet an einer Herzinsuffizienz mit erhaltener oder mittelgradiger (midrange) Auswurffraktion (HFpEF bzw. HFmrEF). Beide Formen stehen mit einer substanziellen Morbidität und Mortalität in Zusammenhang (3). Im letzten Jahr zeigte die PARAGON-HF-Studie einen potenziellen Nutzen durch die Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Hemmung mit Sacubitril/ Valsartan, verglichen mit Valsartan allein, bei der Reduktion von herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen bei Patienten mit HFpEF (EF ≥ 45%) (4). Bei der Herzinsuffizienz sind aber nicht nur harte Endpunkte entscheidend, bei dieser chronisch progressiven Erkrankung sind auch die Lebensqualität und die Leistungskapazität ein wichtiges Therapieziel. In der am diesjährigen ESC-Kongress präsentierten PARALLAX-Studie sei der Effekt von Sacubitril/Valsartan im Vergleich zu einer individualisierten Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) bei HFpEFund HFmrEF-Patienten (EF > 40%) in Bezug auf NT-proBNP, Leistungskapazität und der Lebensqualität untersucht worden, wie Studienleiter Prof. Burkert Pieske, Charité Berlin (D), berichtete. In der doppelblinden, randomisierten, parallel geführten und aktiv kontrollierten 3-armigen Studie wurden die Patienten (n = 4632), abgestimmt auf ihre Komorbiditäten, individuell dem ACE-Hemmer-Arm, dem Sartan-Arm oder dem Arm ohne RAAS-Hemmer zugeteilt. In diesen Studienarmen erhielten sie jeweils randomisiert Sacubitril/Valsartan oder
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Enalapril, Sacubitril/Valsartan oder Valsartan und Sacubitril/
Valsartan oder Plazebo. Die Studie lief 24 Wochen. Der pri-
märe Endpunkt war als Veränderung des NT-proBNP nach
12 Wochen und des 6-Minuten-Gehtests (6-MWT) nach 24
Wochen definiert. Als sekundäre Endpunkte galten die Le-
bensqualität und die Veränderung der NYHA-Klasse nach
24 Wochen (5).
Nach 12 Wochen war der Surrogatmarker NT-pProBNP bei
den mit Sacubitril/Valsartan behandelten Patienten gegen-
über der IMT-Gruppe (IMT: individualized medical therapy)
signifikant gesunken (adjusted geometric mean ratio: 0,84
[0,80–0,88]; p < 0,0001). Die Leistungskapazität, gemessen mit dem 6-MWT, stieg nach 24 Wochen in allen Gruppen leicht an, der Unterschied war aber nicht signifikant, ebenso wenig wie die Lebensqualität. Eine Veränderung der NY- HA-Klasse konnte nach 24 Wochen in keiner Gruppe ver- mehrt beobachtet werden. Sacubitril/Valsartan habe sich in der Therapie von Patienten mit HFrEF bewährt und sei dafür auch in den Guidelines empfohlen (6), bei der Suche nach einer überzeugenden The- rapie für HFpEF gehe die Arbeit wohl weiter, kommentierte Prof. Rudolf de Boer, University Medical Center, Groningen (NL), die Studienresultate. Auch die in dieser Indikation weitverbreiteten RAAS-Hemmer haben letztlich nicht über- zeugt. s Quellen: «Hotline EMPEROR-Reduced» und «PARALLAX», Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 28. August bis 2. September 2020, virtuell. Referenzen: 1. Zinman B et al.: Empagliflozin, Cardiovascular Outcomes, and Mortality in Type 2 Diabetes. N Engl J Med. 2015;373(22):2117-2128 2. Packer M et al.: EMPEROR-Reduced Trial Investigators. Cardiovas- cular and Renal Outcomes with Empagliflozin in Heart Failure. N Engl J Med. 2020 Aug 29. doi: 10.1056/NEJMoa2022190. Epub ahead of print. 3. Redfield MM: Heart Failure with Preserved Ejection Fraction. N Engl J Med. 2017 2;376(9):897. 4. Solomon SD et al.: Angiotensin-Neprilysin Inhibition in Heart Failure with Preserved Ejection Fraction. N Engl J Med. 2019;381(17):1609-1620. 5. Wachter R et al.: Angiotensin receptor neprilysin inhibition versus individualized RAAS blockade: design and rationale of the PARALLAX trial. ESC Heart Fail. 2020;7(3):856-864. 6. Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC). Developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J. 2016;37(27),2129–2200. Valérie Herzog 18 ARS MEDICI DOSSIER III | 2021