Transkript
GYNÄKOLOGIE/UROLOGIE
Vulvovaginale Dysfunktion
Vaginalcreme, Hormone oder Laser?
Bis zu 75 Prozent der postmenopausalen Frauen haben Beschwerden wegen der vulvovaginalen Atrophie, die mit dem Rückgang der körpereigenen Östrogenproduktion einhergeht. Am FOMF-WebUp Gynäkologie erläuterte Prof. Petra Stute Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener topischer Therapien und ging dabei auch auf die vaginale Laserbehandlung ein.
Vulvovaginale Beschwerden sind bei Frauen in und nach den Wechseljahren weitverbreitet, und sie betreffen etwa 3 von 4 Frauen. Auch die systemische Hormonsubstitution (HRT) schützt davor nicht unbedingt. Gemäss einer 2003 publizierten Umfrage leiden etwa 40 Prozent der Frauen mit oraler HRT weiterhin unter Scheidentrockenheit. Angesichts der Tatsache, dass eine systemische HRT heutzutage wesentlich niedriger dosiert werde als damals, könne man davon ausgehen, dass die Beschwerden eher häufiger vorkämen, sagte Prof. Petra Stute, Stv. Chefärztin der Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Universitäts-Frauenspital, Inselspital Bern.
Zuerst hormonfreie Präparate versuchen
Als First-Line-Therapie werden bei vulvovaginaler Atrophie (VVA) topische, nicht hormonelle Präparate empfohlen. Empfehlenswert seien Befeuchtungsmittel (Hydrogele) oder Emollienzien (Öl-in-Wasser-Emulsionen als Salbe, Creme oder Lotion), deren Wirkung bis zu 24 Stunden anhalten könne, sagte die Referentin. Gleitmittel seien zwar auch eine Option, wegen ihrer kurzen Wirksamkeit aber weniger empfehlenswert.
KURZ & BÜNDIG
� Die vulvovaginale Atrophie führt bei den meisten postmenopausalen Frauen zu Beschwerden.
� Die First-Line-Therapie besteht aus nicht hormonellen, pflegenden Feuchthaltemitteln und Emulsionen.
� Falls das nicht ausreicht, sind vaginale Östrogene oder vaginales DHEA eine Option.
� Die Vaginallasertechnik verspricht eine Reihe positiver Effekte, aber es mangelt an Studien, welche die Wirksamkeit und die Sicherheit dieser Methode ausreichend belegen.
Grundsätze der vaginalen Hormontherapie
In der neuen S3-Leitlinie der gynäkologischen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz heisst es, dass Befeuchtungs- und Gleitmittel allein oder zusammen mit einer vaginalen Östrogentherapie so lange wie erforderlich angewendet werden können. Bei der vaginalen Östrogentherapie ist gemäss Leitlinie auf folgende Punkte zu achten: s Bei ausbleibender Besserung kann die Dosis erhöht werden. s Eine niedrig dosierte systemische HRT wirkt nicht immer
ausreichend auf das Vaginalepithel, sodass eine zusätzliche Lokaltherapie notwendig sein kann. s Die Symptome kehren häufig zurück, wenn die Behandlung beendet wird. s Nebenwirkungen einer lokalen Östriolbehandlung sind sehr selten. s Sollten vaginale Blutungen auftreten, ist der Frauenarzt aufzusuchen.
Welche Präparate sind verfügbar?
Für eine hormonelle vaginale Therapie stehen in der Schweiz sowohl Östradiol als auch Östriol sowie vier verschiedene Applikationsformen zur Verfügung (s. Tabelle). In der Regel beginnt die Behandlung mit einer täglichen Applikation für zirka 2 bis 3 Wochen, danach folgt die Erhaltungsphase, in der das Präparat 2- bis 3-mal pro Woche angewendet wird. Da bereits ultraniedrig dosierte Präparate (z. B. 30 µg Östriol 2- bis 3-mal pro Woche) zu guten Therapieresultaten führten, sei es sehr unwahrscheinlich, dass diese einen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko hätten, selbst bei chronischer Anwendung, heisst es in der neuen Leitlinie. Bei korrekter Anwendung seien alle in der Schweiz verfügbaren topischen Hormonprodukte zur Behandlung bei VVA gleich wirksam und sicher, sagte die Referentin. Als niedrig dosiert bezeichnete sie den Estring®, als ultraniedrig dosiert die 2-mal wöchentliche Gabe von Blissel®, Gynoflor®, Kadefemin® oder Vagifem® und als Standarddosierung die 2-mal wöchentliche Gabe von Ovestin® oder Oestro-Gynaedron®. Wichtig sei es, sich in jedem Fall an die Vorgaben der jeweiligen Fachinformation zu halten und die anfangs tägli-
ARS MEDICI DOSSIER I | 2021
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GYNÄKOLOGIE/UROLOGIE
Vaginale Hormonpräparate zur Behandlung bei vulvovaginaler Atrophie
Hormon DHEA Östradiol
Östriol
Produkt Intrarosa® Estring®
Vagifem® Blissel® Gynoflor® Kadefemin® Östriol Ovula Oestro-Gynaedron® Ovestin® Crème Ovestin® Ovula
Applikation Vaginalzäpfchen Vaginalring
Vaginaltablette Vaginalgel Vaginaltablette Vaginalzäpfchen
Vaginalcreme Vaginalcreme Vaginalzäpfchen
Dosierung 6,5 mg 7,5 µg/24 h
10 µg 50 µg/g (0,005 %) 30 µg 30 µg
0,5 mg/g (0,05 %) 1 mg/g (0,1 %) 0,5 mg
Erhaltungsdosis 1× täglich neuer Ring alle 3 Monate 2× pro Woche 2× pro Woche 2–3× pro Woche 2× pro Woche
2–3× pro Woche 2× pro Woche 2× pro Woche
DHEA (Prasteron): Dehydroepiandrosteron; alle Angaben in alphabetischer Reihenfolge und gemäss compendium.ch, Stand 11. August 2020; Angaben zur Startdosis und zur Langzeitanwendung (z. B. Kontrollintervalle) siehe Fachinformation des jeweiligen Produkts.
che Anwendung zu Beginn einer Therapie nicht in der Erhaltungsphase fortzusetzen, betonte Stute. Man müsse in jedem Fall damit rechnen, dass bis zu 15 Prozent der Frauen trotz der vaginalen Hormontherapie weiterhin unter VVA-Symptomen leiden, und dann nach anderen Ursachen für die Beschwerden suchen. Neu auf dem Markt sind Vaginalzäpfchen mit dem Wirkstoff Dehydroepiandrosteron (DHEA; Intrarosa®). Im Unterschied zu den anderen vaginalen Hormonpräparaten gibt es keine Aufdosierungsphase, sondern das Präparat wird stets 1-mal pro Tag angewendet. In der Zulassungsstudie verringerten sich die VVA-Symptome innert 3 Monaten. Nach einem Jahr waren weder Veränderungen der Sexualhormonspiegel im Serum noch Veränderungen des Endometriums feststellbar. Die Nebenwirkungen bewegten sich auf Plazeboniveau, berichtete die Referentin.
Vaginallaser
Die Vaginallaserbehandlung wird 3-mal in einem Abstand von 4 Wochen durchgeführt. Dabei sollen durch Mikrover-
letzungen und Hitzeeinwirkung Haut und Bindegewebe der
Vagina «verjüngt» werden. Eine wesentliche Zielgruppe die-
ser Methode sind postmenopausale Frauen mit VVA mit oder
ohne Harninkontinenz. Daneben werden unter anderem auch
Indikationen wie Prolaps, Vulvodynie und Lichen sclerosus
sowie kosmetische Ziele wie eine Straffung und Depigmentie-
rung der Vulva diskutiert. Die Datenlage zu dieser Methode
ist noch dürftig. Es gebe zwar einige vielversprechende Resul-
tate in Bezug auf die VVA, doch reichten diese noch nicht für
eine Empfehlung aus, sagte Stute.
s
Renate Bonifer
Quellen: 1. Referate von Prof. Petra Stute: «Vulvovaginale Dysfunktion: vaginale Tro-
ckenheit und sexuelle Beschwerden» und «Lifestyle-Medizin: Was ist Kommerz und was sinnvoll: Laser der Vagina, DHEA-Vaginalcreme, bioidentische Hormone» am FOMF-WebUp Gynäkologie, 8. Juni 2020. 2. DGGG, SGGG und OEGG: S3-Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnose und Interventionen. Januar 2020. https://www.awmf.org/leitlinien/ detail/ll/015-062.html (abgerufen am 11. August 2020).
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