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RHEUMATOLOGIE
Osteoporose: Prävention und Behandlung
Aktuelle Tipps zu Supplementation und Rebound
In der Prävention und der Behandlung der Osteoporose ist längst nicht alles eindeutig. Anhand von zwei Fällen beleuchtete Dr. Stella Mollet, Universitätsklinik Balgrist, Zürich, die Frage, wann eine gesunde postmenopausale Patientin supplementiert werden soll und wie in der Osteoporosebehandlung ein Denosumab-Rebound verhindert werden kann.
Die 54-jährige Frau, seit einem Jahr postmenopausal, wünschte eine Knochendichtemessung, weil ihre Mutter mit 79 Jahren eine Schenkelhalsfraktur erlitten hatte. Anamnestisch ergaben sich bei der Patientin keine Vorerkrankungen, keine Medikamente, kein Nikotin- oder Alkoholabusus, keine Frakturen und keine Körpergrössenabnahme. Die Patientin ernährte sich ausgewogen, mit Fleisch und Milchprodukten. Die DXA-(Dual-Röntgen-Absorptiometrie-)Messung ergab normale T-Scores an den gemessenen Stellen in Lendenwirbelsäule, Hüfte und Schenkelhals. Sollte diese Patientin eine Supplementierung erhalten? Bevor das geschehe, sollte mittels Kalziumfragebogen eruiert werden, wie viel Kalzium die Patientin mit der Nahrung aufnehme, erklärte die Referentin. Die empfohlene Kalziumaufnahme liegt zwischen 1000 und 1200 mg/Tag. Um das zu erreichen, eignet sich beispielsweise kalziumreiches Mineralwasser. Erreichen die Patienten über die Ernährung jedoch nicht diese Menge, kann Kalzium in einer maximalen Dosierung von 500 mg/Tag supplementiert werden. Eine Supplementierung mit mehr als 1 g/Tag kann allerdings gemäss einer prospektiven Studie das Risiko für kardiovaskulären Tod erhöhen. Das gilt aber nicht für eine Kalziumaufnahme > 1 g/Tag über die Nahrung (1). Eine grosse Metaanalyse fand jedoch kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei gesunden Personen (2). Das Thema bleibt damit kontrovers. Des Weiteren empfiehlt die Referentin, den Vitamin-D-Spiegel zu messen. Weil die Knochendichte in den ersten 2 bis 3 Jahren der Menopause relevant absinken kann, empfiehlt sich eine Wiederholung der DXA nach zwei Jahren. Der Zielwert von 25-OH-Vitamin D liege bei 30–56 µg/l beziehungsweise 75–140 nmol/l, so die Referentin. Bei einem zu tiefen Spiegel sollte gemäss den Empfehlungen der Schweizerischen Vereini-
KURZ & BÜNDIG
� Vor einer Supplementierung einen Kalziumfragebogen ausfüllen lassen und den Vitamin-D-Spiegel messen.
� Die Kombination von Denosumab mit Teriparatid hat einen additiven Effekt.
� Ein Rebound bei Denosumabstopp kann mit anschliessender Bisphosphonattherapie verhindert werden.
gung gegen die Osteoporose mit ≥ 800 IE/Tag supplementiert werden (3). Bei zu hohen Dosen, beispielsweise als hoch dosierte Monats- oder Jahresdosis, gab es in Studien jedoch Hinweise für vermehrte Stürze (4, 5) wie auch für eine gesteigerte Knochenresorption (≥ 4000 IE/Tag) (6).
Denosumab-Rebound antizipieren
Eine 78-jährige Patientin mit bekannter Osteoporose erhielt vor 4 Jahren aufgrund einer Wirbelkörperfraktur eine 3-monatliche Therapie mit Ibandronat 3 mg i.v. Wegen fehlender Besserung der Knochendichte wurde die Therapie auf Denosumab 60 mg s.c. alle 6 Monate umgestellt. Akute thorakolumbale Rückenschmerzen nach der letzten Gabe vor 3 Monaten liessen sie auf der Notfallstation vorstellig werden. Im Magnetresonanztomogramm zeigten sich multiple Wirbelfrakturen in Lenden- und Brustwirbeln. Was ist zu tun? Als weiteres Vorgehen empfiehlt die Referentin die Zugabe von Teriparatid. Ein unmittelbarer Stopp von Densosumab hätte ein Rebound-Phänomen mit Anstieg der Knochenabbauparameter, einen Knochendichteverlust über das Ausgangsniveau hinaus und ein erhöhtes Risiko für multiple Wirbelkörperfrakturen zur Folge (7). Ein direkter Wechsel auf eine osteoanabole Substanz wie Teriparatid würde den Rebound noch verstärken (8), eine Kombination von beiden bringe jedoch einen additiven Effekt (9). Eine Kombination von Densosumab mit einem Bisphosphonat sei dagegen nicht empfohlen, da beide antiresorptiv wirkten, so die Referentin. Bei Patienten mit langjähriger erfolgreicher Denosumabtherapie stellt sich nach 4 bis 6 Jahren die Frage nach dem Therapiestopp. Dabei muss durch eine Anschlusstherapie der Rebound abgefangen werden. Am effizientesten gelinge das gemäss Mollet mit Zoledronat i.v. 5 mg (1-mal/Jahr), die erste Gabe soll dabei 6 Monate nach der letzten Densosumabapplikation verabreicht werden (10). Als Alternative kommt auch Alendronat infrage. Hat der Patient zusätzlich eine Niereninsuffizienz mit einer glomerulären Filtrationsrate von < 30 ml/min, soll entweder Desonumab weiter gegeben oder in Rücksprache mit dem betreuenden Nephrologen im Anschluss an Denosumab Ibandronat 2 mg als Kurzinfusion alle 3 Monate verabreicht werden (11). Beim Stopp von Denosumab ist es gemäss Mollet wichtig, die Knochenmarker (CTX im Serum) zu messen, erstmalig 5 bis 6 Monate nach der letzten Verabreichung, dann alle 2 bis
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3 Monate. Bei einem Anstieg auf Werte oberhalb des prämenopausalen Bereichs trotz Bisphosphonattherapie soll entweder das Bisphosphonat ausgewechselt oder die nächste Bisphosphonatverabreichung vorgezogen werden. Eine Alternative besteht in der Rückkehr zur Densosumabtherapie. Wenn das CTX nach 12 bis 18 Monaten stabil geblieben sei, sei ein Absetzen des Bisphosphonats wahrscheinlich möglich, so die Referentin.
Tabelle:
Evidenzgrade der medikamentösen Osteoporosetherapie
Alendronat (Alendronsäure div., Binosto®, Fosavance®)
Wirbelfraktur
A
Nicht vertebrale Fraktur
A
Hüftfraktur
A
Ein Blick in die nahe Zukunft
In der Behandlung der Osteoporose gibt es seit Langem wie-
der eine neue Substanz. Romosozumab ist ein humanisierter
monoklonaler Antisklerostinantikörper. Dieser fördert den
Knochenaufbau und hemmt den Knochenabbau. In einer Stu-
die zeigte Romosozumab ein tieferes Risiko für neue verte-
brale, nicht vertebrale und klinische Frakturen als Alendro-
nat. Es traten jedoch vermehrt kardiovaskuläre Nebenwir-
kungen (2,5 vs. 1,9%) auf (12). In einer Vergleichsstudie
versus Teriparatid war die Frakturreduktion vergleichbar
(13). In den USA und in der EU ist Romosozumab bereits
zugelassen, in der Schweiz wird das monatlich subkutan zu
applizierende Präparat möglicherweise Ende 2020 postmeno-
pausalen Frauen mit schwerer Osteoporose und hohem Frak-
turrisiko zur Verfügung stehen. Ein potenzieller Rebound
nach Therapieende nach 12 Monaten müsse auch bei dieser
Substanz mit einer anschliessenden Bisphosphonattherapie
abgefangen werden, so Mollet abschliessend.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Osteoporose – ein Update»; FOMF Allgemeine Innere Medizin Zürich, 13. bis 16. Mai 2020.
Ibandronat (Ibandronsäure div.)
Risedronat (Actonel®)
Zoledronat (Aclasta®, Zoledronsäure div.)
Hormonersatztherapie
A
A Spezifisch A
A* A A A
nae A A A
Raloxifen A nae (Evista®)
nae
Teriparatid (Forsteo®)
A
A
nae
Denosumab (Prolia®)
A
A
A
Abkürzungen: nae: nicht adäquat evaluiert *nur in Subgruppen von Patienten (Post-hoc-Analyse) Quelle: modifiziert nach (3)
Referenzen: 1. Xiao Q et al.: Dietary and supplemental calcium intake and cardiovascu-
lar disease mortality: the National Institutes of Health-AARP Diet and Health Study. JAMA Intern Med 2013; 173: 639–646. 2. Chung M et al.: Calcium intake and cardiovascular disease risk: an updated systematic review and meta-analysis. Ann Intern Med 2017; 166: 687. 3. Schweizerische Vereinigung gegen Osteoporose: Empfehlungen 2015. www.svgo.ch. Letzter Zugriff 18.5.2020. 4. Bischoff-Ferrari HA et al.: Monthly high-dose vitamin D treatment for the prevention of functional decline: a randomized clinical trial. JAMA Intern Med 2016; 176: 175–183. 5. Sanders KM et al.: Annual high-dose oral vitamin D and falls and fractures in older women: a randomized controlled trial. JAMA 2010; 303: 1815– 1822. 6. Burt LA et al.: Effect of high-dose vitamin D supplementation on volumetric bone density and bone strength: a randomized clinical trial. JAMA 2019; 322: 736–745. 7. Tsourdi E et al.: Discontinuation of denosumab therapy for osteoporosis: a systematic review and position statement by ECTS. Bone 2017; 105: 11–17. 8. Tsai JN et al.: Effects of teriparatide, denosumab, or both on spine trabecular microarchitecture in DATA-Switch: a randomized controlled trial. J Clin Densitom 2017; 20: 507–512. 9. Leder BZ et al.: Response to therapy with teriparatide, denosumab, or both in postmenopausal women in the DATA (Denosumab and Teriparatide Administration) Study randomized controlled trial. J Clin Densitom 2016; 19: 346–351. 10. Anastasilakis AD et al.: Zoledronate for the prevention of bone loss in women discontinuing denosumab treatment. A prospective 2-year clinical trial. J Bone Miner Res 2019; 34: 2220–2228. 11. Bergner R et al.: Renal safety and pharmacokinetics of ibandronate in multiple myeloma patients with or without impaired renal function. J Clin Pharmacol 2007; 47: 942–950. 12. Saag KG et al.: Romosozumab or alendronate for fracture prevention in women with osteoporosis. N Engl J Med 2017; 377: 1417–1427. 13. Langdahl BL et al.: Romosozumab (sclerostin monoclonal antibody) versus teriparatide in postmenopausal women with osteoporosis transitioning from oral bisphosphonate therapy: a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet 2017; 390: 1585–1594.
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