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GASTROENTEROLOGIE
Therapie der Colitis ulcerosa
Welche Behandlungsoptionen bestehen?
Foto: vh
In der Therapie der Colitis ulcerosa stehen verschiedene Strategien zur Verfügung. Insbesondere für das schwerere Stadium stehen heute diverse Biologika zur Auswahl. Wie die Therapie einzuleiten ist und nach welchen Kriterien eine Biologikatherapie begonnen werden sollte, erklärten Prof. Ailsa Hart, St. Marks Hospital, London (UK), und Prof. Iris Dotan, Rabin Medical Center, Tel Aviv University (Israel), an der UEG-Week in Barcelona.
In der Klassifizierung der Colitis ulcerosa
kommen verschiedene Schemata zur Anwen-
dung. In der Montreal-Klassifikation wird die
Erkrankungsstärke anhand der Anzahl bluti-
ger Stühle pro Tag und von eventuell erhöhten
systemischen Parametern wie Puls, Tempera-
tur, Hämoglobin, Blutsenkungsgeschwindig-
keit definiert. Eine moderate Colitis ulcerosa
tritt mit 4 oder mehr blutigen Stühlen pro Tag
Prof. Ailsa Hart
und ohne oder nur minimal erhöhten Zeichen einer systemischen Toxizität auf. Bei einer
schweren Kolitis mit über 6 blutigen Stühlen
sind auch die systemischen Parameter erhöht (1).
In klinischen Studien kommt gemäss Hart eher der Ma-
yo-Score zur Anwendung. Dieser setzt sich aus vier Kompo-
nenten zusammen: Stuhlfrequenz, Häufigkeit von Blut im
Stuhl, endoskopischer Subscore und Gesamteindruck des
Arztes. Pro Komponente können 0 bis 3 Punkte vergeben
werden. Ein Score zwischen 6 und 12 Punkten bezeichnet eine
mittlere bis schwere Kolitis (2).
In der Behandlung der Colitis ulcerosa gibt es mehrere Op-
tionen. Mesalazin und Kortikosteroide bei leichter bis mittel-
schwerer Colitis ulcerosa, Azathioprin oder Biologika, wenn
MERKSÄTZE
� Bei leichter Colitis kommen Mesalazin und Budesonid MMX zum Einsatz.
� Bei mittelschwerer bis schwerer Colitis ist die Wahl des ersten Biologikums wichtig, eine frühe Responsekontrolle ratsam.
� Vor einem Wechsel auf ein anderes Biologikum ist die Ursache für Responseverlust herauszufinden.
� Nicht alle Symptome sind entzündungsbedingt. � Fatigue, Schmerzen und Defäkationsdrang treten auch bei
Patienten in Remission auf.
die Erkrankung schwerer wird. Unter die Letzteren fallen die TNF-α-Hemmer Infliximab, Adalimumab und Golimumab, der Anti-Integrin-Antikörper Vedolizumab, der Januskinasehemmer Tofacitinib und der IL-12/23-Hemmer Ustekinumab.
Therapie bei leichter Colitis
Die Therapie der leichten bis mittelschweren Colitis ulcerosa besteht aus zwei Phasen: der Induktionstherapie und der Erhaltungstherapie. Um eine möglichst frühe Remission zu erreichen, sei eine Behandlung mit 5-Aminosalicylsäure (5-ASA, syn. Mesalazin) eine gute Option, wie Dotan erklärte. Sie stützt sich bei dieser Empfehlung auch auf einen systematischen Review mit Network-Metaanalyse über 1316 Studien, davon 75 randomisiert kontrollierte, mit gesamthaft 12 215 Patienten in dieser Indikation und den dabei gebräuchlichen Therapeutika. Dabei zeigte sich, dass für die Induktionstherapie eine kombinierte orale und rektale 5-ASA-Therapie sowie eine Therapie mit hoch dosiertem Mesalazin (> 3 g/Tag) die Remission am besten einleiten. Beide Interventionen waren der Standarddosierung von Mesalazin 2 bis 3 g/Tag überlegen. Für die Erhaltungstherapie bringt dagegen die Standarddosis von Mesalazin 2–3 g/Tag ein günstigeres Resultat als die in der Induktionstherapie verwendeten Dosierungen (3). Sollte die Response auf die Therapie mit hoch dosiertem Mesalazin in der Induktionsphase nicht ausreichen, empfiehlt sich gemäss Guideline der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) der Zusatz von Budesonid MMX 9 mg oder systemisch wirksamen Kortikosteroiden wie Prednisolon oder Beclomethason. Die beiden Letzteren müssen aufgrund ihrer systemischen Wirkungsweise jedoch rasch wieder ausgeschlichen werden. Bei einer schweren linksseitigen oder schweren extensiven Colitis muss der Patient hospitalisiert werden (4). Hat die Erkrankung das Stadium einer schweren Colitis ulcerosa erreicht und ist die Erkrankungsaktivität steroidabhängig, sollte der Patient mit einem Thiopurin (z. B. Azathioprin), einem Anti-TNF – vorzugsweise in Kombination mit Inflixi-
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mab – , mit Vedolizumab oder Methotrexat behandelt werden (4).
Remissionsraten von Biologika bei mittelschwerer bis schwerer Colitis
Infliximab zeigte in der ACT-1- und -2-Studie Remissionsraten von etwa 20 Prozent nach 8 und 30 Wochen im Vergleich zu Plazebo (5). Adalimumab erreichte in der ULTRA-2-Studie Remissionsraten von 16,5 Prozent nach 8 Wochen und 17,3 Prozent nach 52 Wochen (6). Unter Vedolizumab kam es in der GEMINI-1-Studie zu einer Remissionsrate von 16,9 Prozent nach 6 Wochen und von 41,8 Prozent nach 52 Wochen, dies bei einem Verabreichungsintervall von 8 Wochen (7). Tofacitinib zeigte in der OCTAVE-Studie nach 8 Wochen Induktion eine Remissionsrate zwischen 16,6 und 18,5 Prozent, in der Erhaltungsphase nach 52 Wochen lagen die Remissionsraten zwischen 34,3 und 40,6 Prozent (8). Die neueste Studie ist die UNIFI-Studie mit Ustekinumab. Mit dieser Substanz erreichten 19 bis 20 Prozent der Patienten eine Remission nach 8-wöchiger Induktion und 38 bis 44 Prozent nach der Erhaltungsphase von 44 Wochen (9).
Kriterien für die Therapiewahl
Bei insgesamt ähnlichen Remissionsraten stellt sich nun die Frage, mit welchem von diesen Biologika man die Therapie beginnen soll. Als Entscheidungshilfe dienen Metaanalysen und Vergleichsstudien. Eine Vergleichsstudie zwischen Adalimumab und Vedolizumab zeigt Remissionsraten nach 52 Wochen von 22,5 beziehungsweise 31,3 Prozent bei signifikantem Unterschied an (10). Eine Metaanalyse über 16 Studien mit Infliximab, Adalimumab, Golimumab, Vedolizumab und Tofacitinib bescheinigt allen Substanzen einen grösseren Nutzen im Vergleich zu Plazebo in Bezug auf Remissionsinduktion und Mukosaheilung bei biologikanaiven Patienten. Unter den Substanzen erreicht Infliximab den grössten Nutzen. Bei Patienten, die zuvor auf TNF-α-Hemmer nicht genügend angesprochen hatten, sind Adalimumab, Vedolizumab und Tofacitinib besser als Plazebo, wobei Tofacitinib am besten abschneidet (11). In dieser Metaanalyse fehle allerdings die jüngste Therapieoption Ustekinumab, schränkt Hart ein. Die UNIFI-Studie wurde erst nach Erscheinen der Metaanalyse publiziert. Welche Faktoren spielen bei der Wahl des Therapeutikums ausserdem noch eine Rolle? Der Applikationsweg, oral, i.v. oder s.c., ist vor allem für die Patienten relevant. Weitere Kriterien sind die Wirkgeschwindigkeit, die potenzielle Antikörperbildung beziehungsweise der Bedarf an Kombinationstherapie wie beispielweise bei Azathioprin sowie die Nebenwirkungen. Komorbiditäten, wie Krebs oder vorgängige Infektionen oder ein hohes Risiko dafür, und allfällige extraintestinale Manifestationen müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Wirkpersistenz, Verfügbarkeit von Einrichtungen für eine Infusion sowie die Kosten beeinflussen die Wahl überdies.
Es stehen heute viele Therapieoptionen zur Verfügung, die ausprobiert, optimiert und ausgewechselt werden können. Dabei solle man jedoch den Blick auf das Patientenwohl nicht verlieren, mahnte Hart. Die Wahl des ersten Biologikums sei wichtig, eine Überprüfung des Ansprechens solle früh erfolgen. Spricht der Patient auf das gewählte Präparat nicht an, ist es für die weitere Wahl wichtig zu wissen, warum die erste Therapie fehlschlug (Intoleranz, Wirkverlust oder Antikörperbildung?). Bei der Wahl des Präparats sollten das NutzenRisiko-Verhältnis, die klinische Beurteilung sowie die Patientenpräferenz wie auch die Kosten einbezogen werden.
Symptomkontrolle: Worauf zu achten ist
Nicht alle Symptome wie Diarrhö, Defäkationsdrang oder
Blutungen sind notwendigerweise entzündungsbedingt. Um
dies beurteilen zu können, ist es ratsam, vor Therapiebeginn
oder -wechsel die Entzündungsparameter zu messen. Es kann
auch andere Gründe für diese Symptome geben. Am besten
folge man einem klaren Abklärungsalgorithmus, um die
Ursache herauszufinden, riet Hart. Des Weiteren bleiben Fa-
tigue, Schmerzen und Defäkationsdrang auch bei Patienten
in Remission ein grosses Thema. Das weitere Vorgehen solle
sich nach dem für den Patienten störendsten Symptom rich-
ten, so Hart abschliessend.
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Valérie Herzog
Quelle: «Positioning of Drugs in inflammatory bowel diseases» und «Outpatient management of moderate to severe ulcerative colitis». United European Gastroenterology Week (UEGW) 2019, 21. bis 23. Oktober in Barcelona.
Referenzen: 1. Satsangi J et al.: The Montreal classification of inflammatory bowel di-
sease: controversies, consensus, and implications. Gut 2006; 55: 749–753. 2. Schroeder et al.: Coated oral 5-aminosalicylic acid therapy for mildly to
moderately active ulcerative colitis. A randomized study. N Engl J Med 1987; 317: 1625–1629. 3. Nguyen NH et al.: Comparative efficacy and tolerability of pharmacological agents for management of mild to moderate ulcerative colitis: a systematic review and network meta-analyses. Lancet Gastroenterol Hepatol 2018: 3: 742–753. 4. Hardbord M et al.: Third european evidence-based consensus on diagnosis and management of ulcerative colitis. Part 2: Current management. J Crohns Colitis 2017; 11: 769–784. 5. Rutgeerts et al.: Infliximab for induction and maintenance therapy for ulcerative colitis. N Engl J Med 2005; 353: 2462–2476. 6. Sandborn WJ et al.: Adalimumab induces and maintains clinical remission in patients with moderate-to-severe ulcerative colitis. Gastroenterology 2012; 142: 257–265. 7. Feagan BG et al.: Vedolizumab as induction and maintenance therapy for ulcerative colitis. N Engl J Med 2013; 369: 699–710. 8. Sandborn WJ et al.: Vedolizumab as induction and maintenance therapy for ulcerative colitis. N Engl J Med 2017; 376: 1723–1736. 9. Sands BE et al.: Ustekinumab as induction and maintenance therapy for ulcerative colitis. N Engl J Med 2019; 381: 1201–1214. 10. Sands BE et al.: Vedolizumab versus adalimumab for moderate-to-severe ulcerative colitis. N Engl J Med 2019; 381: 1215–1226. 11. Singh S et al.: Systematic review with network meta-analysis: first- and second-line pharmacotherapy for moderate-severe ulcerative colitis. Aliment Pharmacol Ther 2018; 47: 162–175.
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