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EDITORIAL NOBELPREISTRÄGER DER PHYSIOLOGIE ODER MEDIZIN
1949: António Egas Moniz (Portugal)
Ein Portugiese, zusammen mit einem Schweizer (s. AM Dossier II/2019)
«… für die Entdeckung des therapeutischen Wertes der präfrontalen Leukotomie bei gewissen Psychosen»
António Egas Moniz (Quelle: https://pt.wikipedia.org)
weiblichen Patienten oft ohne deren Zustimmung durchführte beziehungsweise durchführen liess (er selber litt an schwerer Gicht in den Händen und hatte keine praktische Erfahrung als Chirurg), hatte bei einigen Operierten fatale Folgen, sie büssten ihre Intelligenz ein und wurden zu Pflegefällen. Es gibt aus diesem Grund noch heute Bestrebungen, Moniz den Nobelpreis, den er 1949 zusammen mit dem Schweizer Walter Rudolf Hess (s. AM Dossier II/2019) erhielt, wieder abzuerkennen.
António Caetano de Abreu Freire Egas Moniz wurde 1874 in Avanca, Estarreia, Portugal, geboren. Nach der Jesuitenschule studierte er von 1894 bis 1899 Medizin an der Universität von Coimbra. Er promovierte 1901 und habilitierte sich 1902 mit einer Arbeit über die Physiologie beziehungsweise Pathologie des Sexuallebens.
Von 1911 bis 1944 war Moniz Professor für Neurologie an der Universität Lissabon. Er entwickelte 1928 die Arteriografie der Hirngefässe am lebenden Menschen und war Mitbegründer der Psychochirurgie. 1935 führte er an einem Patienten mit unheilbarem Hirnschaden die erste Lobotomie durch. Durch das umstrittene Verfahren konnten Kranke angeblich von ihren Wahnvorstellungen geheilt werden. Allerdings veränderte sich bei ihnen die Persönlichkeit teilweise irreparabel. Der Eingriff, den Moniz an überwiegend
Privat war Politik das Hobby von Moniz. Er unterstützte die republikanische Regierung, anders als seine Familie, die der Monarchie anhing. Als Student wurde er anlässlich von politischen Demonstrationen gar zweimal inhaftiert. 1900 wurde Moniz ins Parlament gewählt. Er wurde während des Ersten Weltkriegs Botschafter in Spanien und später Aussenminister. In dieser Funktion vertrat er Portugal 1918 an der Friedenskonferenz von Versailles.
1939 wurde Moniz von einem seiner schizophrenen Patienten mehrfach angeschossen und war fortan auf einen Rollstuhl angewiesen. Er praktizierte jedoch weiter bis 1955. In diesem Jahr starb er im Alter von 81 Jahren an einer Hirnblutung auf dem Hof seiner Familie.
Richard Altorfer
ARS MEDICI DOSSIER III | 2019
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