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PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE
Schweres Asthma ist schwierig zu behandeln
Therapie am Phänotyp orientieren
Patienten mit schwerem Asthma haben nicht nur ein erhöhtes Exazerbationsrisiko, sondern leiden vermehrt auch an Depressionen, Ängsten und Schlafstörungen. Neue Wirkstoffe erlauben eine phänotypisch gezielte Therapie.
Schweres Asthma ist mit einem erhöhten Risiko für Exazerbationen und Notfallaufnahmen im Spital verbunden. Darunter leidet auch die Lebensqualität, was sich unter anderem in Einschränkungen der Aktivität bemerkbar macht. Zudem kommt es zu einer erhöhten Prävalenz von Ängsten, Depressionen und Schlafstörungen, erklärte Prof. Daiana Stolz, leitende Ärztin Pneumologie am Universitätsspital Basel.
Kontrolle, Compliance, Komorbiditäten
Rund 5 bis 10 Prozent der Patienten mit schwerem Asthma sprechen auf etablierte Therapien nicht adäquat an, so die Pneumologin. Laut GINA (Global Initiative for Asthma) gilt ein Asthma dann als unkontrolliert, wenn in den letzten vier Wochen drei oder vier der folgenden Episoden aufgetreten sind: mehr als zweimal pro Woche auftretende Asthmasymptome am Tag, Aufwachen des Patienten aufgrund nächtlicher Symptome und der Einsatz eines Relievers mehr als zweimal pro Woche. Bei diesem unkontrollierten Asthma umfasst das weitere Vorgehen mehrere wichtige Schritte: Die Inhalationstechnik des Patienten ist zu überprüfen, die Compliance mit der Medikation, die Diagnose sowie das Vorliegen möglicher Komorbiditäten. Die Behandlung selbst folgt dem bekannten Stufenschema. Neuigkeiten auf dem Gebiet der Therapie sind auf die Feststellung des spezifischen entzündlichen Phänotyps zurückzuführen. «Die derzeit verfügbaren Behandlungsoptionen zielen häufig auf nur einen Teilaspekt der Erkrankung ab, die Wirkungen sind also spezifisch für einen Phänotyp», erklärte die Expertin. Behandlungen seien zudem häufig kostenintensiv und/oder potenziell toxisch, auch daher sei eine gezielte Therapie sinnvoll. Die entzündlichen Phänotypen umfassen den gemischt granulozytären (3%), den neutrophilen (16%) und den paucigranulozytären Phänotyp (40%). Am häufigsten ist allerdings der eosinophile Phänotyp mit 41 Prozent (1). Die Bluteosinophilie gilt als wichtiger Risikofaktor für Exazerbationen, sie erhöht das Risiko auf zwei und mehr Exazerbationen um den Faktor 1,5; Patienten mit einer Eosinophilenzahl von > 300/µl hatten eine 30-prozentige Erhöhung der Rate der schweren Exazerbationen (2, 3). Für die phänotypengezielte Behandlung steht seit Kurzem der Interleukin-5-Rezeptor-Antikörper Benralizumab (Fasenra®) zur Verfügung, berichtete Univ.-Prof. Marco Idzko, Leiter
der Klinischen Abteilung für Pulmologie an der Medizinischen Universität Wien. Basis der Zulassung waren die Ergebnisse von zwei randomisierten, plazebokontrollierten Phase-III-Studien, die 2016 veröffentlicht wurden: SIROCCO (48 Wochen) und CALIMA (56 Wochen) (4, 5). Die insgesamt 2510 Patienten hatten eine Erhaltungstherapie mit einer moderaten bis hohen Dosis ICS plus LABA und im Jahr vor Einschluss in die Studie mindestens zwei dokumentierte Exazerbationen, die eine zusätzliche Behandlung mit systemischen Steroiden erforderlich machte. Nach Randomisierung erhielten die Patienten zu ihrer gewohnten Asthmatherapie zunächst drei Dosen Benralizumab 30 mg (s.c. alle 4 Wochen) oder ein Plazebo. Mit einer Dosierung von 30 mg alle acht Wochen bis zum Studienende konnte eine Reduktion der Exazerbationen um bis zu 51 Prozent und eine Verbesserung der Lungenfunktion von bis zu 160 ml erzielt werden (4).
Signifikante Verbesserung – inklusive Riechen und Schmecken
Die Zugabe von Benralizumab reduzierte zudem die OCS-
Dosis signifikant um 75 Prozent (vs. 25% unter Plazebo);
zwei Drittel der Patienten konnten um ≥ 50 Prozent reduzie-
ren, während rund 50 Prozent ihre OCS komplett absetzen
konnten (6). «Ausserdem reduzierte der Antikörper die Ge-
samtrate der Asthmaexazerbationen um bis zu 70 Prozent
und diejenigen, die zu einer Notfallaufnahme oder Hospitali-
sierung führten, um bis zu 93 Prozent. «Das Nebenwirkungs-
profil ähnelt dem von Plazebo», betonte der Experte. Erste Er-
fahrungen aus der Praxis scheinen die Wirksamkeit zu bestä-
tigen: Idzko stellte den Fall eines Patienten mit seit acht Jahren
«therapieresistentem» Asthma vor, der seit Jahren weder rie-
chen noch schmecken kann. Einige Wochen nach Einleitung
der Therapie mit Benralizumab hatte sich die FEV1 um
770 ml, die Vitalkapazität um 300 ml verbessert. Ausserdem
konnte der Patient wieder riechen und schmecken.
L
Lydia Unger-Hunt
Quelle: «Severe Eosinophilic Asthma: Latest News on Anti-Eosinophilic Therapy». Satellitensymposium von Astra Zeneca im Rahmen der Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SGP), 24./25. Juni 2018, St. Gallen.
Literatur in der Onlineversion des Beitrags unter www.rosenfluh.ch
20 ARS MEDICI DOSSIER II | 2019