Transkript
GASTROENTEROLOGIE/HEPATOLOGIE
Monoklonale Antikörper und Januskinase-Inhibitoren
Neue Resultate bei der Morbus-Crohn-Therapie
An der UEG-Week wurden einige Studien zur Therapie des Morbus Crohn mit den neueren Biologika präsentiert. Januskinase-Hemmer und monoklonale Antikörper standen dabei im Vordergrund. Ein Überblick über die neuesten Resultate.
Morbus Crohn ist eine chronisch inflammatorische Darmerkrankung (CED), die den ganzen Verdauungstrakt oder Teile davon befallen kann. Die Erkrankung tritt bezüglich Lokalisation und Art sehr heterogen auf, Symptome können in Form von Diarrhö, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Rektalblutung, Obstipation, perianalen Fisteln sowie extraintestinalen Erkrankungen auftreten. Diagnoseinstrumente umfassen Bluttests, fäkale Biomarker, die Kolonoskopie, die Histologie und die Bildgebung. Therapeutische Optionen bestünden aus keiner Therapie beziehungsweise «watchful waiting», lokalen oder systemischen Steroiden zur Remissionsinduktion, Thiopurin-Immunmodulatoren (Azathiorin und Mercaptopurin) zur Erhaltungstherapie und Biologika bei aggressiven Krankheitsverläufen und Verläufen mit schlechter Prognose, skizzierte Prof. Mathieu Allez, Hôpital Saint-Louis APHP, Université Diderot, Paris (F), an der UEG-Week den Steckbrief der Erkrankung. Zu den Faktoren, die zu einer schlechten Prognose beitragen, gehören ein Krankheitsbeginn in jungen Jahren, Rauchen, Steroidbedarf bei Diagnosestellung, Dünndarm- und perianale Erkrankungen sowie tiefe und verbreitete Ulzerationen. Bei diesen Patienten kann ein früher Einsatz von Biologika erwogen werden.
Tabelle:
Therapeutische Optionen bei CED
Substanz
Monoklonale Antikörper
Infliximab (Remicade, ®Inflectra®) Adalimumab (Humira®) Golimumab (Simponi®)
Ustekinumab (Stelara®)
Vedolizumab (Entyvio®)
Klasse TNF-α-Hemmer
IL-12/23-Hemmer α4β7-Integrin-Hemmer
«Small Molecules»
Tofacitinib (Xeljanz®) Filgotinib Upadacitinib
JAK-Hemmer
In der Therapie der CED gab es in den letzten Jahren einige Fortschritte und neue Präparate. Das Ziel bleibt dabei immer: anhaltende Remission und ein gutes Sicherheitsprofil. Zu den Biologika sind in jüngster Zeit verschiedene neue Optionen bei den monoklonalen Antikörpern wie auch bei den als «small molecules» bezeichneten JanuskinaseHemmern hinzugekommen (Tabelle). Januskinase-Hemmer blockieren die Signalübertragung der Zytokinrezeptoren, was zytokinvermittelte Entzündungs- und Immunprozesse hemmt. An der UEG-Week wurden dazu neue Studienresultate präsentiert.
Ustekinumab: IL-12/23-Hemmer
Der kürzlich zugelassene monoklonale Antikörper Ustekinumab stellt bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn eine zusätzliche Option dar, wenn konventionelle Therapien oder Behandlungen mit TNF-␣-Hemmern zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. Im IM-UNITI-Studienprogramm wurden Patienten subkutan weiterbehandelt, die auf die 8-wöchige Induktionstherapie mit Ustekinumab angesprochen und daraufhin eine 44-wöchige Erhaltungstherapie mit etwa 6 mg/kg i.v. erhalten hatten. Nach Studienende waren 77,4 Prozent der Teilnehmer in Remission. In der Erhaltungsstudie sind zwei Therapieregimes zugelassen: 90 mg Ustekinumab alle 8 oder alle 12 Wochen. In einer am Kongress von Prof. William Sandborn präsentierten Analyse der IM-UNITI-Studie bezüglich Serumkonzentrationen, Entzündungsrückgang und klinischer Remission nach 24 Wochen wurde deutlich, dass die Höhe der Serumkonzentration von Ustekinumab mit der klinischen Wirkung korreliert, so wie auch die CRP-Spiegel in inverser Form (1). In der Schweiz empfohlen ist die Erhaltungstherapie in einem 12-WochenIntervall (2).
Risankizumab: IL-23-Inhibitor
Der IL-23-Inhibitor Risankizumab ist ebenfalls ein monoklonaler Antikörper, der zurzeit in einer Phase-II-Studie auf seine Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn überprüft wird. Auf eine 12 Wochen dauernde Induktionsphase mit Risankizumab 200 oder 600 mg alle 4 Wochen oder Plazebo folgten je nach Remission 14 weitere Wochen mit Risankizumab
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Foto: vh
GASTROENTEROLOGIE/HEPATOLOGIE
Krankheitsdauer, Lokalisierung am Kolon und TNF-␣-naiven Patienten war der Unterschied zu Plazebo jedoch am grössten. Phase-III-Studien bei Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind derzeit am Laufen, auf die Resultate darf man gespannt sein.
Prof. William Sandborn
600 mg oder eine Auswaschphase bei den Patienten, die nach Woche 12 eine Remission erreichten. Im Fall einer Remission in Woche 26 folgte eine Erhaltungstherapie mit 100 mg alle 8 Wochen bis Woche 52. In Woche 26 hatte die Hälfte der Patienten die klinische Remission erreicht, nach 52 Wochen waren es 71 Prozent. Eine endoskopische Remission erreichten 35,5 Prozent nach 52 Wochen. 29 Prozent der Patienten befanden sich in «tiefer» Remission, das heisst, sie hatten die klinische und die endoskopische Remission erreicht. Risankizumab wurde gut vertragen, es wurden keine Sicherheitssignale während der Erhaltungstherapie beobachtet (3).
Filgotinib: selektiver Januskinase-1-Hemmer
In der 20-wöchigen Phase-II-Studie FITZROY wurden Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn (Crohn’s Disease Activity Index [CDAI] 220-450) mit dem oralen Januskinase-1-Hemmer Filgotinib 200 mg täglich oder Plazebo behandelt. Den Patienten war erlaubt, Steroide, Mesalazin, Antibiotika und Probiotika weiterhin einzunehmen, Immunsuppressiva wurden abgesetzt. Nach 10 Wochen, dem ersten Studienendpunkt, hatten signifikant mehr Patienten als unter Plazebo (47 vs. 23%, p = 0,007) eine klinische Remission erreicht, die als CDAI < 150 definiert war (4), wie Prof. Severine Vermeire, Universitätsspital Leuven, Belgien, berichtete. Die an der UEG-Week von Vermeire präsentierte Post-hoc-Analyse befasste sich mit der Remissionsrate je nach Krankheitsdauer und ursprünglicher Lokalisierung (5). Diese zeigte, dass die Hemmung der Januskinase 1 durch Filgotinib zu einer klinischen Remission unabhängig von Krankheitsdauer und Lokalisierung führt. Bei kürzerer
Upadacitinib
Mit Upadacitinib steht ein weiterer oraler Jak-1-Hemmer in
den Startlöchern. In rheumatologischen Indikationen steht
die Substanz in Phase-III-Studien, bei Patienten mit mittel-
schwerem bis schwerem Morbus Crohn ist Upadacitinib in
der Phase-II-Studie CELESTE untersucht worden. Wirkung
und Sicherheit bei Patienten, die auf Immunmodulatoren und
TNF-␣-Hemmer ungenügend angesprochen haben, stehen
dabei im Mittelpunkt. Einer Induktionstherapie mit Dosie-
rungen zwischen 6 und 24 mg pro Tag oder Plazebo folgte
eine Erhaltungstherapie für 36 Wochen. Als primäre klini-
sche Endpunkte waren die klinische und die endoskopische
Remission nach 16 Wochen definiert. Sekundäre Endpunkte
betrafen das klinische sowie das endoskopische Ansprechen.
Aus den Ergebnissen geht hervor, dass bei einer Induktions-
therapie ab einer Dosierung von 12 mg täglich sich eine
endoskopisch sichtbare Verbesserung sowie ein klinischer
Nutzen einzustellen beginnt. Die Anzahl und die Art der
Nebenwirkungen entsprachen den Erwartungen bei Januski-
nase-Inhibitoren bei dieser Patientenpopulation. Die häufigs-
ten Nebenwirkungen betrafen Infekte (6).
L
Valérie Herzog
Referenzen: 1. Sandborn W: Exposure-response to sc. Ustekinumab in moderate-
severe crohn’s disease: results from the IM-UNITI maintenance study. Präsentiert an der 25. UEG-Week, 29.10. bis 1.11.2017 in Barcelona. United European Gastroenterol J 2017; 5 (Suppl 1): 0P006. 2. Fachinformation Stelara®. Arzneimittelkompendium der Schweiz 2017. www.compendium.ch 3. Feagan B: Efficacy and safety of open-label maintenance therapy with subcutaneous risankizumab in patients with moderateto-severe crohn’s disease. Präsentiert an der 25. UEG-Week, 29.10. bis 1.11.2017 in Barcelona. United European Gastroenterol J 2017; 5 (Suppl 1): 0P008. 4. Vermeire S et al.: Clinical remission in patients with moderate-tosevere Crohn’s disease treated with filgotinib (the FITZROY study): results from a phase 2, double-blind, randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2017; 389: 266–275. 5. Vermeire S et al.: Effect of disease duration and location on clinical remission in crohn’s disease patients. UEG Journal 2017; 5 (Suppl 1). OP005. 6. Sandborn W: Safety and efficacy of Upadacitinib (ABT-494), an oral JAK1 inhibitor, as induction therapy in patients with crohn’s disease: results from CELEST. Präsentiert an der 25. UEG-Week, 29.10. bis 1.11.2017 in Barcelona. United European Gastroenterol J 2017;5 (Suppl 1): 0P007.
Quelle: «Clinical trials in Crohn’s disease». Präsentiert an der 25. UEG-Week, 29.10. bis 1.11.2017 in Barcelona.
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