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Die Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS)
Eine Therapiebeobachtung mit dem Vitex-agnus-castusExtrakt Ze 440
BEATRIX S. FALCH, JOHANNES BITZER UND WOLFGANG POLASEK
In einer offenen Therapiebeobachtung wurden bei 428 Frauen die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Mönchspfefferextraktes Ze 440 zur Behandlung des prämenstruellen Syndroms untersucht. Nach der dreimonatigen Therapie waren die betreuenden Ärztinnen und Ärzte bezüglich der Behandlung der Hauptsymptome, der Verträglichkeit und der Compliance zwischen 85 und 98 Prozent zufrieden. Auch bei den Patientinnen war eine hohe allgemeine Zufriedenheit festzustellen.
Einleitung
Das prämenstruelle Syndrom (PMS) ist eine multifaktorielle Störung, die von psychischen Symptomen wie Aggressivität, Depressionen, Ängstlichkeit und Gereiztheit, von physischen Symptomen wie Ödemen, Brustspannen, Kopfschmerzen, Völlegefühl und Gewichtszunahme sowie von Verhaltensänderungen wie Verlangen nach bestimmten Nahrungsmitteln und verminderter Motivation begleitet wird (1). Insgesamt existieren mehr als 150 Einzelsymptome. Das PMS tritt bei zirka 30 bis 40 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter regelmässig auf, wobei vor allem Frauen ab dem dritten Lebensjahrzehnt davon betroffen sind (2). Weder der sozioökonomische Status, die Rasse oder der Kulturkreis noch die Einnahme eines oralen Kontrazeptivums scheinen nach bisherigem Kenntnisstand einen Einfluss auf die Häufigkeit des PMS zu haben. Jedoch wurde eine familiäre Häufung beobachtet, was auf eine mögliche genetische Komponente hinweist (2). Das PMS tritt definitionsgemäss ausschliesslich nach dem Eisprung auf, also in der zweiten Zyklushälfte – in der so genannten Lutealphase –, und klingt mit Eintreten der Menstruationsblutung wieder ab (3). Als Ursache oder Auslösefaktoren für das PMS werden hormonelle Ungleichgewichte, Mangel an bestimmten Neurotransmittern oder Prostaglandinen, Ernährung und Lebensweise diskutiert (2, 4). Aufgrund der unklaren Ursache des PMS beschränken sich die therapeutischen Massnahmen derzeit fast ausschliesslich auf eine symptomatische Behandlung (1, 4). Der Einsatz von Hormonen, Diuretika und einigen Analgetika ist aber oft inadäquat und unbefriedigend, da diese Medikamente in der Langzeittherapie häufig erfolglos oder
teilweise mit unerwünschten Nebenwirkungen behaftet sind (2). In der Phytotherapie wird der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) traditionell bei prämenstruellen und allgemeinen Zyklusbeschwerden eingesetzt. Erst in den letzten zirka 20 Jahren wurde begonnen, die Wirksamkeit von Extrakten aus Mönchspfefferfrüchten systematisch in Humanstudien zu untersuchen (5–13). Darunter sind auch zwei Studien mit dem Mönchspfefferextrakt Ze 440 (12, 13), wovon die eine als bisher einzige klinische Studie zur Behandlung des PMS mit Vitex agnus-castus – gemäss den GCP-Richtlinien – doppelblind, randomisiert und plazebokontrolliert durchgeführt wurde (13). In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass der Mönchspfefferextrakt Ze 440 in der Behandlung des PMS dem Plazebo signifikant überlegen war. Mönchspfefferfrüchte enthalten unter anderem Iridoide, Diterpene und Flavonoide (14). Es ist aber nicht möglich, für die Wirksamkeit der Extrakte aus Mönchspfefferfrüchten eine einzelne Substanz oder eine Substanzklasse verantwortlich zu machen. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass der Extrakt als Ganzes wirkt und somit das wirksame Prinzip darstellt. In pharmakologischen Untersuchungen haben Extrakte aus Mönchspfefferfrüchten, darunter auch der Extrakt Ze 440, eine dopaminerge Wirkung gezeigt und besitzen damit einen prolaktinhemmenden Effekt (15, 16). Die Hypophysenhormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) werden dabei aber nicht beeinflusst (17). Ausserdem wurde eine Bindung an Opioidrezeptoren (16, 18) sowie eine Beeinflussung der Beta-Endorphin-Konzentration beobachtet (19). Neuroaktive
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Die Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS)
Reizbarkeit/Aggression nervliche Angespanntheit/Unruhe
Weinerlichkeit/Übersensibilität Depression
schmerzempfindliche Brüste Kopfschmerzen Ödemneigung
gastrointestinale Probleme Hautprobleme
erhöhter Appetit/Heisshunger Schlechte Konzentration/Vergesslichkeit
0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0% 90,0% mittlere bis starke Symptomausprägung
Abbildung 1: Häufigkeit der mittel bis stark ausgeprägten Symptome vor Therapiebeginn
Flavonoide in den Mönchspfefferfrüchten scheinen darüber hinaus durch eine Interaktion mit dem GABA-Rezeptorsystem die Verstimmungszustände beim PMS zu beeinflussen (12, 20). Extrakte aus Mönchspfefferfrüchten sind in den bisher durchgeführten Anwendungsbeobachtungen und klinischen Untersuchungen nicht nur in der Behandlung des PMS wirksam, sondern im Vergleich zu den bisherigen Therapiemassnahmen auch deutlich verträglicher (5–13). Die nachfolgend beschriebene, offene, prospektive Anwendungsbeobachtung wurde bei 104 niedergelassenen Schweizer Ärztinnen und Ärzten von Oktober 1999 bis Oktober 2000 durchgeführt und hatte zum Ziel, die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Mönchspfefferextraktes Ze 440 beim prämenstruellen Syndrom unter Praxisbedingungen zu belegen. Ausserdem sollten mit dieser Erhebung Hinweise über die Häufigkeit und Ausprägung von prämenstruellen Beschwerde-
bildern sowie eine mögliche Patientinnentypologie gewonnen und die Compliance der Patientinnen erfasst werden.
Patientinnen und Methodik
Bei 104 niedergelassenen Schweizer Ärztinnen und Ärzten wurden 439 Frauen rekrutiert, die aufgrund der ärztlichen Diagnose an einem PMS litten. Die diagnostischen Kriterien waren dabei: In der zweiten Zyklushälfte auftretende psychische und physische Beschwerden, die zu einer Einschränkung der Lebensqualität führen und mit der Menstruation oder unmittelbar danach wieder verschwinden. Bei den Ärzten handelte es sich um 71 Gynäkologen (68%), 26 Allgemeinpraktiker (25%), 6 Internisten (6%) und 1 Psychiater (1%). Die in die Studie aufgenommenen Frauen waren zwischen 14 und 53 Jahren alt. Über 86 Prozent dieser Frauen waren älter als 25 Jahre, und die 36- bis 45-jährigen
Tabelle: Stärke der Befindlichkeitsstörungen der Patientinnen
Stärke der Befindlichkeitsstörungen
gar nicht mittel stark
emotional/ psychisch
12,8% 44,8% 42,4%
physisch
18,3% 46,2% 35,5%
Verhaltensänderungen
34,0% 46,7% 19,3%
Frauen bildeten die grösste Altersklasse. 214 Frauen stammten aus der deutschen, 217 aus der französischen und 8 aus der italienischen Schweiz. 314 Frauen wurden von Gynäkologen, 102 von Allgemeinpraktikern, 18 von Internisten und 5 vom Psychiater therapiert. Zusammen mit den Ärztinnen und Ärzten füllten die Patientinnen bei einer ersten Visite einen Fragebogen aus, der die Art und Stärke der Befindlichkeitsstörungen sowie der Hauptsymptome, die bisherige Medikation (sofern die Frauen schon früher am PMS gelitten hatten) und die drei die Patientin am meisten belastenden Symptome erfasste. Für die Stärke der einzelnen Symptome wurde zwischen «gar nicht», «mittel» und «stark» unterschieden. Diese Anamneseuntersuchung ergab, dass 77,4 Prozent der Frauen schon früher unter dem PMS gelitten hatten und durchschnittlich seit 6,9 Jahren das PMS haben. Von diesen Frauen wurden 48,2 Prozent medikamentös therapiert. Der grösste Anteil der verwendeten Medikamente (Mehrfachnennungen waren möglich) machten dabei mit 35,5 Prozent die Schmerzmittel aus, gefolgt von östrogenhaltigen Kombinationspräparaten (16%), progesteronhaltigen Präparaten (11%), Vitamin B6 (8%), Psychopharmaka (5%), Mönchspfefferpräparaten (4,5%), nachtkerzenölhaltigen Präparaten (3%) sowie verschiedenen anderen pflanzlichen (4%) und magnesiumhaltigen Präparaten (4%). Bei den übrigen verwendeten Medikamenten (9%) handelte es sich unter anderem um Diuretika, Spasmolytika, Dopaminagonisten, Vitamin E sowie um homöopathische Medikamente. Über 97 Prozent der Patientinnen hatten eine klinisch unauffällige Zykluslänge von weniger als sechs Wochen. Interessanterweise nahmen nur knapp 24 Prozent der Frauen orale Kontrazeptiva ein. Von den 439 rekrutierten Frauen erhielten 428 während eines Zeitraums von drei Monaten das Prüfpräparat. Die Patientinnen nahmen nach der ersten Visite während drei Monaten einmal täglich ein Dragée ein, das 40 mg des standardisierten Mönchspfefferextraktes Ze 440 (Extraktionsmittel: 60% Ethanol m/m, DEV
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Die Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS)
Häufigkeit 70,0% 60,0% 50,0% 40,0%
63.3%
Die Ärztinnen und Ärzte wurden vorgängig über den Studienverlauf und den Umgang mit den Fragebögen instruiert. Die statistische Auswertung der geschlossenen Fragen erfolgte mit SPSS® (Statistical Package for the Social Sciences). Die offenen Fragen wurden mit MS-Excel® als Spreadsheet erfasst.
30,0% 20,0% 10,0%
22.9%
13.8%
0,0%
ja
teilweise
nein
Abbildung 2: Beurteilung durch die Ärztinnen und Ärzte, ob die drei Symptome, unter welchen die Patientinnen am meisten gelitten hatten, therapiert werden konnten.
Häufigkeit 90,0% 80,0% 70,0%
73.9%
80.1%
60,0%
50,0%
40,0%
30,0%
20,0%
10,0%
0,0%
verbessert
Reizbarkeit/Aggression
24.5%
19.2%
unverändert mittlere Beschwerdeausprägung
1.6%
0.7%
verschlechtert
starke Beschwerdeausprägung
Abbildung 3: Wirksamkeit von Ze 440 nach drei Zyklen bezüglich des Symptoms Reizbarkeit/Aggression in Abhängigkeit von der Stärke der Beschwerden vor Therapiebeginn.
3–6:1; standardisiert auf 0,3 mg Casticin) enthielt. Nach einem Zyklus unter der Mönchspfeffertherapie konnte fakultativ eine Zwischeneinschätzung vorgenommen werden, was in 46 Prozent der Fälle auch gemacht wurde. Nach drei Zyklen unter der Mönchspfeffertherapie wurde in einer weiteren Visite mittels eines Fragebogens nach den Veränderungen der prämenstruellen Beschwerden gefragt. Ausserdem
wurde erfasst, ob die Erwartungen der Ärztinnen und Ärzte an das Mönchspfefferpräparat bezüglich Wirksamkeit, Verträglichkeit und Compliance erfüllt wurden und ob die drei Symptome, unter denen die Patientinnen am stärksten gelitten hatten, vollständig, teilweise oder gar nicht therapiert werden konnten. Zusätzlich konnten die Patientinnen aus ihrer Sicht ihre Einschätzung der Mönchspfeffertherapie beschreiben.
Ergebnisse
Bei der ersten Visite gaben die Ärztinnen und Ärzte an, dass 87 Prozent der Patientinnen «mittel» bis «stark» an emotionalen und psychischen Beschwerden im Zusammenhang mit dem PMS leiden, 82 Prozent «mittel» bis «stark» an physischen Beschwerden und 66 Prozent «mittel» bis «stark» an Verhaltensänderungen litten (Tabelle). Bei den psychischen Beschwerden standen in «starker» bis «mittlerer» Ausprägung mit 83 Prozent Reizbarkeit/Aggression im Vordergrund, gefolgt von nervlicher Angespanntheit/ Unruhe (77,5%), Weinerlichkeit/Übersensibilität (70,5%) und Depression (63%). Im physischen Bereich wurden an erster Stelle schmerzempfindliche Brüste (64%) genannt, dann Kopfschmerzen (54,5%), Ödemneigung (48,5%), gastrointestinale Probleme (41%) und Hautprobleme (28,5%). Von den Symptomen im Bereich Verhaltensänderungen waren erhöhter Appetit/Heisshunger und schlechte Konzentration/Vergesslichkeit mit je zirka 44 Prozent «mittel» bis «stark» ausgeprägt (Abbildung 1). Die Ärztinnen und Ärzte führten bei 203 Patientinnen (46%) eine Zwischeneinschätzung des Therapieerfolgs nach einem Zyklus durch. Dabei wurde von den Ärztinnen und Ärzten in 80,7 Prozent der abgegebenen Zwischenberichte das Therapiekonzept als erfolgreich beurteilt (nur Ja- oder Nein-Antworten waren möglich). Die Auswertung ergab, dass bezüglich der Beeinflussung der Hauptsymptome des PMS 85 Prozent, bezüglich der Verträglichkeit des Mönchspfefferpräparates sogar 98 Prozent und bezüglich der Compliance über 94 Prozent der Ärztinnen und Ärzte zufrieden waren. Die Frage, ob die drei Symptome, unter denen die Patientinnen am stärksten gelitten hatten, thera-
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Häufigkeit 90,0%
80,0%
70,0%
81.3% 69.0%
60,0%
50,0%
40,0% 30,0%
30.5%
20,0%
10,0%
0,0%
verbessert
Weinerlichkeit/Übersensibilität
16.7%
unverändert
0.5%
2.1%
verschlechtert
mittlere Beschwerdeausprägung starke Beschwerdeausprägung
Abbildung 4: Wirksamkeit von Ze 440 nach drei Zyklen bezüglich des Symptoms Weinerlichkeit/Übersensibilität in Abhängigkeit von der Stärke der Beschwerden vor Therapiebeginn.
Häufigkeit 90,0%
80,0%
79.8%
70,0% 60,0%
63.9%
50,0%
40,0%
30,0%
20,0%
10,0%
0,0%
verbessert
Schmerzempfindliche Brüste
33.6% 18.6%
2.5%
1.6%
unverändert mittlere Beschwerdeausprägung
verschlechtert starke Beschwerdeausprägung
Abbildung 5: Wirksamkeit von Ze 440 nach drei Zyklen bezüglich des Symptoms schmerzempfindliche Brüste in Abhängigkeit von der Stärke der Beschwerden vor Therapiebeginn.
piert werden konnten, beantworteten 63 Prozent der Ärztinnen und Ärzte mit «Ja», 23 Prozent mit «teilweise» und 14 Prozent mit «Nein» (Abbildung 2). 17,8 Prozent der Frauen spezifizierten dabei, welche prämenstruellen Symptome nicht oder nur teilweise therapierbar waren (Mehrfachnennungen waren möglich). Dabei waren die Symptome aus dem physischen Bereich (vor allem Kopfschmerzen mit 2,8%, Mastodynie mit
2,3% und Ödeme mit 1,9%, jeweils bezogen auf alle 428 Frauen) am häufigsten vertreten, gefolgt von den psychischen (vor allem Depression mit 2,6% und Reizbarkeit mit 1,2%) und den das Verhalten betreffenden Symptomen (vor allem Vergesslichkeit und Appetit zu je 0,9%). Die Auswertung der Bemerkungen und Äusserungen der Patientinnen zur medikamentösen Therapie zeigte ausserdem eine hohe allgemeine Zufriedenheit.
Bezüglich der Hauptsymptome kam es zu folgenden Veränderungen unter der drei Zyklen dauernden Mönchspfeffertherapie: Im psychisch-emotionalen Bereich verbesserte sich eine vorausgegangene starke Reizbarkeit/Aggression bei 80 Prozent der Frauen, und die Reizbarkeit/Aggression mittlerer Ausprägung verbesserte sich bei 74 Prozent der Frauen (Abbildung 3). Ursprünglich als «stark» bezeichnete Depression verbesserte sich bei 76,5 Prozent der Frauen, als «mittel» bewertete Depression bei 71 Prozent. Starke Weinerlichkeit/Übersensibilität verbesserte sich bei 81 Prozent der Frauen, mittlere Weinerlichkeit/Übersensibilität bei 69 Prozent (Abbildung 4). Starke nervliche Angespanntheit/Unruhe verbesserte sich bei 73 Prozent der Frauen, nervliche Angespanntheit/Unruhe mittlerer Ausprägung bei 75 Prozent. Im physischen Bereich verbesserten sich stark schmerzempfindliche Brüste bei 80 Prozent der Frauen, mittlere schmerzempfindliche Brüste bei 64 Prozent (Abbildung 5). Starke Kopfschmerzen verbesserten sich bei 68 Prozent der Frauen und Kopfschmerzen mittlerer Ausprägung bei 57 Prozent (Abbildung 6). Starke Neigung zu Ödemen verbesserte sich bei 70 Prozent der Frauen, eine mittlere Neigung zu Ödemen bei 53 Prozent. Starke gastrointestinale Probleme verbesserten sich bei 59 Prozent der Frauen, mittelstarke gastrointestinale Probleme bei 47 Prozent. Starke Hautprobleme verbesserten sich bei einem Drittel der Frauen, mittlere Hautprobleme bei 42 Prozent. Im Bereich Verhaltensänderungen verbesserte sich eine vorausgegangene stark ausgeprägte schlechte Konzentration/Vergesslichkeit bei 69 Prozent der Frauen, und bei mittlerer Ausprägung trat eine Verbesserung bei 56 Prozent der Frauen auf (Abbildung 7). Bezüglich erhöhtem Appetit/Heisshunger kam es bei ursprünglich starker Ausprägung zu einer Verbesserung bei 62 Prozent der Frauen, bei mittlerer Ausprägung zu einer Verbesserung bei 46,5 Prozent (Abbildung 8). Eine Verschlechterung der einzelnen Sym-
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Die Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS)
Häufigkeit 80,0%
70,0%
68.2%
60,0% 50,0% 40,0% 30,0%
56.8%
40.5% 29.9%
20,0%
10,0%
0,0%
verbessert
Kopfschmerzen
2.7%
1.9%
unverändert
verschlechtert
mittlere Beschwerdeausprägung starke Beschwerdeausprägung
Abbildung 6: Wirksamkeit von Ze 440 nach drei Zyklen bezüglich des Symptoms Kopfschmerzen in Abhängigkeit von der Stärke der Beschwerden vor Therapiebeginn.
Häufigkeit 80,0%
70,0%
68.8%
60,0% 50,0%
56.7%
40,0%
30,0%
20,0%
10,0%
0,0%
verbessert
Schlechte Konzentration/Vergesslichkeit
43.3% 31.2%
unverändert mittlere Beschwerdeausprägung
0% 0% verschlechtert starke Beschwerdeausprägung
Abbildung 7: Wirksamkeit von Ze 440 nach drei Zyklen bezüglich des Symptoms schlechte Konzentration/Vergesslichkeit in Abhängigkeit von der Stärke der Beschwerden vor Therapiebeginn.
ptome wurde unabhängig von der Stärke der Beschwerdeausprägung in nur sehr wenigen Fällen beobachtet. Dabei wurden insgesamt betrachtet in 0 bis 5 Fällen beziehungsweise in 0 bis 6 Prozent der Fälle für ein bestimmtes Symptom mit der jeweiligen vorausgegangenen Symptomausprägung eine Verschlechterung genannt.
Diskussion
Die Altersverteilung der Frauen in dieser Studie, in der die 36- bis 45-Jährigen die grösste Altersklasse bilden, entspricht den epidemiologischen Untersuchungen, in denen festgestellt wurde, dass vor allem Frauen ab dem dritten Lebensjahrzehnt vom PMS betroffen sind (2). Dies spricht
dafür, dass die behandelten Frauen einen relativ repräsentativen Anteil der unter PMS leidenden Gesamtpopulation darstellen. Bei der ersten Visite gaben die Patientinnen an, bezüglich der psychischen Beschwerden vor allem unter Reizbarkeit/ Aggression, nervlicher Angespanntheit/Unruhe, Weinerlichkeit/Übersensibilität und Depression zu leiden. In einer in Zusammenarbeit mit Johannes Bitzer in der Deutschschweiz durchgeführten Umfrage der Zeitschrift «Schweizer Familie» (21) wurde ebenfalls an erster Stelle Reizbarkeit genannt, gefolgt von labiler Stimmungslage, nervlicher Anspannung, Weinerlichkeit und Traurigkeit. Im physischen Bereich wurden in der Therapiebeobachtung schmerzempfindliche Brüste, Kopfschmerzen, Ödemneigung, gastrointestinale Probleme und Hautprobleme als Hauptsymptome aufgeführt. Bei der oben genannten Umfrage wurde an erster Stelle Müdigkeit, dann Gewichtszunahme (nach diesen beiden Symptomen wurde jedoch in der Therapiebeobachtung nicht explizit gefragt), Brustspannen, Kreuzschmerzen, Kopfschmerzen und Hautprobleme genannt. Von den Beschwerden im Bereich Verhaltensänderungen wurden Heisshunger und schlechte Konzentration in beiden Untersuchungen als die häufigsten Symptome angegeben. Bei der «BitzerUmfrage» wurde zusätzlich als stärkste Verhaltensänderung eine geringere Motivation genannt. Abgesehen von einzelnen Symptomen lässt sich beim Vergleich dieser beiden Untersuchungen durchaus erkennen, dass ein ähnliches Häufigkeitsmuster der einzelnen Beschwerden bei den Frauen, die am PMS leiden, zu erkennen ist. Auch hier besteht eine indirekter Hinweis darauf, dass die behandelten Frauen keine besonders selektionierte Gruppe darstellen. Wie die Untersuchungsergebnisse zeigen, konnten nach der dreimonatigen Therapie mit dem Mönchspfefferextrakt Ze 440 aus dem emotional/psychischen Bereich die beiden Symptome starke Weinerlichkeit/Übersensibilität (bei 81%) und starke Reizbarkeit/Aggression (bei 80%) sowie aus dem physischen Beschwerdenkomplex das Symptom starke schmerzemp-
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Die Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS)
Häufigkeit 70,0%
60,0%
62.3%
50,0% 40,0%
46.5%
30,0%
20,0%
10,0%
0,0%
verbessert
Erhöhter Appetit/Heisshunger
50.5% 34.4%
3.0%
3.3%
unverändert mittlere Beschwerdeausprägung
verschlechtert starke Beschwerdeausprägung
Abbildung 8: Wirksamkeit von Ze 440 nach drei Zyklen bezüglich des Symptoms erhöhter Appetit/Heisshunger in Abhängigkeit von der Stärke der Beschwerden vor Therapiebeginn.
findliche Brüste (bei 80%) am häufigsten und am besten gelindert werden. Bei allen anderen Symptomen verbesserte die Mönchspfeffertherapie die stark ausgeprägten Symptome um 62 bis 76,5 Prozent. Nur das Symptom starke Hautprobleme konnte lediglich um 33 Prozent verbessert werden, war aber mit 28,5 Prozent das am wenigsten häufig auftretende Symptom. Dieses Ergebnis zeigt eine breite, sehr gute Wirksamkeit des Mönchspfefferextraktes Ze 440 im emotional/psychischen und physischen Bereich sowie bezüglich der Verhaltensänderungen, wobei diejenigen Symptome aus dem emotional/psychischen Bereich am besten therapierbar waren, über die gleichzeitig vor Therapiebeginn am häufigsten geklagt wurde (Abbildung 1). Auch die äusserst geringe Anzahl an Verschlechterungen (0–6%) der einzelnen Symptome weisen auf eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des Mönchspfefferextraktes Ze 440 hin. Bei etwa zwei Dritteln der Patientinnen konnten die drei individuell am stärksten empfundenen Symptome therapiert werden, und nur bei 14 Prozent gar nicht (Abbildung 2). Dies zeigt einerseits, dass die Patientinnen sehr gut auf die Mönchspfeffertherapie angesprochen haben. Da
sich die drei stärksten Symptome individuell bei den einzelnen Patientinnen unterscheiden, weist andererseits dieses Ergebnis auf ein breites Wirkungsspektrum des Mönchspfefferextraktes Ze 440 hin. Einige Frauen machten auch Aussagen dazu, welche Symptome nicht therapierbar waren. Dabei wurden die einzelnen Symptome aus den drei Bereichen psychisch/emotional, physisch und Verhaltensänderungen in einer Häufigkeit von 0,2 bis 2,8 Prozent (bezogen auf alle 428 Frauen) genannt, was auf eine sehr individuelle Ansprechrate hinweist und indirekt die breite Wirksamkeit des Mönchspfefferextraktes Ze 440 bestätigt. Auffällig war, dass in 84 Prozent der Fälle die Patientinnen ein vor Therapiebeginn als «nicht vorhanden» bezeichnetes Symptom nach Therapieende zwischen 14,3 Prozent und 29 Prozent als verbessert angegeben haben. Wie auch schon die «Bitzer-Umfrage» ergeben hat (21), sehen die Schweizerinnen die prämenstruellen Beschwerden eher als etwas Natürliches an. Es ist deshalb zu vermuten, dass einige Beschwerden von den Frauen erst einmal in keinem Zusammenhang mit ihrem Zyklus gesehen wurden. Erst nach der dreimonatigen Therapie war dann den Patientinnen aufgefallen, dass gewisse Sym-
ptome nicht mehr aufgetreten sind, die sie vorher nicht beachtet hatten. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass die am häufigsten verwendeten Medikamente zur Behandlung des PMS Schmerzmittel sind. Dagegen befinden sich die häufigsten Beschwerden im psychischen Bereich. Dies ist wiederum ein Hinweis darauf, dass die psychischen Beschwerden von den Frauen nur in untergeordnetem Mass als «zyklusabhängig» und «behandlungsbedürftig» wahrgenommen werden. Die Frage, ob Pilleneinnehmerinnen gleich häufig am PMS leiden wie Nicht-Pilleneinnehmerinnen, bleibt derzeit noch ungelöst. In einer repräsentativen Schweizer Umfrage bei 1000 Frauen zwischen 15 und 45 Jahren gaben 31 Prozent an, mit oralen hormonellen Kontrazeptiva zu verhüten (22). Im Vergleich dazu lag der Anteil der Pilleneinnehmerinnen in dieser Therapiebeobachtung bei 24 Prozent, sodass man vermuten könnte, dass das PMS häufiger bei Frauen auftritt, die die Pille nicht einnehmen. Andererseits kann aber aus der Anamneseuntersuchung der Schluss gezogen werden, dass die zur Therapie des PMS eingesetzten Hormonpräparate nicht den gewünschten Erfolg erbracht haben. Sodass man folgern könnte, dass die Einnahme der Pille oder das Wechseln auf ein hormonhaltiges Präparat bei vielen Patientinnen keine langfristige Linderung der prämenstruellen Beschwerden bewirkt. Ausserdem wurde in einer epidemiologischen Untersuchung von Berger (23) mit 67 Pilleneinnehmerinnen und 65 NichtPilleneinnehmerinnen beobachtet, dass die Häufigkeit und Stärke der prämenstruellen Beschwerden sich in diesen beiden Gruppen nicht unterschied. Interessanterweise waren in dieser Untersuchung (23) die Nicht-Pilleneinnehmerinnen häufiger von physischen und weniger von psychischen Symptome betroffen, während bei den Pilleneinnehmerinnen die physischen und psychischen Symptome etwa gleich häufig auftraten. Die Anwendungsbeobachtung entspricht nicht einer randomisierten, prospektiven, plazebokontrollierten Studie und muss deshalb in ihrer Aussagekraft bezüglich
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Die Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS)
Angaben zum im Artikel beschriebenen Extrakt:
Markenname in der Schweiz: PreMens®
Krankenkassenkategorie:
SL
Mittlere Tagestherapie-Kosten: Fr. –.60
(wirtschaftlichste Packung)
SL = Spezialitätenliste C = Komplementärliste/Zusatzversicherung N = Negativliste
der absoluten Wirksamkeit relativiert werden. Trotzdem konnte unter Praxisbedingungen die gute Wirksamkeit und ausgezeichnete Verträglichkeit der Behandlung des PMS mit dem Mönchspfefferextrakt Ze 440 – wie sie bereits in vorangegangenen Studien mit diesem Extrakt belegt wurden (12, 13) – bestätigt werden. q
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Anschrift der Verfasser: Dr. sc. nat. Beatrix Falch
(Korrespondenzadresse) Phytocura
Gladbachstr. 119 8044 Zürich
E-Mail: bfalch@freesurf.ch
Prof. Johannes Bitzer Universitäts-Frauenklinik
Schanzenstrasse 46 4056 Basel
Prof. Wolfgang Polasek Institut für Statistik und Ökonometrie
der Universität Basel Holbeinstrasse 12 4051 Basel
Diese Arbeit wurde finanziell von der Firma Zeller AG, Romanshorn, unterstützt.
ARS MEDICI DOSSIER IXq2004