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STUDIEq ÉTUDE
Atopische Dermatitis: Fluticason verringert Rückfallrate
Eine BMJ-Studie zeigt den Erfolg einer intermittierenden Erhaltungstherapie
BRITISH MEDICAL JOURNAL
Das Auftragen eines hoch-
potenten topischen Steroids
zweimal wöchentlich kann
die Rezidivrate einer atopi-
schen Dermatitis verringern.
Dies zeigt eine im «British
Medical Journal» publizierte
plazebokontrollierte Doppel-
blindstudie mit Fluticason.
Bei Patienten, die an einer mittelschweren oder schweren atopischen Dermatitis leiden, besteht ein hohes Risiko, dass betroffene Hautareale nach Abklingen eines akuten Entzündungsschubs bald wieder von einem Rezidiv heimgesucht werden. Um ein solches Wiederaufflammen der Erkrankung zu verhindern oder zu verzögern, wird heute eine Langzeittherapie empfohlen. Wie eine solche Erhaltungstherapie jedoch praktisch auszusehen hat, darüber gibt es bislang kaum zuverlässige Daten. Manche verordnen im akuten Stadium stark wirksame topische Steroide und wechseln dann bei allmählicher Besserung auf schwächer wirksame, um die Langzeitbehandlung dann mit Hautpflegepräparaten (Emollienzien) fortzusetzen. Andere bevorzugen zur Erhaltungstherapie eine Kombination aus täglicher Basis-
therapie und intermittierender Steroidtherapie. Eine solche Kombinationstherapie ist jetzt in einer multizentrischen europäischen Studie auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft worden. An der Studie nahmen 376 Neurodermitiker im Alter zwischen 12 und 65 Jahren teil. Die ambulanten Patienten wurden bei florierender Erkrankung in die Studie aufgenommen und über vier Wochen mit Fluticason Creme oder Salbe (Cutivate® einoder zweimal täglich) behandelt, um die Erkrankung zur Abheilung zu bringen. Im Anschluss daran folgte eine 16-wöchige Erhaltungstherapie, an der noch 295 Patienten teilnahmen. Es wurden verschiedene Gruppen gebildet: Je nach Gruppeneinteilung erhielten die Patienten zusätzlich zur wirkstofffreien hautpflegenden Basistherapie (inkl. Ölbäder bei Bedarf) entweder Fluticason-Creme oder Fluticason-Salbe zweimal pro Woche. Geprüft wurde diese Therapie jeweils gegen Plazebo.
Fluticason-Therapie verringert Rückfallrate
Nach insgesamt 20-wöchiger Therapie zeigte sich, dass die Erkrankung bei 133 Patienten unter Kontrolle geblieben war; von ihnen hatten 87 die Steroidtherapie erhalten, 46 nur die Basistherapie. Bei 135 Patienten war es zu einem Wiederaufflammen der Hautkrankheit gekommen, 40 dieser Probanden waren mit einem Fluticason-Präparat behandelt worden, 95 nur mit Emolliens. 27 Patienten hatten die Behandlung abgebrochen. Insgesamt ergab sich also ein deutlicher Vorteil zugunsten von Fluticason. Unter dem Emolliens betrug die durchschnittliche Zeit bis zum Rückfall 6 Wochen, unter dem Steroid mehr als 16 Wochen. Interes-
Merk-
sätze
q Bei mittelschwerer und schwerer atopischer Dermatitis wird eine Langzeittherapie auf den rückfallgefährdeten Hautarealen empfohlen. Die verschiedenen praktizierten Vorgehensweisen sind aber schlecht dokumentiert.
q In einer im BMJ publizierten Doppelblindstudie zeigte sich, dass das hoch wirksame topische Steroid Fluticason die Rückfallrate verringert, wenn es zweimal wöchentlich auf abgeheilte Hautareale aufgetragen wird.
santerweise schnitt die Fluticason-Creme besser ab als die entsprechende Salbe. Im Vergleich mit einer reinen Hautpflege war die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls mit der Steroidcreme 5-mal geringer, mit der Fluticason-Salbe hingegen nur zweimal geringer. Hinsichtlich lokaler Nebenwirkungen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Das Steroid wurde insgesamt gut vertragen. Über die 20 Wochen wurde nur 1 sichtbare Hautveränderung in Form von Teleangiektasien registriert. Frühere Studien waren bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass Fluticason nur selten zu einer Hautatrophie führt, schreiben die Autoren, von denen eine Mitarbeiterin der Sponsorfirma GlaxoSmithKline ist. Warum die beiden Fluticason-Präparate unterschiedlich abschnitten, dafür gibt es keine eindeutige Erklärung. Im Allgemei-
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Atopische Dermatitis: Fluticason verringert Rückfallrate
nen wird die hier unterlegene Salbe für die wirksamere Wirkstoffgrundlage gehalten. Möglich sei, dass die FluticasonSalbe nicht so zuverlässig von den Patienten aufgetragen worden ist, spekulieren die Autoren; Patienten würden zumeist die Creme als angenehmer empfinden. Anhand der Patiententagebücher liessen sich entsprechende Complianceprobleme zwar nicht bestätigen, das Tubengewicht war jedoch nicht geprüft worden. Die Autoren sprechen sich aufgrund der Ergebnisse dafür aus, bei Neurodermitikern mit mittlerer bis schwerer Erkrankung Fluticason zweimal wöchentlich auf gefährdete Hautstellen aufzutragen – zusätzlich zur täglichen Hautpflege. Ihrer
Ansicht nach ist dieses Vorgehen unter dem Strich sogar steroidsparend, weil die Rezidivrate sinkt und damit auch der Therapiebedarf. Ausdrücklich weisen sie darauf hin, dass dieses Therapieregime nur auf abgeheilten Stellen Anwendung finden könne. Ob die gewonnenen Erkenntnisse auch auf schwächer wirksame topische Steroide übertragbar sei, müsse erst anhand von Studien nachgewiesen werden, meinen sie. Dass die Ergebnisse auch für andere moderne hoch wirksame topische Steroide gelten dürften, ist anzunehmen. Dazu äussern sich die Autoren aber nicht. Auch diskutieren sie nicht, ob die erhöhte Rückfallrate unter Plazebo beziehungsweise bei alleiniger Hautpflege
möglicherweise auch Ausdruck eines Reboundeffekts auf das Absetzen des Steroids nach der Akutphase sein könnte.
John Berth-Jones et al.: Twice weekly fluticasone propionate added to emollient maintenance treatment to reduce risk of relapse in atopic dermatitis: randomised, double blind, parallel group study. q
Uwe Beise
Interessenlage: Die Studie wurde von GlaxoWellcome (jetzt GlaxoSmithKline) finanziert.