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Appendizitis bei Kindern und Jugendlichen
Besser operieren oder antibiotisch
behandeln?
Bei Kindern und Jugendlichen mit einer unkomplizierten
Blinddarmentzündung ist gemäss einer kürzlich im «Lancet»
publizierten Studie die operative Entfernung des Blind-
darms einer alleinigen Antibiotikatherapie vorzuziehen –
ein Drittel der nur mit Antibiotika Behandelten musste
innerhalb eines Jahres dennoch operiert werden.
Kinder sind besonders anfällig für Blinddarmentzündun-
gen. Die Diagnose ist bei ihnen schwieriger als bei Erwach-
senen, da sie ihre häufig unspezifischen Beschwerden oft
nicht genau beschreiben können. Das kann zu unnötigen
Eingriffen oder im anderen Extremfall zu einem Blinddarm-
durchbruch führen, der wiederum Komplikationen nach
sich ziehen kann. Eine Appendektomie gilt seit über 100
Jahren als Standardtherapie, dennoch wird seit einigen
Jahren diskutiert, ob Antibiotika eine schonendere Alter-
native bieten könnten. Dieser Frage widmete sich eine in-
ternationale, multizentrische, randomisierte Studie, in der
936 Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 16 Jahren mit
unkomplizierter Appendizitis entweder sofort operiert oder
mit Antibiotika behandelt wurden. Die Antibiotikabehand-
lung begann mit einer intravenösen Gabe über mindestens
zwölf Stunden im Spital, gefolgt von einer zehntägigen
oralen Einnahme.
Der primäre Endpunkt war das «Therapieversagen» in-
nerhalb eines Jahres. In der Antibiotikagruppe bedeutete
dies die Notwendigkeit einer Operation, in der operierten
Gruppe die Entfernung eines gesunden Blinddarms. Die
Kinder, die medikamentös behandelt worden waren, konn-
ten früher wieder zur Schule gehen und benötigten weniger
Schmerzmittel. Aber gut ein Drittel der Kinder unter primä-
rer Antibiose musste innerhalb eines Jahres doch noch
operiert werden, während unter den operierten Kindern
nur in 7% ein gesunder Blinddarm entnommen wurde.
Zudem war das Risiko für Nebenwirkungen in der Antibio-
tikagruppe 4,3-mal höher. Schwere Nebenwirkungen oder
Todesfälle traten in keiner Gruppe auf. Eine antibiotische
Behandlung sei für Kinder und Jugendliche mit unkompli-
zierter Appendizitis einer Appendektomie unterlegen, so
das Fazit der Autoren.
DGCH/Mü
Medienmitteilung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie e.V. vom 5.2.2025.
St Peter SD et al.: Appendicectomy versus antibiotics for acute uncomplicated appendicitis in children: an open-label, international, multicentre, randomised, non-inferiority trial. Lancet. 2025;405(10474): 233-240. doi:10.1016/S0140-6736(24)02420-6
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