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Rosenbergstrasse
«Passende Wüste für Fata Morgana gesucht.» (Karl Kraus)
Wer gewinnt: Faust, Geld oder Geist? Spannende Zeiten! Putin hätte gerne Ukraine, Baltikum, Georgien & Co. und vernichtet dafür grad für Hunderte Milliarden Material, Land und Menschen. Trump hätte gerne Grönland, Panamakanal, Kanada und Gaza und wäre bereit, ein paar Hundert Milliarden für Land, Kanal und Menschen zu zahlen. Und Xi Jinping? Hat längst, was er wollte: halb Afrika, weite Teile von Südamerika und Asien, dazu Uran- und andere Minen sowie See- und Flughäfen überall auf der Welt. Man könnte meinen, «De Gschwinder isch de Gschnäller» sei ein altes chinesisches Sprichwort.
Dem Rat «Aufhören, wenn es am schönsten ist!» setzt der Optimist ein mutiges «Nicht aufhören, bevor es am schönsten ist!» entgegen. Richtig oder falsch?
Es war und ist – auch in dieser Kolumne – viel zu viel von üblen Zeitgenossen die Rede, die uns die Freude am Leben vermiesen: von Islamisten, skrupellosen Politikern, gierigen Bankern, Heuchlern, Neidern. Wir sollten mehr von allen andern sprechen: von Frauen, die sich – verrückt, oder? – in Ägypten für gequälte Kamele einsetzen, von freiwilligen Sanitätern im Krieg in der Ukraine, von der Nachbarin, die am Samstagabend fremde Kinder hütet. Oder von «Exoten» wie Brendon Grimshaw, der 1962, knapp 40 Jahre alt und als Zeitungsredaktor tätig, für 8000 Pfund (damals etwa 100’000 Franken) die winzige unbewohnte Insel Moyenne auf den Seychellen kaufte. Ein paar Jahre später zog Grimshaw selbst dorthin und lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2012 auf seinem Eiland. Er pflanzte in dieser Zeit zusammen mit einem Einheimischen 16'000 Bäume, siedelte 100 Riesenschildkröten und Tausende vom Aussterben bedrohte Vögel an und machte so aus Moyenne ein Naturparadies. ‘s Tüpfli auf dem «i» aber: Grimshaw lehnte anfangs der 2000-er Jahre das Angebot eines saudischen Prinzen ab, der ihm schlappe 50 Millionen Dollar für den einzigartigen Garten Eden bot (Ziel: ein Holiday-Resort – oder um bei der griechischen Mythologie anzuknüpfen – ein Elysium für Millionäre). Grimshaws Vision, aus Moyenne einen Nationalpark zu machen, wurde 2008 Realität. Fazit: Es gibt zwar viele, viel zu viele, aber zum Glück nicht nur Idioten auf der Welt. Falls ein positiver Gedanke den Rest des Jahres 2025 begleiten soll – warum nicht dieser?
Manche Politiker machen’s wie der Automechaniker, der seinem Kunden treuherzig versichert: «Ich konnte Ihre Bremsen leider nicht reparieren, also habe ich dafür Ihre Hupe deutlich lauter gemacht.»
Ja, ich wundere mich manchmal auch über die Person im Spiegel. Vor allem morgens. Aber nein, ich bedaure nicht, dass ich immer älter werde; ich habe zu viele gekannt, die es nicht wurden.
Am meisten nerven Leute, die ein Problem – egal, ob ein politisches oder ein alltägliches – sehr genau benennen und erklären können und genau wissen, wie man es NICHT lösen kann. Leute, die ausserdem wissen, was man keinesfalls tun darf, weil das Problem sonst nur schlimmer wird. Leute, die auf die hilflose Frage «Ja, aber … wie soll’s dann weitergehen?» entweder schweigen oder entschieden feststellen: «Jedenfalls nicht so!» Noch schlimmer sind eigentlich nur Leute, die dringend dazu mahnen, endlich miteinander zu reden und das Problem gemeinsam zu lösen, aber Null guten Rat wissen für den Fall, dass einer, der am Problem Mitschuldigen gar nicht reden will.
Üble Erkenntnis: Probleme, die sich nicht mit Geld lösen lassen, muss man … mit noch mehr Geld lösen.
Onkel Hugo, ziemlich stolz: Wir Babyboomer lebten in acht Jahrzehnten, zwei Jahrhunderten und zwei Jahrtausenden. Wir hatten die schönsten Autos, begannen mit Rock’n’Roll und Twist und hatten am Ende die beste Musik. Wir haben Nikita Chruschtschow überstanden, Aids und Corona, waren auf dem Mond, haben «die Pille» erfunden und das Smartphone und werden nach der 68-er Revolution dank KI noch einmal die Welt verändern. Trump und Putin sind ebenfalls Babyboomer? Stimmt, ein bisschen Ausschuss ist immer.
Und das meint Walti: Es ist nicht so schlimm, wenn man dauernd die Namen von Bekannten vergisst. Viele von ihnen wissen ohnehin nicht (mehr), dass sie einen gekannt haben.
Richard Altorfer
58 ars medici 2 | 2025