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STUDIEN
Athleten
Strategien zur Prävention eines Eisenmangels
Eisen spielt eine zentrale Rolle für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Sportlern – vom Sauerstofftransport über die Energieproduktion bis hin zur Immunfunktion. Besonders Ausdauersportler laufen Gefahr, unter einem Eisenmangel zu leiden, verbunden mit negativen Auswirkungen auf Leistungsfähigkeit, Erholung und Infektanfälligkeit. Die Autoren beleuchten Ursachen sowie Optionen zur Prävention respektive eine allfällig erforderliche Therapie.
Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin
Eisen zählt weltweit zu den Nährstoffen, an denen es am häufigsten mangelt. Bei Sportlern, vor allem Ausdauersportlern, ist das Risiko noch einmal höher – bis zu 35% der weiblichen und gut 10% der männlichen Athleten fehlt es an Eisen im Vergleich zu etwa 5% der Allgemeinbevölkerung. Schuld daran sind unter anderem erhöhte Verluste durch Schwitzen, eine Hämaturie oder gastrointestinale Blutungen. Gleichzeitig erhöht die sportliche Aktivität den Bedarf an Sauerstoff. Sportler mit zu wenig Eisen können Leistung einbüssen, sind vermehrt müde, erholen sich schlechter und sind anfälliger für Infekte – welche wiederum die Aufnahme von Eisen im Anschluss an das Training erschweren.
Ausgewogene Ernährung und ausreichende Energiezufuhr Eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Energiezufuhr sind entscheidend. Normalerweise kann der Körper 90%
des Eisens aus dem Abbau alternder Erythrozyten recyceln. Ist dieses Gleichgewicht jedoch gestört, kann die Eisenaufnahme über die Nahrung den Verlust nicht mehr ausgleichen. Zudem variiert die Bioverfügbarkeit von Nahrungseisen aus tierischen und pflanzlichen Quellen. Sportler, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, benötigen möglicherweise eine erhöhte Eisenaufnahme, da pflanzliches Nicht-Häm-Eisen schlechter absorbiert wird. Dessen Aufnahme kann verbessert werden, wenn antioxidanzienreiche Lebensmittel in die Mahlzeit integriert werden. Diese fördern die Umwandlung von oxidiertem Fe3+ in Fe2+, das leichter aufgenommen werden kann. Als Förderer der Eisenaufnahme gelten Antioxidanzien wie Vitamin C und Carotinoide, die in Obst und Gemüse vorkommen. Die Eisenaufnahme hemmende Phytate in Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen sowie Polyphenole, die in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vorkommen können, sollten vermieden werden. Wichtig ist aber
Tabelle: Prävention und Behandlung von Eisenmangel bei Athleten
Risikofaktoren Monitoring und Diagnostik Ernährung und Prävention Medikamentöse Therapie Nahrungsergänzung
• Eisenverlust via Schweiss, Hämaturie, gastrointestinale Blutungen • Modifikationen von Eisenaufnahme und -recycling durch Sport • vegetarische/vegane Ernährung • regelmässige Überwachung (z.B. jährliches Screening vor Saisonbeginn) • Blutuntersuchung mit mindestens: Serumferritin, Hämoglobin, C-reaktives Protein • optional: sTfR (löslicher Transferrinrezeptor) und sTfR-Index • Fokus auf adäquate Eisenaufnahme in der Ernährung (Mengen und Verfügbarkeit) • Verzehr eisenreicher Lebensmittel morgens vor dem Training • Vermeidung von Kaffee und Tee, da sie die Eisenaufnahme hemmen • Zusammenarbeit mit zertifizierten Ernährungsberatern • nur bei medizinischer Indikation und diagnostiziertem Eisenmangel • Dosierung und Timing individuell anpassen, um Verfügbarkeit zu erhöhen und
Nebenwirkungen zu minimieren • keine Empfehlung für Eisenpräparate bei gesunden Personen, insbesondere
Männern und jungen Athleten • maximale Eisensupplementation von 6 mg/Tag, nicht empfohlen für Männer und
postmenopausale Frauen* • Präferenz für eine «Food First»-Strategie – da sicherer hinsichtlich Überdosierung
und Doping-Aspekten
*gemäss Risikobewertung (BfR), Deutschland
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STUDIEN
nicht nur eine ausgewogene Ernährung, sondern auch eine ausreichende Energiezufuhr, um Mikronährstoffmängel zu vermeiden, erinnern die Autoren. Sportler sollten zumindest die für die Allgemeinbevölkerung empfohlenen Werte für die Eisenzufuhr anstreben (11 mg/Tag für Männer und 16 mg/Tag für Frauen vor den Wechseljahren gemäss Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung [DGE]).
Gleichzeitig kann zu viel Eisen giftig sein, und deshalb reguliert der Körper die Eisenaufnahme streng. Zentral dafür ist Hepcidin – sind die Werte durch entzündungsbedingte Reaktionen oder zirkadian bedingt erhöht, kann die Eisenaufnahme erheblich beeinträchtigt sein. Um einen Eisenmangel frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, bedarf es regelmässiger Kontrollen (u.a. von Serumferritin und Hämoglobin).
Medikamentöse Eisensubstitution Kann ein Eisenmangel über die Ernährung nicht ausgeglichen werden, kann eine medikamentöse Eisensubstitution indiziert sein. Die Dosierung und Dauer einer oralen Eisengabe sollten individuell auf Basis von Blutwerten unter ärztlicher Aufsicht festgelegt werden, um eine Überdosierung und Nebenwirkungen zu vermeiden. Aktuelle Studien weisen darauf
hin, dass eine Einnahme jeden zweiten Tag eine effektive
Strategie zur Auffüllung der Eisenspeicher sein kann, so die
Autoren. Dadurch könnten die Eisenaufnahme optimiert, Ma-
genreizungen reduziert und vergleichbare Hämoglobinwerte
wie bei einer täglichen Einnahme erzielt werden. Parenterale
Eisenpräparate bieten eine schnelle und effektive Alternati-
ve, insbesondere bei Absorptionsproblemen. Es kommt dar-
unter nicht zu gastrointestinalen Beschwerden, da der Darm
umgangen wird; allerdings birgt die parenterale Applikation
das Risiko einer Anaphylaxie. Die Auswirkungen auf das Im-
munsystem müssen noch weiter untersucht werden. Bei
Sportlern müssen zudem die diesbezüglichen Anti-Doping-
Bestimmungen berücksichtigt werden. Diese limitieren Infu-
sionen auf maximal 100 ml innerhalb von zwölf Stunden, so-
fern keine «therapeutic use exemption» (TUE) vorliegt. Ohne
eine solche können Eisen(III)-Carboxymaltose oder Ei-
sen(III)-Gluconat in geringeren Mengen oder stationär verab-
reicht werden.
Mü
Quelle: Nolte S et al.: Approaches to prevent iron deficiency in athletes. Dtsch Z Sportmed. 2024;75:195-202. doi:10.5960/dzsm.2024.607
Interessenlage: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
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