Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
Die der Geschäftsdatenbank des Parlaments Curia Vista entnommenen Texte von Vorstössen und Antworten werden teilweise leicht gekürzt und grundsätzlich in unveränderter Schreibweise wiedergegeben. Unterschiede zur üblichen Schreibweise des Verlags können vorkommen.
Postulat vom 15.3.2024
Versorgungsengpässe bei Medikamenten: Es besteht dringender Handlungsbedarf
Philipp Matthias Bregy
Nationalrat, Die Mitte-Fraktion, Kanton Wallis
Der Bundesrat wird beauftragt, darzulegen, wie er zeitnah dem seit Jahren bestehenden und sich verschlechternden Versorgungsproblem bei den Medikamenten zu begegnen gedenkt; dies unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Kompetenzaufteilung Bund/Kantone, internationale Zusammenarbeit, Anreize für Erhalt und Förderung von Forschung, Entwicklung und Produktion in der Schweiz und Public Private Partnerships (PPP) mit Industrie, Vertrieb (Grossisten) und Abgabestellen (Apotheken, Arztpraxen, Tierarztpraxen und Drogerien), Überwachung und Management von Lagerbeständen sowie Reduktion administrativer Hürden.
BEGRÜNDUNG
Die Zahlen sind alarmierend und sprechen eine klare Sprache: Gemäss der glaubwürdigen Plattform www.drugshortage.ch fehlen in der Schweiz seit Jahren hunderte von Medikamenten, aktuell rund 950 Packungen mit über 700 Dosierungen; betroffen sind rund 350 Wirkstoffe. Diese Zahlen sind hoch. Auch die Dauer der Lieferengpässe ist gravierend: über 25 Prozent der Medikamente fehlen mehr als 6 Monate. Das Reporting von BWL und BAG zu Versorgungsstörungen zeigt seit 2021 sogar massive Zunahmen: Von 2021 bis 2022 betrug der Anstieg 47 Prozent (137 auf 201) und von 2022 auf 2023 40 Prozent (201 auf 280). Diese Zahlen sind alarmierend, zumal immer mehr lebensnotwendige Medikamente betroffen sind. Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Versorgungssicherheit unserer Bevölkerung ist gefährdet. Dies auch angesichts der Tatsache, dass Nachbarländer bereits Massnahmen zur Verbesserung ihrer Versorgungssituation ergreifen.
Dennoch handelt der Bundesrat zögerlich bis gar nicht: Massnahmen wie die Einsetzung einer Task Force zeigen kaum Wirkung. Seit Einreichung der Motion «Erhöhung der Versorgungssicherheit bei Medikamenten und Impfstoffen» am 29.4.2020 sind 4 Jahre vergangen, seit Vorlegung des Berichtes «Versorgungsengpässe mit Humanarzneimitteln in der Schweiz: Situationsanalyse und zu prüfende Verbesserungsmassnahmen» des BAG vom 1.2.2022 über 2 Jahre. Ein seither unter Beizug einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeiteter Umsetzungsbericht wird im politischen Prozess Jahre benötigen. Und bereits jetzt ist klar abzusehen, dass damit die zwingend notwendigen Lösungen höchstens teilweise erreicht werden. Eine Analyse der Handlungsoptionen zeigt, dass einige Massnahmen bereits heute ohne grössere Revisionen gestützt auf die aktuelle Gesetzeslage umgesetzt werden könnten.
DIE ANTWORT DES BUNDESRATES VOM 8.5.2024
Die Ursachen der Versorgungsstörungen sind komplex und insbesondere globalen Ursprungs. Sie haben sich über Dekaden entwickelt und betreffen hauptsächlich patentabgelaufene Arzneimittel oder Generika. Den Versorgungsstörungen liegen meist Verwerfungen der globalen Lieferketten zu Grunde. Der Schweizer Markt ist klein, im internationalenVergleich und für global tätige Unternehmen daher oft wenig interessant. Dies akzentuiert die Folgen der globalen Ursachen. Gleichzeitig will die Schweiz das Niveau an Produkt- und Patientensicherheit gewährleisten und für ein bezahlbares Gesundheitssystem sorgen. Der Bundesrat handelt deshalb auf drei Ebenen: Erstens ist die Wirtschaft gemäss geltendem Landesversorgungsgesetz für dieVersorgung der Schweiz verantwortlich. Die Unternehmen kennen ihre Lieferketten und können die Abhängigkeiten beurteilen. Sie stehen in der Verantwortung, die Risiken zu identifizieren und zeitnah
darauf zu reagieren. Im Rahmen des subsidiären Auftrags unterstützt der Bund dieWirtschaft bei der Behebung der Versorgungsstörungen und steht mit ihr im Dialog. Es zeigt sich, dass sich die Unternehmen ihrer Rolle bewusst sind. Als Sofortreaktion wurden bereits Massnahmen zur Stärkung der Resilienz ihrer Lieferketten implementiert. Die Freigabe von Pflichtlagern unterstützt die Wirtschaft dabei, ihren Versorgungsauftrag wahrnehmen zu können. Zweitens wurden als Reaktion auf die vermehrten Versorgungsstörungen im Rahmen der Taskforce Medikamentenengpässe kurzfristige Massnahmen getroffen. Hierzu gehört die Empfehlung der Abgabe von Teilmengen aus Verpackungen von Arzneimitteln, die von Versorgungsstörungen betroffen sind. Diese Massnahme wird weiterhin als wirksam eingestuft. Drittens kann die Schweiz durch mittel- und langfristige Massnahmen die Symptome der globalen Ursachen von Störungen punktuell lin-
dern. Eine wirksame und nachhaltige Ursachenbekämpfung der Versorgungsstörungen hat im internationalen Kontext zu erfolgen, weshalb sich die Schweiz weiterhin international auf institutioneller Ebene mit den relevanten Akteuren austauscht und zusammenarbeitet. Diese Massnahmen werden aktuell mit der Umsetzung des BAG-Berichts Arzneimittelengpässe 2022 untersucht. Im April 2023 hat der Bundesrat in diesem Zusammenhang erste Massnahmen zur Verbesserung des Monitorings und der Analyse wiederkehrender Versorgungsstörungen entschieden. Im Sommer 2024 wird dem Bundesrat im Rahmen einer Aussprache ein Schlussbericht vorgelegt, welcher die Ergebnisse der vertieften Prüfung der Massnahmen aus dem BAG-Bericht Arzneimittelengpässe 2022 zusammenfasst und weitereVerbesserungen vorschlägt. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass mit diesen verschiedenen Massnahmen die Anliegen des Postulats bereits aufgenommen sind.
Antrag: Ablehnung
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ARS MEDICI 14 | 2024