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BERICHT
Bei Patienten mit schwerem Asthma und mangelnder Therapieresponse
Biologika switchen – gewusst wie!
Bei mittelschwerem bis schwerem Asthma sind Biologika ein Segen. Doch nicht immer spricht der Patient auf die Therapie genügend an. Da kann es hilfreich sein, das Biologikum gegen ein anderes auszutauschen. Worauf es dabei ankommt, erklärte PD Dr. Christian Clarenbach, Leitender Arzt Klinik für Pneumologie, Universitätsspital Zürich, am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SSP) in Basel.
Wenn mit der Biologikatherapie nicht die gewünschte Symptomkontrolle eintritt, die Exazerbationshäufigkeit nicht sinkt, keine Reduktion der oralen Kortikosteroidtherapie möglich ist, die Lungenfunktion unter den Erwartungen bleibt oder Nebenwirkungen auftreten, kann ein Wechsel zu einer anderen Biologikatherapie eine Option sein (Tabelle). Direkte Vergleichsstudien zwischen verschiedenen Biologika, die eine Entscheidung erleichtern würden, gebe es dazu nicht, so Clarenbach. Zudem sei das Ansprechen auf ein Biologikum individuell sehr unterschiedlich: von sehr guter bis zu keiner Response sei alles möglich. Deshalb untersuchte eine Real-World-Studie während 2 Jahren die Prävalenz von sehr guter, partieller und gar keiner Response bei Anti-IL-5-Biologika (Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab) bei 114 Patienten mit schwerem Asthma. Zudem interessierten die Häufigkeit und die Gründe für einen Wechsel zwischen den Anti-IL-5-Biologika sowie die Art der residuellen Krankheitsmanifestationen. Die Ergebnisse zeigten für 14 Prozent der Teilnehmer ein sehr gutes Ansprechen, 69 Prozent sprachen partiell an und 11 Prozent gar nicht (2). Die «Super-Responder» hatten dabei eher eine kürzere Asthma-Erkrankungsdauer mit Krankheitsbeginn im Erwachsenenalter, wiesen ein höheres FEV1 auf, hatten keine Nasenpolypen und einen eher tiefen Bodymass-Index. Bei 41 Prozent der Patienten wurde die Therapie innerhalb von Anti-IL-5-Biologika gewechselt. Nach 2 Jahren Therapie waren eine eingeschränkte Lungenfunktion (59%), unkontrollierte sinonasale Erkrankung (58%) und unkontrollierte Asthmasymptome (48%) die häufigsten residuellen Krank-
KURZ & BÜNDIG
� Vor einem Wechsel sollen die Gründe und die Vorgeschichte erfragt werden.
� Bei einem Wechsel von einem Biologikum auf ein anderes ist keine Auswaschphase notwendig.
� Ein Wechsel kann Verbesserungen bringen.
heitsmanifestationen. Die meisten Patienten mit partiellem Ansprechen wünschten aufgrund einer eingeschränkten Lungenfunktion und von unkontrollierter sinonasaler Erkrankung einen Wechsel (2). Nebenwirkungen waren nur selten ein Grund dafür (3%).
Verbesserungen möglich
Ein Wechsel kann demnach sinnvoll sein und zu Krankheitsverbesserungen führen, wie kleinere Untersuchungen und Fallkontrollstudien mit Switch von Mepolizumab zu Benralizumab (3–5) beziehungsweise von Omalizumab zu Mepolizumab (6) oder von Anti-IL-5 und Anti-IgE zu Dupilumab zeigten (7). Bei einem Wechsel von Anti-IL-5 auf Dupilumab, sollte jedoch beachtet werden, dass es zu einem Eosinophilen-Rebound kommen kann, so Clarenbach. Denn während Anti-IL-5-Biologika eine Reduktion der Eosinophilenzahl bewirken, induzieren Anti-IL-4/13-Biologika eine transiente Erhöhung, wie das in den Phase-III-Studien bei 4–14 Prozent der Teilnehmer der Fall war, aber in diesen Studien asymptomatisch blieb (8). Eine vor Kurzem publizierte Netzwerk-Metaanalyse untersuchte die Wirkung des kürzlich zugelassenen Tezepelumab bei eosinophilem Asthma im Vergleich zu Mepolizumab, Benralizumab und Dupilumab. Dazu wurden 10 randomisierte, kontrollierte Studien mit gesamthaft 9201 Patientendaten analysiert. Tezepelumab bewirkte signifikant tiefere Exazerbationsraten als Benralizumab, grössere Verbesserungen der Lungenfunktion als Mepolizumab und Benralizumab sowie Äquivalenz beim ACQ-Score mit Mepolizumab. Dupilumab zeigte die grösste Verbesserung der Lungenfunktion. Damit führen den Studienautoren zufolge Tezepelumab und Dupilumab zu grösseren Verbesserungen hinsichtlich Exazerbationsraten und Lungenfunktion als Benralizumab und Mepolizumab.
Worauf soll bei einem Wechsel geachtet werden?
Bei einem Wechsel gilt es zuerst zu entscheiden, ob einerseits ein Präparat mit demselben oder einem ähnlichen Wirkmechanismus gewählt werden soll oder ob mit einem anderen Wirkmechanismus an anderer Stelle der Entzündungskaskade eingegriffen werden soll. Wichtig sind ausserdem Infor-
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ARS MEDICI 11 | 2024
BERICHT
Tabelle:
Asthma: gegen Th2-Entzündung gerichtete Biologika
Biologikum
Ziel Verabreichung
Dupilumab (Dupixent®) IL-4/13 300 mg s.c. alle 2 Wochen
(Loadingdose 600 mg)
Mepolizumab (Nucala®) IL-5
100 mg s.c. alle 4 Wochen
Reslizumab (Cinqaero®) IL-5
max. 3 mg/kg KG alle 4 Wochen
Benralizumab (Fasenra®) IL-5Rα 30 mg s.c. alle 8 Wochen
Omalizumab (Xolair®) IgE
75–600 mg s.c. alle 4 Wochen,
abhängig von IgE und
Körpergewicht
Tezepelumab (Tezspire®) TSLP 210 mg s.c. alle 4 Wochen
Quellen: mod. nach (1), swissmedic.ch und C. Clarenbach, SSP 2023
mationen über den Zustand vor dem Einsatz des ersten Biologikums. Ob und welcher Wechsel wirklich etwas bringe, könne nicht beantwortet werden, dafür sei die Evidenz zu gering, so Clarenbach. Berichten zufolge könne aber ein Wechsel die Asthmakontrolle verbessern, doch sei der Bias mitunter erheblich. Deshalb solle bei einem Wechselwunsch erst geklärt werden, ob der Patient die Kriterien für das Wunschbiologikum erfüllt. Ist das der Fall, ist für den Switch keine Auswaschphase notwendig, es kann einfach gewechselt werden. Ein Switch
von Omalizumab zu einem anderen Biologikum könne bei-
spielsweise bei Patienten sinnvoll sein, bei denen die Eosino-
philen erhöht sind, so Clarenbach abschliessend.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Severe asthma – what have we achieved?». Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie, 21. bis 23. Juni 2023 in Basel.
Referenzen: 1. Kühn M et al.: TH2-Immunantwort: Bedeutung und therapeutische Be-
einflussung. Swiss Med Forum. 2021: (21)0102:13-17. 2. Eger K et al.: Long-term therapy response to anti-IL-5 biologics in severe
asthma – a real-life evaluation. J Allergy Clin Immunol Pract. 2021;9(3):1194-1200. 3. Kurosawa M et al.: Severe uncontrolled eosinophilic asthma, which responded to benralizumab after failure to respond to mepolizumab. An Allergy Asthma Immunol. 2019;122(4):431-433. 4. Kavanagh JE et al.: Benralizumab after sub-optimal response to mepolizumab in severe eosinophilic asthma. Allergy. 2021;76(6):1890-1893. 5. Caminati M et al.: Benralizumab efficacy in late non-responders to mepolizumab and variables associated with occurrence of switching: a real-world perspective. J Clin Med. 2023;12(5):1836. 6. Chapman KR et al.: The clinical benefit of mepolizumab replacing omalizumab in uncontrolled severe eosinophilic asthma. Allergy. 2019;74(9):1716-1726. 7. Mümmler C et al. Dupilumab Iimproves asthma control and lung function in patients with insufficient outcome during previous antibody therapy. J Allergy Clin Immunol Pract. 2021;9(3):1177-1185.e4. 8. Eger K et al.: Complications of switching from anti-IL-5 or anti-IL-5R to dupilumab in corticosteroid-dependent severe asthma. J Allergy Clin Immunol Pract. 2021;9(7):2913-2915. 9. Nopsopon T et al.: Comparative efficacy of tezepelumab to mepolizumab, benralizumab, and dupilumab in eosinophilic asthma: a Bayesian network meta-analysis. J Allergy Clin Immunol. 2023;151(3):747-755.
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