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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Kardiovaskuläre Erkrankungen
Wie bei Herzinfarkt auch kleinste Gefässe revaskularisiert werden können
Bei einem Herzinfarkt kommt es nach einer Rekanalisierung grosser Arterien mittels eines Stents bei 40 bis 60 Prozent aller Patienten zu sekundären Blockaden in der Durchblutung der kleinsten Herzgefässe (microvascular obstruction, MVO). Dabei kann Herzgewebe absterben, was bei Patienten langfristig zu einer schlechteren Gesundheit führt. Davon sind in der Schweiz rund 200 000 Personen jährlich betroffen. «MVO ist eine unterdiagnostizierte Erkrankung, da sie bei der Akutbehandlung nicht leicht zu erkennen ist und es bisher keine Behandlung dafür gibt», sagt Dominik Obrist vom ARTORG Center for Biomedical Engineering der Universität Bern. Seine Arbeitsgruppe konnte in Zusammenarbeit mit klinischen Partnern sowie einem Medizin-
technik-Startup erstmals eine neue Technik entwickeln, die eine Diagnose und Behandlung von MVO ermöglicht. In einer ersten Studie testeten die Forscher einen neu entwickelten Ballonkatheter in Mikrometergrösse, mit dem MVO durch Aufblasen des Ballons an der Stelle der verstopften Arterie korrekt diagnostiziert werden kann. In einem zweiten Schritt wurde untersucht, wie gerinnselauflösende Medikamente in diese winzigen Verzweigungen eingeflösst werden können. «Wenn eine Arterie verstopft ist, sucht sich das Blut einen anderen Weg und umgeht den verstopften Zweig. Dieses Phänomen macht es sehr schwierig, Medikamente in den verstopften Ast einzuführen, da sie direkt in die gesunden Gefässe daneben ausgewaschen werden», erklärt Yannick Rösch vom
ARTORG Center. «Wir konnten zeigen, dass das Aufblasen des Ballonkatheters, der zugleich Medikamente einflösst, genügend hohe Konzentrationen dieser Medikamente an die blockierten Gefässe liefert. Auf diese Weise können wir die Verstopfung erreichen, und die Medikamentendosierung könnte sogar reduziert werden, da wir keinen Auswascheffekt haben.» «Damit wird es erstmals möglich, gezielt und niedrig dosiert Blutgerinnsel aufzulösen. Jetzt müssen wir alle Teile des Puzzles zusammenfügen, um die MVO-Therapie für Patienten verfügbar zu machen», sagt Anastasia Milusev, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ARTORG Center. Universität Bern/PS s
Medienmitteilug der Universität Bern vom 22. März 2024
ARS MEDICI 8 | 2024
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